Für viele Beobachter überraschend beantragte die Geschäftsführung der Neuen Alno GmbH am 5. Juli für das Vermögen der Neuen Alno und der BBT Bodensee Bauteile GmbH ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das vom zuständigen Amtsgericht Hechingen auch angeordnet wurde. Insolvenz in Eigenverwaltung bedeutet, dass die bisherige Geschäftsführung mit Jochen Braun und Michael Spadinger das Pfullendorfer Unternehmen weiter führt, allerdings wurde dem Duo vom Amtsgericht Dr. Holger Leichtle von der Stuttgarter Kanzlei Görg als Sachwalter zur Seite gestellt und die Gesellschaften werden zusätzlich von Rechtsanwalt Christoph Enkler von der Frankfurter Kanzlei Brinkmann & Partner unterstützt.

Geschäftsführung gibt kein eigenes Statement ab

Auf Anfrage des SÜDKURIER, wie es um das Unternehmen sechs Wochen nach dem Insolvenzantrag bestellt ist, erklärt Geschäftsführer Spadinger: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir im laufenden Prozess keine weiteren Stellungnahmen abgeben.“ Somit bleibt der Fragenkatalog unbeantwortet, unter anderem, ob die Produktion läuft oder wie es um die Lohnzahlungen ab 1. September bestellt ist. Für die Monate Juni, Juli und August hatte die Agentur für Arbeit über die sogenannte Insolvenzgeldvorfinanzierung die Gehaltszahlungen sicher gestellt. Ab kommenden Monat muss das Unternehmen wieder selbst seine Beschäftigten bezahlen.

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Intensive Gespräche mit potentiellen Investoren

Als Antwort auf die SÜDKURIER-Anfrage versichern die Eigenverwaltung und der vorläufige Sachverwalter der Kanzlei Görg in einer gemeinsamen Presseerklärung, dass man den Geschäftsbetrieb stabilisiert habe und es positive Signale im laufenden Investorenprozess gebe. „Insbesondere zeigt die Nachfrage der Kunden, dass die Produkte der Alno eine
Zukunft haben“, heißt es in der Erklärung von Benjamin Kuthning, Referent Public Relations, von der in Köln ansässigen Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Der bereits vor dem Insolvenzantrag eingeleitete Transaktionsprozess werde fortgesetzt und es würden intensive Gespräche mit mehreren potentiellen Investoren geführt. „Die derzeitigen Gespräche verlaufen positiv“, versichern die Sachwalter. „Die Durchführung eines Investorenprozesses ist insolvenzrechtlich geboten und für die Sanierung von Alno ein maßgeblicher Faktor“, so Christoph Enkler. „Es gibt viele positive Signale von Seiten der in dem Transaktionsprozess involvierten Investoren. Alle Beteiligten sind sich ihrer Verantwortung für das Unternehmen, die Mitarbeiter und den Standort in Pfullendorf bewusst“, ergänzt der gerichtlich bestellte Sachwalter Holger Leichtle von der Kanzlei Görg.

Seit April sucht Investor offiziell nach einem Käufer

Schon im April hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass der britische Investor Riverrock auf der Suche nach einem Käufer für die Neue Alno GmbH ist, wobei auch von geplanten Investitionen in IT-Systeme und Fertigung gesprochen wurde. Bei Riverrock hat Jason Carley, der den Standort Pfullendorf besucht hat, mittlerweile das Unternehmen verlassen und ist seit März 2021 als Senior-Partner bei einem britisch-maltesischen Investmentfonds aktiv.

Schuldenfreier Start und nach drei Jahren pleite

Die Frage, was geschieht, wenn kein Käufer gefunden wird und ob es eine „Deadline“ für den Abschluss der Investorengespräche gibt, bleiben gleichfalls unbeantwortet. Von den Sachwaltern gibt es auch keine Antwort nach den Gründen für die Insolvenz, nachdem die Neue Alno GmbH beim Start 2018 schuldenfrei war und vom britischen Investor Riverrock mit ausreichend Kapital ausgestattet war, wie der damalige Geschäftsführer Thomas Kresser mehrfach betont hatte. Gewerkschaftsvertreter Michael Föst, der jahrelang im Aufsichtsrat der ehemaligen Alno AG saß, hatte diesen Vorwurf im SÜDKURIER-Gespräch erhoben. Das müsse man erst mal hinkriegen, binnen drei Jahren wieder so viele Schulden anzuhäufen, dass die Firma erneut pleite sei.

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Küchenmonteur aus Nordrhein-Westfalen erzählt über Zusammenarbeit

Exakt dieselbe Meinung vertritt Hans Klawa, der drei Jahrzehnten europaweit für Alno Küchen montiert hat. „Ich war habe sogar Aufträge in Tokio erledigt“, berichtet der Chef einer Küchenmontage- und Messebaufirma, die im nordrhein-westfälischen Castrop-Rauxel beheimatet ist, im SÜDKURIER-Gespräch von seinen Erlebnissen mit der aktuellen Geschäftsleitung. Demnach hatte er bei einem Auftrag, bei dem er 2020 in Regensburg für Alno 187 Küchen montieren sollte, noch Forderungen von mehr als 170 000 Euro. Das Projekt hatte nach seinen Angaben durch fehlerhafte Materialkosten Mehrkosten verursacht, wobei er sich letztlich mit der Geschäftsführung auf die Zahlung von 20 000 Euro einigte, und auf ein teures Mahnverfahren verzichtete. „Vor zwei Jahren war die Firma schuldenfrei und jetzt hat man sie in den Sand gesetzt“, urteilt der Branchenexperte, der weiterhin für Alno Küchen montieren würde, aber dann nur gegen Vorkasse.