Ein Schreckensbild bot sich Security-Leuten in der Staufer-Kaserne, als sie auf dem Truppenübungsplatz die Schafherde entdeckte, die dort das Gelände abweidet. Seit Jahren beauftragt die Bundeswehr Schafhalter mit der Aufgabe, um naturschonend den Übungsplatz von Bäumen freizuhalten. Auf Anfrage des SÜDKURIER bestätigte das Landratsamt Sigmaringen, dass man von der Kaserne über eine stark vernachlässigte Schafherde mit verletzten und kranken Tieren informiert und gebeten wurde, diese in Augenschein zu nehmen. Eigentlich ist auf dem Truppenübungsplatz die Bundeswehr zuständig, aber da in Pfullendorf keine Tierärzte stationiert sind, wurde der Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherhilfe aufgrund der Dringlichkeit um Amtshilfe gebeten, bestätigt Lisa Bischofberger, Amtstierärztin und stellvertretende Fachbereichsleiterin.
Kranke Tiere werden separiert
Die Amtstierärztin ordnete unter anderem an, dass die Tiere bedarfsgerecht gefüttert werden, dass kranke Tiere separiert, tierärztlich begutachtet und behandelt werden. Vor Ort war ein Schaf in der Nacht verendet, drei weitere mussten aufgrund ihres schlechten Zustandes eingeschläfert werden. „Drei dieser Tiere wurden zur Sektion in das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt – Diagnostikzentrum Aulendorf verbracht, um mehr über ihren Zustand zu erfahren“, ergänzt Bischofberger.
Schafhalter wurde schon angezeigt
Weiterhin wurde die Schafherde durch die Amtstierärztin genau begutachtet und verletzte, kranke und lahme Tiere erfasst. Die Maßnahmen wurden im Namen der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe angeordnet. „Der Schäfer, der in Pfullendorf angetroffen wurde, ist uns seit einigen Jahren bekannt“, erklärt dazu Tobias Kolbeck, Pressesprecher des Landratsamtes. Der Wanderschäfer sei in ganz Baden-Württemberg unterwegs. Im Herbst und Winter sei der Landkreis Sigmaringen sein Ziel. „Hält er sich bei uns im Kreis auf, kontrollieren wir regelmäßig, wie es den Tieren geht. Über zehn Mal haben wir seine Herde bereits kontrolliert, oft waren die Tiere schlecht versorgt“, sagt Kolbeck.
Landratsamt Sigmaringen hat Herde in den vergangenen Jahren zehn Mal kontrolliert
In der Vergangenheit wurden immer wieder erhebliche Mängel in der Tierhaltung festgestellt, Zwangsgelder angedroht, Nachkontrollen durchgeführt und sogar Anzeige erstattet, wobei ein Gericht das Verfahren gegen Zahlung von 600 Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt habe. „Gegen die Anordnungen und gegen die Zwangsgeldfestsetzung hat der Schäfer allerdings Rechtmittel eingelegt“, ergänzt Kolbeck, dass die Schafherde nach Kenntnis des Landratsamtes seit März 2019 nicht mehr auf dem Gebiet des Landkreises Sigmaringen unterwegs war.
Bundeswehr ist über Vorfall informiert
Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärt ein Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, dass dem zuständigen Bundeswehr-Dienstleistungszentrum (BwDLZ) Stetten a.k.M. der Vorfall seit dem 23. August bekannt ist. Bereits in der Nacht auf den 22. August habe der Wachdienst die Polizei informiert, welche das zuständige Veterinäramt in Sigmaringen einschaltete. „Zusätzlich wurde am 24. August durch das BwDLZ Stetten a.k.M. die Überwachungsstelle Öffentliche Aufsicht -V eterinärwesen der Bundeswehr in München informiert“, ergänzt der Bundeswehrsprecher, dass diese eine unverzügliche Inaugenscheinnnahme der Herde auf dem Standortübungsplatz einleitete.
„Tierhalter hat einen gültigen Pachtvertrag“
Der Vorfall werde bundeswehrseitig juristisch dahingehend geprüft, welche Konsequenzen seitens der Bundeswehr aus diesem Vorfall gezogen werden können. „Ferner wird die Möglichkeit eines Hausverbotes geprüft“, gibt der Sprecher zu bedenken, dass man berücksichtigen müsse, dass dem Aussprechen eines Hausverbotes der aktuell noch gültige Pachtvertrag entgegenstehe, der dem Schäfer grundsätzlich ein Besitzrecht an den Flächen einräume.
Juristische Wirkung von Verboten
Hausverbot
Von einem Hausverbot spricht man, wenn jemand einem anderen es ausdrücklich verbietet, sein Haus, seine Wohnung, sein Lokal, seinen Geschäftsraum oder sein Grundstück zu betreten oder darauf zu verweilen. Kurz gesagt: Grundsätzlich darf man auch ohne Grund ein Hausverbot erteilen. Ein Verstoß gegen ein Hausverbot kann den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllen und bei einer juristischen Auseinandersetzung vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Ein Hausverbot darf normalerweise unbegrenzt lange ausgesprochen werden. Zumindest ergibt sich nicht aus dem Gesetz, dass das Hausverbot befristet ausgesprochen werden muss.
Tierhaltungsverbot
Ein strafrechtliches Tierhaltungsverbot nach dem Tierschutzgesetz hat Vorrang vor dem verwaltungsrechtlichen Tierhaltungsverbot und wird durch ein Gericht verhängt. Wird jemand wegen einer nach Paragraf 17 Tierschutzgesetz rechtswidrigen Tat verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht das Halten oder Betreuen von sowie den Handel oder den sonstigen berufsmäßigen Umgang mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren oder für immer verbieten, wenn die Gefahr besteht, dass er weiterhin eine nach Paragraf 17 rechtswidrige Tat begehen wird. Die Information über strafrechtlich verhängte Tierhalteverbote wird bundesweit an alle Veterinärämter weitergeleitet, sodass das Halteverbot auch bei Wegzug der betroffenen Tierhalter in andere Kreise oder Bundesländer geahndet werden kann. (siv)