Der Vorsitzende eines AfD-Ortsverbands im Bodenseekreis ist ein seit Mai 2024 verurteilter Straftäter. Er bedrohte in einer Februarnacht 2022 zwei Bewohner einer Geflüchtetenunterkunft in der Friedrichshafener Paulinenstraße mit einer Schreckschusspistole, beschimpfte sie rassistisch und gab einen Schuss in die Luft ab.

Dennoch konnte sich Philipp R., wie der Mitte 30-Jährige heißt, offenbar für weitere Aufgaben in der AfD empfehlen: Er soll laut Spiegel bereits seit mindestens 2024 als sogenannter Koordinator Sicherheit in der Bundestagsfraktion arbeiten.

AfD will sich zur Personalie und den Taten nicht äußern

Außer im Ortsverband Mitte – dieser umfasst die Gemeinden Friedrichshafen, Immenstaad und Oberteuringen – ist Philipp R. auch Beisitzer im Vorstand des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis.

Ob seine Postion im Bundestag damit zu tun hat, dass R. aus Parteichefin Alice Weidels Wahlkreis stammt, bleibt offen: Ihr Sprecher Daniel Tapp führt „datenschutz- und arbeitsrechtliche Gründe“ an, warum er diese und weitere Fragen des SÜDKURIER nicht beantworten könne; die Fraktion äußert sich laut ihres Sprechers „zum Schutz der Persönlichkeitsrechte grundsätzlich nicht“ über ihre Mitarbeiter. Der AfD-Bodenseekreis antwortete gar nicht, Philipp R. war für eine Stellungnahme ebenfalls nicht erreichbar.

Polizei fand Schlagring, Pfefferspray und Schlagstock

Zuerst berichtete der Spiegel über die Personalie. Dessen Informationen decken sich mit denen des SÜDKURIER, dem das rechtskräftige Urteil des Ravensburger Landgerichts vorliegt: 180 Tagessätze à 50 Euro muss Philipp R. bezahlen. Die Taten neben der Bedrohung: Unerlaubter Besitz verbotener Gegenstände, es handelte sich laut Urteil um einen Schlagring und ein Pfefferspray, sowie vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr.

Konkret suchte Philipp R. im Februar 2022 laut Ermittlungen nach einem Kneipenbesuch alkoholisiert Streit mit den beiden Unterkunftsbewohnern in der Paulinenstraße. Dabei sollen rassistische Äußerungen gefallen sein, deren Wortlaut sich laut Staatsanwaltschaft Ravensburg bei der Verhandlung nicht mehr rekonstruieren ließ.

Zwar hatte ihn ein Begleiter noch beruhigen wollen, dennoch holte Philipp R. seine Schreckschusspistole aus seinem Auto, zielte auf die beiden Personen in der Unterkunft und schoss in die Luft.

Die Polizei versuchte danach erfolglos, den alkoholisierten Philipp R. daran zu hindern, mit seinem Auto wegzufahren. Nachdem die Streife ihn kurz darauf angehalten hatte, fand sie im Auto des Mannes neben dem Schlagring und Pfefferspray auch einen Schlagstock.

Waffenschein entzogen, vom Arbeitgeber gekündigt

Das Landratsamt Friedrichshafen entzog ihm bereits direkt nach der Tat im Februar den kleinen Waffenschein. Seine Waffe zur Tatzeit, eine als Gaspistole umgerüstete Walther-PP, darf er nicht mehr nutzen. Er darf weder eine neue Waffe noch Munition erwerben.

Folgenlos blieben die Taten für den Mann auch beruflich nicht, wie aus dem Urteil hervorgeht: Sein Arbeitgeber hat ihm deshalb Ende 2022 gekündigt, voriges Jahr arbeitete er als Maschinenbediener in Teilzeit.