Beinahe schien es, als ob das Geschehen rund um den zwischen Waldhausen und Döggingen geplanten Windpark zu einem kühlen Lüftchen verkommen sei. Dann kam Nachricht vom Investoren-Konsortium „DGE Wind Baar eins“. Von den ursprünglich geplanten 230 Meter Höhe der Anlagen müsse man auf 250 Meter hochgehen.

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Eine Steigerung von acht Prozent. Diesen Plan lehnte indes der Bräunlinger Gemeinderat ab. Sogar von „Erpressung“ seitens des Konsortiums wurde in der Sitzung gesprochen. Die Rechtsbindung an den Bürgerentscheid von 2018 ist seit dem 8. Oktober bereits abgelaufen – die Stadt hält jedoch weiter an dessen Grundlagen fest.

Frischer Wind

Wieder frischen Wind in die Sache bringen möchten jetzt die Teilnehmer der Gruppierung „Pro Verpachtung“. Sie hatte sich damals vor dem Bürgerentscheid gegründet, um für die Windkraft in Bräunlingen einzutreten und rund um das Thema zu informieren. Die aktuellen Entwicklungen haben nun dafür gesorgt, dass sich die Gruppe wieder getroffen hat: „Wir haben das Gefühl, die Situation ist festgefahren“, erklärt Walter Rau.

„Wir wollen, dass die vorhandenen Spielräume genutzt werden.“
Maren Ott

Diesen Patt wolle man jedoch so nicht stehen lassen, sondern aktiv dafür eintreten, dass hier wieder Bewegung in die Sache kommt. „Wir wollen, dass die vorhandenen Spielräume genutzt werden“, sagt Maren Ott. Mittlerweile sei auch schon einiges an Zeit ins Land gegangen, „die Dinge sind neu zu bewerten.“ Dabei versteht sich die Gruppe als unabhängige Gruppe.

Was bedeutet das?

Die technische Entwicklung sei vorangeschritten, der Klimawandel mache sich weltweit noch wesentlich heftiger bemerkbar, „und mit den Flächenphotovoltaik-Anlagen bei Döggingen hat Bräunlingen ja auch ein Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien gemacht“, so Ott. „Wir sehen das so: Wenn in Bräunlingen geeignete Flächen für Windkraft zur Verfügung stehen, dann ist es unsere gesellschaftliche Pflicht, die auch zu nutzen.“

Was will die Gruppierung jetzt?

Man sieht einen dringenden Handlungsbedarf. In der jetzt festgefahrenen Situation erwartet die Gruppierung sowohl vom Gemeinderat als auch von der Stadt ein klares Bekenntnis zu ihrer Verantwortung für den Klimaschutz und damit für die Energiewende. Von der Investorengruppe erwarte man einen praktikablen Vorschlag zur Bürgerbeteiligung bei diesem Projekt.

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„Wir fordern daher beide Seiten auf, mögliche Kompromisslinien aufzuzeigen“, so die gemeinsame Forderung. Dabei sollte in jeder Phase die Bräunlinger Bevölkerung mit einbezogen werden. Sollte in absehbarer Zeit keine Einigung erzielt werden, solle man über einen Investorenwechsel nachdenken.

Neuer Stand der Technik

Dass keine kleineren Anlagen gebaut werden, davon ist die Gruppierung indes überzeugt: „Auch ein neuer Investor wird auf die Höhe von 250 Metern abzielen. Das ist mittlerweile Stand der Technik“, erklärt Rau. „Natürlich steht die Gewinn-Maximierung immer im Raum. Wir haben uns allerdings an neutraler Stelle darüber informiert“, sagt Ott. Und ja, das Gebiet sei grenzwertig was die Windhöffigkeit betrifft, „aber von Erpressung zu sprechen, das ist deplatziert“, sagt Walter Rau.

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Man wolle den Bürgerentscheid von damals wertschätzen. Eine Mehrheit von rund 55 Prozent hatte für den Bau der Anlagen gestimmt. „Wir waren auch überrascht, dass das Konsortium so auf die Stadt zugegangen ist. Aber sie haben mit offenen Karten gespielt“, sagt Ott.

Ausbau vorantreiben

Gemeinsames Ziel sei klar, den Ausbau von erneuerbaren Energien voranzutreiben. „Das ist auch nicht das Problem, sondern die vielen Nebenkriegsschauplätze“, sagt Hendric Schneider. Gängiges Argument sei in der Diskussion auch, man solle die Windkraftanlagen weiter im Norden bauen. „Dann haben wir die Debatte, wie man den Strom hierher bekommt“, sagt Rau. Zudem sei eine dezentrale Energieversorgung wesentlich besser.

Nur mit Windkraft

Eine Energiewende in Bräunlingen sei nur mit Windkraft machbar, sagt Otto Körner. Er empfindet die Stimmung rund um die aktuellen Entwicklungen „atmosphärisch negativ“. Der Bürgermeister habe bei der Entscheidung zu den Dögginger Photovoltaik-Parks klar gesagt, dass die Stadt erneuerbare Energie unterstütze und sie fördern wolle.

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„Bereits jetzt haben wir in Bräunlingen eine entsprechende Abdeckung von über 50 Prozent, abgesehen von den gewerblichen Nutzern. Und die sind ein großer Batzen. Bräunlingen ist dazu aufgerufen, seinen Beitrag zu leisten. Wenn wir das wollen, dann müssen wir alle Energieformen nutzen“, so Körner weiter.

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Man müsse beim Windpark – und den erneuerbaren Energien generell – den Bürgern deutlich machen, wie ihr Nutzen aussehe, „vielleicht auch über Bürgerbeteiligungen.“ Zudem sei man „nicht von Putins Gnaden oder irgendwelchen Ölscheichs abhängig.“ Aber: „Ohne die Windkraft ist eine Wende in Bräunlingen nicht zu stemmen.“

Klimakrise vor der Haustür

In der Angelegenheit bräuchte es nun einen überparteilichen Konsens, so Michael Brüner. „Man könnte hier sehr schnell umsetzen, es ist ja alles vorhanden.“ Die geeignete Fläche sei vorhanden, „ich sehe sonst keine Hindernisse. Wir müssen das nutzen“, so Maren Ott. Die Klimakrise sei auch quasi direkt vor der Haustür angekommen.

Der Strombedarf steige ständige

Man denke dabei nur an die Fluten in Rheinland-Pfalz: „Die Gewalten, die man im Ahrtal sieht, oder die Feuer in Griechenland, Kalifornien, Australien“, sagte Hendric Schneider, der selbst als Helfer in den Flutgebieten aktiv ist. Außerdem steige der Strombedarf stetig. „Ich gehe davon aus, von der zukünftige Regierung wird es hier auch aus Berlin Rückendeckung geben, wenn das Thema ernst genommen wird“, sagte Körner.

Schnell Öffentlichkeit dazu

Daher müsse eine Bürgerbeteiligung jetzt schnell erfolgen: „Wir wollen jetzt schon, dass die Öffentlichkeit mit dazu kommt“, so Rau. Den Informationsmarkt, der damals vor dem Bürgerentscheid in der Stadthalle stattgefunden habe, habe man sehr begrüßt.

Ende September 2018, wenige Tage vor dem Bürgerentscheid, moderiert Bräunlingens Bürgermeister Micha Bächle (Mitte am runden Tisch) eine ...
Ende September 2018, wenige Tage vor dem Bürgerentscheid, moderiert Bräunlingens Bürgermeister Micha Bächle (Mitte am runden Tisch) eine Informationsveranstaltung über das Thema Windkraft. | Bild: Simon, Guy

„Mit einem Stimmungsbild aus der Bevölkerung haben die Stadträte schließlich auch eine Rückendeckung“, so Schneider. Übergeordnetes Ziel müsse für alle sein, die Windkraft nach Bräunlingen zu holen. „Wir sehen das als Gesamtprojekt. Parteilich sind hier alle Farben am Tisch“, sagte Maren Ott.