Viel Energie und Mühe wurden von vielen Beteiligten in den Bräunlinger Windpark zwischen Döggingen und Waldhausen investiert. Viele Stunden Vertragsverhandlungen, Planungen, Gutachten, Diskussionen – und nicht zuletzt ein Bürgerentscheid zu dem Vorhaben in Bräunlingen. Und dennoch ist das Vorhaben nun vorerst vom Tisch.

Projekt auf Eis

„Das ist alles sehr sehr ärgerlich“, sagt Bräunlingens Bürgermeister Micha Bächle. Wie er mitteilt, habe das Windkraftkonsortium DGE Wind Baar Eins Gmbh, bestehend aus den Projektpartnern DGE, Enercon und Badenova, in einem Schreiben an die Stadtverwaltung mitgeteilt, ihre Planungen für einen Windpark zwischen Waldhausen und den Brandhöfen nicht weiterzuverfolgen.

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Probleme bei der Akzeptanz

Im Bürgerentscheid hatte man gewisse Richtlinien für den Bau der Anlagen formuliert, die als Bedingung für eine Errichtung gelten. Das Konsortium habe laut Stadtverwaltung bereits Anfang Juni die Stadt aufgefordert, die Höhenbeschränkungen durch den Bürgerentscheid zurückzunehmen.

Die Stadträte haben das Thema diskutiert und sich schließlich dazu entschlossen, das Ansinnen auf Vorschlag der Verwaltung abzulehnen. „Das Konsortium hatte jahrelang Zeit. Dann einen Tag nach Ablauf der Bindefrist die Kriterien ändern – das schafft auch Probleme bei der Akzeptanz des Projektes“, so Bächle weiter. Man habe auch deshalb gesagt, dass man zu den Kriterien stehe.

Micha Bächle, Bürgermeister.
Micha Bächle, Bürgermeister. | Bild: Bächle
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An Kriterien festhalten

Der Bürgerentscheid 2018 hatte unter anderem eine Höhenbegrenzung von 230 Metern vorgesehen. Das Konsortium wollte nun, um die Windausbeute zu verbessern, Anlagen mit 250 Metern bauen. Der Gemeinderat hatte im Juli klargemacht, dass man auch nach Ablauf der Bindefrist des Bürgerentscheids bis auf Weiteres an den Kriterien festhalte.

Anderes Konsortium

Zwischenzeitlich gab es seitens der Stadt und des Konsortiums auch Gespräche mit einem anderen Windkraftbetreiber, der aber am Ende aufgrund der schlechten Windhöffigkeit nicht in das Projekt einsteigen wollte. „Das andere Konsortium hat geprüft und dann erklärt, dass sie nicht einsteigen würden“, so der Bürgermeister. Auch bei höherer Nabenhöhe der Anlagen sei die Windhöffigkeit zu schlecht.

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Frage der Verlässlichkeit

Die Windmessungen 2017/2018 ergaben laut Stadt eine Windgeschwindigkeit von 5,2 bis 5,3 Meter pro Sekunde. Erwartet worden war eine Geschwindigkeit von mindestens 5,5 Meter pro Sekunde. Das Konsortium hatte in den vergangenen Jahren die Planungen immer wieder geändert, die Anzahl der Anlagen reduziert und den Rotordurchmesser vergrößert. Bächle wundert sich auch darüber, mit wie wenig Engagement das Konsortium an der Sache war: „Es gab immer wieder Änderungen. Und es geht hier ja auch um eine Verlässlichkeit für den Bürger.“

Verdeutlichung mit dem Hubschrauber bei einer Ortsbegehung 2018: Auf 230 Meter zeigt er an, wie hoch die Spitze des Rotorplattes der ...
Verdeutlichung mit dem Hubschrauber bei einer Ortsbegehung 2018: Auf 230 Meter zeigt er an, wie hoch die Spitze des Rotorplattes der Anlage reichen würde. | Bild: Jakober, Stephanie

Und was sagt das Konsortium zur Lage?

„Wir gehen konservativ an solche Projekte ran“, sagt Bernhard Wieland, einer der Geschäftsführer der DGE Wind Projektentwicklung. Die Gründe für das Nicht-zustande-kommen seien in der fehlenden Windhöffigkeit zu finden: „Wir gingen davon aus, das mit Anlagen vom Hersteller zu machen, die sich mit 230 Metern rechnen“, erklärt Wieland

Bernhard Wieland von der DGE Wind.
Bernhard Wieland von der DGE Wind. | Bild: Roland Sigwart

Nachdem absehbar gewesen sei, dass das nicht gehe, habe man auf 250 Meter erhöhen wollen. „Das wurde dann nicht genehmigt“, so Wieland. Er geht davon aus, dass dennoch an dem Standort irgendwann gebaut wird. Allerdings sagt er: „Kleinere Anlagen sind nicht möglich. Die Entwicklung geht eher zu größeren Türmen und Rotoren.“

„Pro Windkraft“ bedauert Entwicklung

Die Bürgerinitiative „Pro Windkraft“ hat beim Bürgerentscheid auch dem Gemeinderat für seine damalige Entscheidung den Rücken gestärkt. Entsprechend finde man es „äußerst schade, dass diese Möglichkeit, wegen acht Prozent Höhenunterschied zum ursprünglichen Plan, gescheitert ist“, sagt der Sprecher der Initiative, Hendric Schneider.

Hendric Schneider, Sprecher und Gründer der Bürgerinitiative „Pro Windkraft“
Hendric Schneider, Sprecher und Gründer der Bürgerinitiative „Pro Windkraft“ | Bild: Hendric Schneider

„Zumal die Windmessungen der Investoren ergeben haben, dass mit diesen geplanten drei Anlagen bis zu 23 Millionen Kilowatt Strom erzeugt werden könnten.“ Bei einem jährlichen Stromverbrauch von 3500 Kilowattstunden würde das bedeuten, „dass über 6500 Haushalte mit Strom versorgt werden könnten.“

Technik entwickelt sich weiter

Man sei außerdem der Überzeugung, das ein ausgewogener Mix aus verschiedenen Energiequellen, „in Bräunlingen nicht nur eine Chance auf eine Energie-Autarkie besteht, sondern damit auch ein zusätzlicher Wirtschaftsfaktor entsteht, welcher Bräunlingen langfristige Gewerbesteuern generiert“, so Schneider.

Der Stand der Technik entwickle sich immer weiter und somit sei es absehbar, dass durch neue und verbesserte Technologien die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen erhöht „und somit neuere Anlagen erst recht gerechtfertigt werden.“

Appell an den Rat

„Wir appellieren an den Gemeinderat, auch weiter den Markt nach weiteren Investoren zu sondieren, den Ausbau umweltschonender Energiequellen und einem ausgewogenen Mix zu bemühen und neuen, wissenschaftlich gestützten und wirtschaftlich interessanten Möglichkeiten, im Sinne des Umweltschutzes und der nachhaltigen Energiegewinnung, gegenüber offen zu zeigen und gemeinsam mit den Bürgern in Bräunlingen zu forcieren“, so Schneider.

Kritiker sehen sich bestätigt

In seinen Argumenten bestätigt sieht sich Hans-Peter Lützow von der Bürgerinitiative, die damals den Bürgerentscheid initiiert hatte: „Wir haben von Anfang an gesagt, dass hier die Windhöffigkeit fehlt.“ Die Situation sei jetzt so, „das freut mich.“ Das man Energie brauche, sei klar. Aber man solle sich auf andere Techniken der Energieerzeugung forcieren, „aber man will mit aller Gewalt Windenergie.“

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Lützow ist besonders froh über den Bürgerentscheid: „Ohne ihn wäre es jetzt nicht so gewesen und man hätte noch höher gebaut, was auch nicht gereicht hätte.“ Es seien keine 15 Prozent der Anlagen, die den notwendigen Referenzwert auch tatsächlich erreichen. Lützow frage sich, warum man „saubere Atomkraftwerke“ abschalte.

Hans-Peter Lützow, Bürgerbegehren „Keine Verpachtung von Gemeindeflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen“.
Hans-Peter Lützow, Bürgerbegehren „Keine Verpachtung von Gemeindeflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen“. | Bild: Jakober, Stephanie

Flächen weiter da

Was jetzt feststeht: „So wie geplant wird das Projekt nicht kommen“, sagt Bächle. Er geht davon aus, dass es um das Thema nun ruhig wird, es aber wieder kommen wird: „Die Technik entwickelt sich stetig weiter. Es kann sein, dass morgen jemand anruft und sagt: ‚Ich kann das anders bauen‘.“ Die Flächen seien im Flächennutzungsplan weiter für Windkraft vorgesehen.

Erneuerbare Energien

In der Stadt will man nun weiter andere erneuerbare Energien forcieren: „Wir brauchen uns da nicht verstecken“, sagt Bächle. Bei der Solarpotenzial-Analyse und den Photovoltaikparks seien Planer und Konsortium hinterher, dass sich etwas tut.

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