Der Bedarf an Kindergarten-Plätzen steigt in Bräunlingen. Und voraussichtlich wird er das auch noch in den kommenden Jahren. So war gerade das Jahr 2020 ein besonders geburtenreiches Jahr in der Zähringerstadt.

Die steigenden Zahlen werden jedoch zum Problem, wenn es darum geht, den geltenden Rechtsanspruch zu erfüllen, für jedes Kind in der Gemeinde einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen zu müssen. Allerdings bietet sich eine Lösung im Bräunlinger Ortsteil Waldhausen, der auch eine Bereicherung für die Vielfalt der lokalen Kindergarten-Landschaft darstellen würde.

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Nach der Klausurtagung des Gemeinderates seien Andrea Groß und Alexandra Beyrle auf die Stadtverwaltung zugegangen. Und zwar mit der Idee, in Waldhausen einen Bauernhof-Kindergarten zu etablieren. „So viele gibt es davon in Baden-Württemberg noch nicht. Aber wir sehen hier eine realistische Chance, so zusätzliche Plätze generieren zu können“, erklärte Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche.

Mit Idee zur Stadt

Etwa eineinhalb Jahre sei es her, dass Groß und Beyrle mit ihrer Idee bei der Stadtverwaltung vorstellig geworden seien. Die 39-jährige Andrea Groß ist Diplom-Sozialpädagogin aus Bräunlingen, die 31-jährige Alexandra Beyrle kommt aus Waldhausen und ist dort auf dem Waldhauser Hof aufgewachsen. Dort soll der Bauernhof-Kindergarten entstehen. „So etwas hier auf dem Hof zu machen, das war schon immer mein Herzenstraum“, sagte Beyrle. Aber was genau ist das eigentlich, ein Bauernhof-Kindergarten?

Sie sind die Initiatoren des Bräunlinger Bauernhof-Kindergartens: Alexandra Beyrle (links) und Andrea Groß.
Sie sind die Initiatoren des Bräunlinger Bauernhof-Kindergartens: Alexandra Beyrle (links) und Andrea Groß. | Bild: Alexandra Beyrle

„Die Kinder sind dort nicht einfach nur zu Besuch. Sie verbringen zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr regelmäßig Zeit auf dem Hof“, erklärt Groß. Der Kindergarten fließe in den landwirtschaftlichen Betrieb und umgekehrt. „Es ist ein Geben und Nehmen.“ Im Schwarzwald-Baar-Kreis gebe es noch keinen Kindergarten dieser Art, „wir sind hier der Vorreiter“, so Groß.

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Pädagogisches Konzept

„Auf dem Waldhauser Hof haben Kinder ganz viele Möglichkeiten, um sich zu entfalten.“ Er sei schön gelegen, biete viel Raum und es gebe wenig Verkehr. „Es handelt sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb. Es gibt Ackerbau, Rindermast, Hühner und einen großen Bauerngarten, den die Kinder zukünftig mit bewirtschaften sollen“, erklärte Groß. Auch das pädagogische Konzept solle hier nicht zu kurz kommen. „Die Kinder sind viel im Freien. Wir wollen Natur erlebbar machen“, so Beyrle. Dabei soll etwa Nachhaltigkeit lebendig vermittelt werden: „Dazu gehört die Wertschätzung gegenüber den Tieren und Lebensmitteln. Wir wollen etwa zeigen, wie man eine Kartoffel pflanzt und was dann schließlich daraus wird.“ Gelehrt werde eine gesundheitsförderliche Ernährung. „Angedacht haben wir das mit verlängerter Öffnungszeit von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr mit 20 Kindern“, so Groß.

Der Schutzraum

Auf dem Gelände soll es einen rund 90 Quadratmeter großen Schutzraum geben. „Hier wollen wir den Betrieb von der Kita abgrenzen“, sagte Beyrle. So soll es um das Gebäude auch einen Zaun geben, damit die Kindern nicht ohne pädagogisches Personal auf dem Hof unterwegs seien. In dem Bereich befinde sich eine Streuobstwiese, zudem gebe es einen Löschweiher, der ebenfalls umzäunt sei. „Den Raum brauchen wir vor allem, wenn das Wetter es nicht zulässt, dass wir draußen unterwegs sein können“, so Beyrle weiter. Dort solle auch eine kleine Küchenzeile integriert werden.

Auf dem Waldhauser Hof wird es noch einige Umbauten geben. Teile des Geländes werden eingezäunt, es wird einen Schutzraum für die Kinder ...
Auf dem Waldhauser Hof wird es noch einige Umbauten geben. Teile des Geländes werden eingezäunt, es wird einen Schutzraum für die Kinder geben. Er soll genutzt werden, wenn das Wetter einen Aufenthalt im Freien nicht möglich macht. | Bild: Alexandra Beyrle

Noch einiges zu tun

Bis zur Vollendung des Projektes gebe es noch einige Aufgaben zu bewältigen. Die Finanzierung erhoffe sich die Beyrle GbR über Zuschüsse vom Regierungspräsidium Freiburg: „Da sind bis zu 132.000 Euro möglich“, erklärte Beyrle. Den Rest wolle man über Kredite stemmen. Über die Miete, die der zukünftige Träger entrichte, solle schließlich die Rückzahlung getilgt werden. Start der Umbau-Arbeiten soll voraussichtlich im Juli oder August sein.

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Und wer kommt als Träger für die Einrichtung infrage?

Dazu haben sich Groß und Beyrle an die Kita Natura eG gewandt. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige Genossenschaft, die Gründungsberatung und Trägerschaft für Bauernhof-, Wald- und Naturkindergärten anbietet. „Wir wurden 2017 gegründet. Mittlerweile sind wir Träger von 15 Einrichtungen, nächstes Jahr kommen drei weitere dazu“, erklärte Larissa Schweizer von Kita Natura. Man bekomme quasi täglich neue Anfragen: „Wir betreuen die Gründung, stellen die Betriebserlaubnis und übernehmen nachher die Verwaltung.“ Bundesweit gebe es aktuell rund 58 Bauernhof-Kindergärten.

„Tolles Projekt“

„Das ist ein spannendes und tolles Projekt, das uns sehr angesprochen hat“, so Bertsche. Man habe auch schon einen Ortstermin in Waldhausen gehabt, um sich von der Umsetzbarkeit einen genauen Eindruck zu verschaffen. „Sämtliche relevante Behörden waren dabei mit am Tisch.“ In der Kindergarten-Bedarfsumfrage in Bräunlingen habe man das Thema bei den Eltern angesprochen: „76 Eltern haben signalisiert, dass sie an einem solchen Angebot Interesse hätten“, so Bertsche.

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„Das wäre für uns eine Bereicherung und keine Notlösung“, sagt Bürgermeister Micha Bächle. So werde es auch vertragliche Verbindungen zwischen Stadt und Kita Natura geben. Die Verträge sollen dann ähnlich wie jene mit den kirchlichen Trägern gestaltet werden. Das Personal werde nach Tarif inklusive sämtlicher Vergünstigungen bezahlt. Große Freude auch bei Waldhausens Ortsvorsteher Horst Kritzer: „Ich freue mich wahnsinnig, dass wir in Waldhausen solch ein Angebot bekommen. Eine ganz tolle Sache.“

Was sagen die Stadträte?

„Der Bauernhof ist idyllisch gelegen. Wie ist das zu den Stichzeiten gedacht? Man sollte sich Gedanken machen, wenn zum Abholen auf dem Weg plötzlich 20 Autos unterwegs sind“, so SPD-Fraktionssprecher Clemens Fahl. „Der Weg ist nicht breit, aber es ist machbar“, erklärte Andrea Groß.

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CDU-Stadtrat Rolf Schütz sprach davon, den Initiatoren die notwendige Sicherheit zu bieten: „Es ist ein tolles Konzept und schön, dass wir in Bräunlingen sowas machen“, so Schütz. Man solle dabei jedoch auch vermeiden, dass die auf die Stadt zukommenden Kosten in Relation zu jenen der anderen Kitas nicht zu hoch seien. Das Personal sei hier ein etwas größerer Batzen, „es ist eine bisschen andere Konstellation und wird ein wenig abweichen von jener bei den kirchlichen Trägern“, erklärte Bertsche. Etwa seien durch einen anderen Personalschlüssel hier auch die Gebühren anders.

„Interessantes Konzept“

„Das Konzept ist interessant und wir müssen dem Träger jetzt signalisieren, dass wir Interesse haben“, so Berthold Geyer, Fraktionssprecher der Gruppe 84. Es sei sinnvoll, dass der Träger nachher in das Kuratorium in der Stadt mit eingebunden werde. „Es ist ein interessantes Projekt und nicht nur eine Bereicherung für die Kinder“, sagte FDP-Stadträtin Lisa Fritschi. „Auch für die Stadt ist es ein Vorzeigeprojekt und für alle eine sehr gute Sache.“

„Ein super Konzept“, sagte CDU-Fraktionssprecher Michael Gut. „Wir müssen aber die Sicherheit haben, dass in der Beteiligung der Stadt das gewohnte Bild vorherrscht. Wir wollen keine Überraschung erleben“, so Gut. Die Beteiligung müsse in dieser Dimension bleiben.