Renate Volk ist 83 Jahre alt. Mit dem Ukraine-Krieg holen sie die Erinnerungen an die eigene Vergangenheit ein. Die Bräunlingerin geht viel Spazieren, nachdem sie kürzlich operiert wurde. Dabei kommt sie immer auch an einer Tankstelle vorbei. Plötzlich stehen da Preise auf der Anzeigetafel, die noch vor kurzer Zeit unvorstellbar gewesen wären.

„Reinster Wahnsinn. Jetzt sind es über zwei Euro.“
Renate Volk

Da fällt ihr etwas ein. Daheim blättert sie in einem alten Fotoalbum. Und da ist es: ein Foto von 1990. Es zeigt die Anzeigetafel der Tankstelle, in der sie 36 Jahre lang gearbeitet hat.

Die Spritpreise von 1990 – die Aufnahme entstand während eines Hochwassers in Bräunlingen – waren noch in Mark zu zahlen. ...
Die Spritpreise von 1990 – die Aufnahme entstand während eines Hochwassers in Bräunlingen – waren noch in Mark zu zahlen. Heute ist tanken viermal so teuer. | Bild: Dagobert Maier

Den Esso-Sprit bekamen die Kunden in der Hüfinger Straße damals zu Literpreisen, die junge Menschen von heute nicht mal als Eurowerte kennen. Zu der Zeit, als das Foto entstanden ist, wurde in Deutschland allerdings in Mark und Pfennig bezahlt.

Traumhafte Preise unter der Lupe

Renate Volk holt sich eine Lupe, um die kleinen Preise – welch Ironie – entziffern zu können. „100,9 Diesel, 108,9 Benzin, 113,9 Super bleifrei, 123,9 Super“, liest sie vor. Wie gesagt, gemeint sind Pfennige und keine Cent. Festgehalten für die Ewigkeit.

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„Heute ändern sich die Preise ja jede Stunde“, sagt die ehemalige Tankstellenmitarbeiterin. Sicherlich haben die Kunden auch 1990 schon über die hohen Betriebskosten für ihr Fahrzeug gestöhnt. Was sie vor 32 Jahren nicht ahnen konnten: Lässt man die Inflation außer Acht, kosten die Treibstoffe an der Zapfsäule heute fast viermal so viel.

Eine Tankstellenanzeige in Bräunlingen im März 2022: Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise in die Höhe schnellen.
Eine Tankstellenanzeige in Bräunlingen im März 2022: Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise in die Höhe schnellen. | Bild: Dagobert Maier

Dabei war, als die Anzeigetafel fotografiert wurde, die Welt in Bräunlingen alles andere als in Ordnung. Damals war nämlich Hochwasser, so erinnert sich Renate Volk. Aber heute ist Krieg und die weltweiten Rohstoffmärkte spielen verrückt.

Die Kriegserlebnisse sind wieder zurück

Mit dem Überfall Putins auf die Ukraine kommt auch eine zweite Erinnerung in der 83-Jährigen hoch. Als Kind lebte Renate Volk nämlich in Leipzig. Die verheerenden Luftangriffe auf die Stadt erlebte sie hautnah mit. Wenn sie mitverfolgt, was sich heute abspielt – nur wenige hundert Kilometer östlich von Bräunlingen -, dann sorgt sie sich, dass es noch schlimmer wird mit dem Krieg.

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„Ich habe Angst, da kommt noch was“, sagt Renate Volk. Das Problem mit den hohen Spritpreisen wirkt dagegen fast schon vernachlässigbar.