Döggingen Rund 400 Teilnehmer haben am Samstag vor dem Dögginger Rathaus gegen die Verzögerungen beim geplanten Bau der zweiten Gauchachtalbrücke protestiert. Viele Plakate mit Aufschriften zeigten die Wut und Enttäuschung. Während des Protestes wälzte sich eine bis fast nach Hüfingen reichende Blechkarawane durch den Ort, da der Tunnel gesperrt war. Es war kaum ein Übergang über die Freiburger Straße möglich, nur noch an der Fußgängerampel bei Rot, was jedoch die Schlange noch länger machte. „Wir stehen heute hier, weil wir ein Zeichen für den Bau der zweiten Gauchachtalbrücke setzen wollen“, sagte Bürgermeister Micha Bächle. „Wir lassen nicht zu, dass unser Projekt auf die lange Bank geschoben wird und am Ende scheitern soll, wie es sich ein kleiner Verein in Freiburg wünscht“, betonte Bächle. „Wenn die zweite Gauchachtalbrücke scheitert, dann wäre dies ein fatales Zeichen für unser Land.“
Er sei glücklich, dass er zu einer Protestveranstaltung eingeladen wurde, bei der es nicht gegen, sondern für ein Projekt gehe, sagte Frank Bonath, Landtagsabgeordneter der FDP. Er forderte dazu auf, neue Gesetze zu erlassen, die es den Gerichten ermöglichten, schneller zu entscheiden. „Im Bereich der Infrastrukturprojekte des Verkehrsbereiches haben wir es bisher nicht geschafft, eine Beschleunigung zu erreichen“. Er regte an, das Verbandsklagerecht zu hinterfragen, das eine Klage gegen den Bau der zweiten Gauchachtalbrücke möglich machte.
„Angesichts der Verkehrsprognosen können wir auf die zweite Brücke nicht verzichten“, so Bundesminister Thorsten Frei (CDU) in einem verlesenen Statement. In Döggingen drohe bei der anstehenden Brückensanierung monatelanger Durchgangsverkehr. Leider sei es anders gekommen, da der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Südbaden die Planungen gerichtlich torpediert habe. „Wir können es gesellschaftlich nicht hinnehmen, dass Institutionen, Vereine und auch Personen, die weder aus der Region kommen noch die konkrete Lage vor Ort nachvollziehen können, den Ausbau zentraler Verkehrsadern entgegen der Mehrheitsmeinung der betroffenen Einwohner blockieren“, schreibt Frei.
Die Bedeutung der zweiten Gauchachtalbrücke für die Region und Döggingen stellte auch Martina Braun, Landtagsabgeordnete der Grünen, in den Mittelpunkt. Verkehrlich, wirtschaftlich und strukturell sei sie unbedingt notwendig. Sie sorge für mehr Verkehrssicherheit, entlaste Döggingen und mache die B31 zukunftsfähiger. „Sie ist auch nötig, um die Leistungsfähigkeit der B31 maßgeblich zu verbessern und die Ortsdurchfahrt Döggingen dauerhaft zu entlasten“, so Braun.
„Ich verstehe sehr gut, dass Sie sagen, so geht es nicht mehr weiter“, erklärte Derya Türk-Nachbaur, Bundestagsabgeordnete der SPD. „Wir dürfen trotz der notwendigen Prüfungen nicht den Blick für die Lebensrealität verlieren. Umweltschutz ist wichtig, er darf aber nicht auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werden“, so die Bundestagsabgeordnete. Sie versicherte, dass sie sich auf der politischen Ebene weiterhin für eine schnelle Umsetzung einsetzen werde. „Wir werden weiter gemeinsam dafür kämpfen, dass Ihre Lebensqualität in Döggingen die Aktendeckel verlässt. Wir brauchen Lösungen – und zwar jetzt.“
Auch der Landtagsabgeordnete Guido Wolf (CDU) war vor Ort. Er setze sich dafür ein, „dass endlich der Mensch wieder eine stärkere Rolle spielt“, sagte er. Wolf übte auch Selbstkritik, denn es gebe etliche Straßenbaumaßnahmen im Land, die nicht vorankommen. Man müsse auch die öffentlichen Zuschüsse für Verbandsarbeit überprüfen, „denn ich möchte nicht, dass durch Zuschüsse an Verbände solche Projekte wie in Döggingen verhindert werden“, sagte Wolf. Er wolle sich dafür starkmachen, dass dieses Projekt vorwärtskommt, und wünsche, dass das Leid in Döggingen bald zum Ende kommt, „denn wir brauchen die zweite Brücke und zwar schnell“.
„Es war für mich klar, dass das hier in Döggingen kein Heimspiel für mich ist“, sagte der VCD-Landeschef Jörg Dengler, denn er hatte einen schweren Stand vor dem Rathaus. Er versuchte, die Gründe für die Entscheidung des VCD zu erklären, was ihm jedoch nur sehr eingeschränkt gelang. Seine Worte wurden immer wieder durch Zwischenrufe und auch emotionale Äußerungen unterbrochen, und sogar Buhrufe waren zu hören. Dengler trug Vergleiche mit anderen Orten mit hoher Verkehrsbelastung, zum Beispiel Falkensteig, vor. Bürgermeister Micha Bächle musste mehrmals um Mäßigung bei den Zwischenrufen bitten. Später konnten einige Besucher noch mit Dengler über die Klage des VCD diskutieren. „Unsere Aufgabe ist es, die Einhaltung von Umwelt- und Klimazielen zu verfolgen und zu fördern. Wir setzen uns für eine nachhaltige Verkehrspolitik ein, welche die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt berücksichtigt“, schreibt der ökologische Verkehrsclub. Die Klage gegen die zweite Brücke sei eine Reaktion auf die mangelnde Berücksichtigung der Umweltauswirkungen und der Klimaziele. „Wir sind der Meinung, dass der Bau einer zweiten Brücke nicht im Einklang mit den Klimazielen steht und dass alternative Lösungen gefunden werden müssen, um die Verkehrsbelastungen in Döggingen zu reduzieren.“ Das Schreiben des VCD Südbaden zeige, „dass der Verband die Situation in Döggingen absolut verkennt. Es gehe vielmehr darum, ein vor 20 Jahren begonnenes Projekt nun abzuschließen“, kommentierte Gisela Kanitz von der Bürgerinitiative Döggingen.
Ortsvorsteher Georg Baum lehnte die Vergleiche Denglers mit Falkensteig ab und ging auf die aktuelle Situation der Vollsperrung des Tunnels ein. „Wenn die Brücke nicht kommt, dann hat Döggingen ein bis zwei Jahre Vollsperrung. Die Verkehrsdichte in Döggingen könne man aktuell sehen. Das bedeutet für Döggingen 20.000 Fahrzeuge am Tag. Ein Schreckensszenario seien auch die Lärm- und Abgasbelastung und in den Stoßzeiten eine Autoschlange bis nach Hüfingen. „Die Belastung für Döggingen ist unverantwortlich. Eine zweite Brücke muss jetzt gebaut werden“, so Baum.