Carolin Rogg

Kirche auf dem Land bedeutet für viele Menschen regelmäßige Sonntagsgottesdienste, persönliche Kontakte mit dem Pfarrer vor Ort und auch, dass man die Kirchenangestellten kennt, sowie von ihnen gekannt wird. Daran könnte sich nun einiges ändern durch das neue Projekt "Pastoral 2030", das unlängst bei einer zweitägigen diözesanen Pastoralkonferenz in Freiburg, vorgestellt wurde.

  • Pastorales Zentrum: Pfarrer Erich Loks, Leiter der Seelsorgeeinheit Donaueschingen, sind die strukturellen Überlegungen schon länger bekannt. Es sei nun klar, dass die Seelsorgeeinheit Donaueschingen mit ihren acht Pfarreien Teil einer der neuen Pfarreien, die dann Gemeinden heißen werden, sein wird. In jeder Gemeinde wird es ein pastorales Zentrum mit einem Priester, der diese leitet, geben. Andere Priester, Diakone und Hauptamtliche werden ihm zur Seite stehen, wo sie ihren Sitz haben werden, sei aber noch nicht klar.
     
„Die Menschen vor Ort entscheiden, wie lebendig eine Gemeinde ist“.Pfarrer Erich Loks,  Leiter der Seelsorgeeinheit Donaueschingen
„Die Menschen vor Ort entscheiden, wie lebendig eine Gemeinde ist“.Pfarrer Erich Loks, Leiter der Seelsorgeeinheit Donaueschingen | Bild: Simon, Guy
  • Entfremdung droht: Im Pfarrgemeinderat der Seelsorgeeinheit auf der Baar, die die Katholiken in Hüfingen und Bräunlingen samt Ortsteile betreut, sei die Situation dagegen noch brandneu. Die ersten Reaktionen des Vorstandsteams seien Fassungslosigkeit und Angst gewesen, äußerte sich Harald Weh, Mitglied des Vorstandsteams im Pfarrgemeinderat, und fragt sich: "Wie soll es weitergehen?" Für Weh bedeutet das eine große Entfernung der Kirche zu den Menschen.
     
„Wie soll  es weitergehen?“Harald Weh,  Pfarrgemeinderatsmitglied Seelsorgeeinheit auf der Baar
„Wie soll es weitergehen?“Harald Weh, Pfarrgemeinderatsmitglied Seelsorgeeinheit auf der Baar | Bild: Roland Sigwart
  • Auch Harald Frey, Gemeindereferent der Seelsorgeeinheit auf der Baar, sagt, dass persönliche Beziehungen und religiöse Zugänge nur durch eine christliche Gemeinschaft vor Ort möglich seien. Wie sich die Veränderungen der Räume auf das Städtedreieck auswirken, sei laut Frey noch ergebnisoffen. Als Angestellter im kirchlichen Dienst werde er sich die kommenden Entwicklungen anschauen und gemeinsam im Seelsorgeteam handlungsorientierte Schritte vereinbaren. Weh befürchtet, dass die Neugliederung der Räume für den Schwarzwald am Ende nur noch zwei bis drei Gemeinden zur Folge haben könnte.
     
Der Kirchturm der Hüfinger Stadtkirche St. Verena und Gallus
Der Kirchturm der Hüfinger Stadtkirche St. Verena und Gallus | Bild: Carolin Rogg
  • Priesterweihe für Frauen: Der Zusammenschluss der Großpfarreien wurde mit dem Priestermangel begründet. Laut Kirchenrecht können nur Priester eine Pfarrei leiten. Bei der Pastoralkonferenz in Freiburg wurde argumentiert, dass der Priestermangel Zeichen dafür sei, dass man das Kirchenrecht ändern müsse, sodass auch Frauen zu Priesterinnen geweiht werden können und ehrenamtliche Diakone Eucharistie feiern und dementsprechend auch Pfarreien leiten können. Frey sagt dazu, dass es auf jeden Fall ein wünschenwertes Zeichen wäre, wenn Frauen zumindest Diakoninnen werden könnten. Neben der Zahl der Priester sinkt auch die Zahl der Katholiken allgemein. Die Zahl der Katholiken in der Erzdiözese Freiburg ist von 1,984 Millionen im Jahr 2010 auf aktuell 1,87 Millionen gesunken. Loks begründet diesen Rücklauf der Gläubigen mit gesellschaftlichen Veränderungen und innerkirchlichen Problemen.
  • Neue Leitungsstrukturen: Auch Loks sagt, dass die kommenden Jahre von der Vorbereitung auf die strukturellen Veränderungen geprägt sein würden. Für das aktuelle Leben in den Pfarreien und in der Seelsorgeeinheit werde hoffentlich und sicher Raum und Zeit bleiben. Das Projekt "Pastoral 2030" bedeutet ebenfalls Veränderungen im Verständnis der Rollenverhältnisse zwischen Priestern als Seelsorger und Dienstvorgesetzte, Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen. Wie sich das neu ausbilden wird, sei noch offen, sagt Frey. Die Neugliederung der Seelsorgeeinheiten bedinge auch einen Umbau in der Leitung. Wie diese Leitung dann schlussendlich aussieht, könne man ebenfalls noch nicht vorhersehen.
     
Der Kirchturm der Stadtkirche Bräunlingen. Sie heißt offiziell Unsere Liebe Frau vom Berge Karmel
Der Kirchturm der Stadtkirche Bräunlingen. Sie heißt offiziell Unsere Liebe Frau vom Berge Karmel | Bild: Carolin Rogg
  • Ehrenamtliche werden wichtiger: Harald Frey vermutet, dass künftig andere Formen des kirchlichen Lebens neben der Eucharistiefeier an Bedeutung gewinnen werden. Für die Zukunft, so Loks, werden man sich neue Formen persönlicher Kontakte überlegen müssen. Die pastorale Arbeit benötige dies. Loks sagt, er sehe Chancen in den Veränderungen darin, dass sich Gemeinden, Ehrenamtliche und Hauptamtliche neue Rollen suchen müssen. Dass müsse nicht abschreckend sein, es könne spannend sein. Hauptamtliche werden voraussichtlich wenig vertreten sein, Ehrenamtliche werden für das kirchliche Leben sehr wichtig sein. Er sagt: "Die Menschen vor Ort entscheiden, wie lebendig eine Gemeinde ist".
     
Die katholischen Pfarrkirche St. Marien in Donaueschingen.
Die katholischen Pfarrkirche St. Marien in Donaueschingen. | Bild: Carolin Rogg
  • Jugendarbeit neu aufstellen: Und wie ändert sich unter den neuen Umständen die kirchliche Jugendarbeit? Frey sagt dazu, dass die Jugendarbeit dem Evangelium ein Gesicht gebe, wenn sie durch persönliche Beziehungen und religiöse Erfahrungen, wie Ausflüge, Lager und Freizeiten mit christlichen Impulsen, gelebt werde. Diese Arbeit sei für die Zukunft wesentlicher und maßgeblicher. Loks sagte, man müsse Verbindungen zwischen starken und aktiven Jugendgruppen und Jugendlichen, die so etwas suchen und in ihrer Gemeinde nicht finden würden, fördern. "Erlebte Gemeinschaft trägt, macht stark und macht auch Spaß", fügte er an.