Jeder Donaueschinger kann mit seinem Garten einen Beitrag leisten, die Artenvielfalt zu erhalten und damit gleichzeitig die Attraktivität des Stadtbilds zu erhöhen. Unter diesen beiden Vorgaben initiierte Umweltberater Gerhard Bronner nach Absprache mit dem damaligen Bauamtsleiter Ingo Kottmann und dem früheren Bürgermeister Bernhard Kaiser Anfang dieses Jahres einen Vorstoß, der das Aus für die ökologisch wertlosen Schottergärten bedeutet hätte, die auch in Donaueschingen immer mehr um sich greifen. Und zwar vor allem in den Neubaugebieten.

Kinder machen es vor: Auf Anregung von Irene Schenzinger (links) wird der Schotterstreifen am Hausrand des Kindergartens Allmenshofen zu ...
Kinder machen es vor: Auf Anregung von Irene Schenzinger (links) wird der Schotterstreifen am Hausrand des Kindergartens Allmenshofen zu einem kleinen Kräuter- und Blumengarten umgewandelt. Im Bild die Kinder Enya, Guilia, Judith und Tamina (von links). (Archivbild) | Bild: Gabi Lendle

Bronner und sein Team nahmen das Neubaugebiet Schützenberg ganz genau unter die Lupe und kontrollierten, ob die – Achtung Amtsdeutsch – „grünordnerischen Regeln“ beim Bau der Ein- und Zweifamilienhäuser eingehalten worden sind. Denn jeder Bauherr hat diese in seinem Kaufvertrag stehen – als Ausgleichsmaßnahme für die Versiegelung von Boden.

Viele Verstöße festgestellt

Von der Verstoßquote war Bronner überrascht. Demnach war gegen das Gebot der Dachbegrünung in 91 Prozent der Fälle verstoßen worden. Beim Baumpflanzgebot lag die Verstoßquote bei 60 Prozent, beim Pflanzgebot für Sträucher bei 45 Prozent. Und 96 Prozent der Garagen- und Parkplatzzufahrten waren nicht wasserdurchlässig, wobei hinter dieser Prozentzahl ein Fragezeichen steht, weil manchen Belägen nicht anzusehen ist, ob sie wasserdurchlässig sind. Der Schützenberg sollte nur den Auftakt bilden, weil Bronner dort besonders eklatante Verstöße feststellte, weitere Baugebiete sollten dann folgen. Ein Beitrag im städtischen Mitteilungsblatt sollte die Anwohner auf mögliche Anschreiben vorbereiten. Doch die angekündigten Briefe haben das Rathaus nicht verlassen.

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Der Grund: Der neue Chef der Bauverwaltung, Tobias Butsch, und der neue für Bausachen zuständige Bürgermeister Severin Graf interpretieren die Landesbauordnung anders als ihre Vorgänger. In den entsprechenden Paragrafen stehe lediglich, dass nicht überbaute Flächen Grünflächen sein sollten. „Sonst müssten wir bei strenger Auslegung auch Gartenteiche verbieten“, sagt Butsch, der gegenüber dem SÜDKURIER ausdrücklich betont, in Absprache mit OB Erik Pauly und Bürgermeister Graf zu sprechen. Nirgendwo in der Landesbauordnung stünde, dass Schottergärten verboten seien. Sogenannte Japangärten, in denen auch mit viel mit Schotter gearbeitet wird, seien in der Landesbauordnung sogar ausdrücklich erwähnt und erlaubt.

Neue Bauamts-Chefetage denkt anders als alte Bauamts-Chefetage

Butsch betont, dass das Baurecht ganzheitlich betrachtet werden müsse. Und genau das mache der städtische Baukontrolleur, der schwerwiegenderen Verstößen nachgehe als einem nicht gepflanzten Baum. Der Amtsleiter der Bauverwaltung nennt als Beispiele „rechtswidrig errichtete bauliche Anlagen“ wie nicht genehmigte Gartenhäuschen, nachträglich überdachte Terrassen oder Garagen, die ohne roten Punkt gebaut wurden. Das seien tatsächlich ernst zu nehmende Verfehlungen, weil diese auch Nachbarn beträfen und womöglich deren Rechte eingeschränkt würden. Die Überwachung „grünordnerischer Festsetzungen“ habe dagegen zurückzustehen. „Wir denken heute anders“, sagt Bursch.

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Gut möglich aber, dass im Donaueschinger Bauamt erneut umgedacht werden muss. Die Landesregierung in Stuttgart arbeitet an einer neuen Fassung der Landesbauordnung. Danach müssen „die nichtüberbauten Flächen von bebauten Grundstücke Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden; Schotterungen sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung.“ Sollte dieser zitierte Entwurf Gesetzeskraft bekommen, würde das das Aus von neuen Schottergärten bedeuten.

Manchmal wiederholt sich Geschichte

Übrigens: In Donaueschingen wurde schon 2008 über Öko-Kontrollen diskutiert. Damals begrüßten die Mitglieder des Technischen Ausschusses den Vorschlag der Stadtverwaltung, im Baugebiet Holzsteig beispielsweise zu kontrollieren, ob dort auch heimische Gehölze als Ausgleichsmaßnahme gepflanzt worden sind. Auch damals gab es unter den Gemeinderäten verschiedene Meinungenen, wie konsequent durchgegriffen werden sollte. Letztendlich verlief die ganze Angelegenheit im Sand.

Marcus Greiner, Fraktionssprecher der CDU, macht klar: Wenn ein Vertrag geschlossen worden sei, dann haben sich beide Seiten an ihn zu ...
Marcus Greiner, Fraktionssprecher der CDU, macht klar: Wenn ein Vertrag geschlossen worden sei, dann haben sich beide Seiten an ihn zu halten. Von daher unterstütze er Bronners Initiative. Greiner nimmt aber auch die Architekten in die Pflicht. Es sei deren Pflicht, ihre Auftraggeber auf Dachbegrünungen und andere Vorgaben hinzuweisen, weil sich der Bauherr selbst mit ganz anderen Dingen zu beschäftigen habe als der Gartengestaltung. Gleichzeitig müsse für ihn die „Nacherfüllung“ zumutbar sein. Deshalb sollte die Verwaltung „nicht mit der Brechstange“ vorgehen. | Bild: SK
Ganz ähnlich sieht das auch Bertolt Wagner von der Fraktionsgemeinschaft FDP/FW. Mit der Stadt geschlossene Verträge müssten erfüllt ...
Ganz ähnlich sieht das auch Bertolt Wagner von der Fraktionsgemeinschaft FDP/FW. Mit der Stadt geschlossene Verträge müssten erfüllt werden, Bronners Vorstoß sei für ihn nachvollziehbar. Und obendrein „sinnvoll“ – denn es gebe viele gute Gründe, die heimische Fauna und Flora zu schützen. Ganz wichtig für den promovierten Arzt: Wenn die Verwaltung darauf poche, dass ihre Vorgaben umgesetzt werden, dann habe das nichts mit Gängelei oder Bürokratie zu tun. | Bild: sk
Der Grüne Michael Blaurock erinnert im SÜDKURIER-Gespräch an seine Haushaltsrede, in der er das Ende von Steingärten gefordert habe. ...
Der Grüne Michael Blaurock erinnert im SÜDKURIER-Gespräch an seine Haushaltsrede, in der er das Ende von Steingärten gefordert habe. „Wir haben damals eine mündliche Zusage der Verwaltung erhalten“, so der Fraktionssprecher. Das Rathaus mache sich zudem „lächerlich“, wenn es seine Vorgaben nicht kontrolliere und auf deren Einhaltung nicht poche. Er kündigt einen Antrag seiner Partei für Januar 2020 an, dass alle städtischen Grundstücke in blühende Wiesen verwandelt werden sollen und gibt als positives Beispiel die Versuchsflächen beim städtischen Bauhof an. | Bild: Photographer: Arno Witt
GUB-Frontfrau Claudia Weishaar ist verwundert, dass die Angelegenheit nicht Thema im Gemeinderat war. Vorgaben gehörten kontrolliert und ...
GUB-Frontfrau Claudia Weishaar ist verwundert, dass die Angelegenheit nicht Thema im Gemeinderat war. Vorgaben gehörten kontrolliert und ein gewisser Druck müsse ausgeübt werden. Sie betont auch, dass die meisten Bauherren nicht aus bösem Willen die grünordnerischen Auflagen nicht erfüllten, sie nur an sie nicht gedacht hätten. „Es geht um Überzeugungsarbeit, nicht um Reglementierung.“ Möglicherweise wäre es zielführender gewesen, erfolgreiche Beispiele von grünen und blühenden Gärten hervorzuheben, als gleich rechtliche Konsequenzen anzumahnen. | Bild: Roland Sigwart
Sozialdemokrat Gottfried Vetter gibt ausdrücklich an, kein Freund der um sich greifenden „Steinwüsten“ zu sein. „In ...
Sozialdemokrat Gottfried Vetter gibt ausdrücklich an, kein Freund der um sich greifenden „Steinwüsten“ zu sein. „In denen ist doch kein Leben, da ist kein grüner Daumen zu erkennen.“ Da durch ein neu gebautes Haus Natur verloren gehe, müsse ein Ausgleich her und Vorschriften seien dafür gemacht worden, eingehalten zu werden. Das sei auch im Interesse der Bauherren selbst. Die „Bußgeld-Keule“ in die Hand zu nehmen, hält er aber nicht für angemessen. | Bild: Roland Sigwart