Ein Witz, der heute nicht mehr funktioniert, bringt die Problematik auf den Punkt: Frage: "Woran erkennt man einen freundlichen Motorradfahrer?" Antwort: "An den Fliegen zwischen den Zähnen." Denn mittlerweile kann der Biker ruhig mit offenem Visier unterwegs sein, es flattern kaum mehr vermeintliche Plagegeister durch die Luft, die ihm ins Gesicht klatschen könnten. Doch was den Zweiradfahrer freut, ist ein Signal für eine ökologische Katastrophe. Stichwort Insektensterben.
Das Thema beschäftigt auch die Umweltgruppe Baar, die mit der Agraringenieurin Kathrin Schwab vom Umweltbüro eine Expertin für einen Vortrag gewinnen konnte. Die Referentin wird zunächst auf die "dramatische Situation" von Insekten eingehen und auf den Zusammenhang mit dem Rückgang der Vogelpopulation in Deutschland. "Es ist Zeit, dass etwas für die Insekten getan wird", so Kathrin Schwab.
Tatsächlich verzeichnet man laut einer Studie des Entomologischen Vereins Krefeld in den vergangenen 29 Jahren einen Rückgang von 75 Prozent an Biomasse bei Fluginsekten. Aufgrund dieser dramatischen Entwicklung stellt sich laut Schwab nicht mehr die Frage, ob die Insektenwelt in Schwierigkeiten steckt, sondern wie das Sterben gestoppt werden kann.
Und das betrifft nicht nur die Honig- und Waldbienen, die brummeligen Hummeln oder die Schmetterlinge: Wespen, Ameisen, Fruchtfliegen, Käfer und unzählige weitere Insektenarten werden als Teil des Nahrungskreislaufes in ihrer Wichtigkeit viel zu oft unterschätzt und aus Haus und Garten verbannt. Oft aus Unwissenheit. Und genau hier will Kathrin Schwab mit ihrem Referat ansetzen.
Wie aber verwandelt man seinen Garten in ein blütenreiches Paradies für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge? "Machen Sie sich nicht zu viel Arbeit, oft ist weniger mehr, achten Sie aber auf Vielfalt", rät die Expertin. Wichtig sei die richtige Auswahl der Pflanzen unter Berücksichtigung des passenden Standorts.
Ein Beispiel: Die Forsythie hat eine üppige, gelbe Blütenpracht und gilt bei Gärtnern als dekorativer Wind- und Sichtschutz, gleichzeitig ist sie pflegeleicht. Doch Schwab spricht von einer "sterilen" Pflanze, weil sie keine Pollen produziert. Da sei zum Beispiel der Schwarze Holunder aus ökologischer Sicht viel besser. Bienen finden hier Pollen und Vögel dienen die Früchte im Herbst als Nahrung.
Vortrag
Insektenfreundliches Gärtnern rund ums Jahr: Einen Vortrag unter diesem Titel hält Kathrin Schwab von der Umweltgruppe Südbaar am Mittwoch, 20. März, um 19.30 Uhr im Siedlerheim. Mitveranstalter sind das Umweltbüro und die Gemeinschaft Wohneigentum. Das Referat handelt von den Möglichkeiten, im Hausgarten etwas für Insekten und damit für Vögel zu tun.
Nisthilfen für Wildbienen
Wildbienennisthilfen gibt's im Handel in Hülle und Fülle, sie können aber auch mit wenig Aufwand selbst hergestellt werden. Nistgänge in Hartholz sind für holzbesiedelnde Wildbienen die erste Wahl. Auch neue Nistgänge in Weichholz werden besiedelt. Sie müssen aber häufig ersetzt werden, weil die Eingänge ausfransen. Oft werden sie dann nach einer Brutsaison nicht mehr benutzt.
Wer nicht zum Bohrer greifen möchte, kann aber auch ganz einfach eine Konservendose nehmen und sie mit Strohhalmen befüllen. Die Nisthilfen sind bezogen, wenn die Eingänge geschlossen sind. In den Gängen befinden sich Eier, Larven oder Puppen. Außerdem sind darin Pollen, von denen sich der Nachwuchs ernährt.
Totholzhecken als Lebensraum
Sie bieten Nistmöglichkeiten für Vögel, Tagesverstecke für Igel und sind Tummelplatz aller Wirbellosen wie Regenwürmer, Asseln, Springschwänze, Doppelfüßer, Hundertfüßler oder Spinnen: Totholzhecken. Auch für sie braucht's nicht viel Geschick: Nachdem die Pfähle fest eingeschlagen wurden, kann man damit anfangen, das Schnittgut locker zwischen die zwei Reihen zu schlichten.
Um den Boden nicht zu sauer zu machen, sollte nicht allzuviel Schnittgut von Nadelbäumen eingebaut werden. Zwischen die Äste kann man etwas Rasenschnitt, Laub und etwas Erde einstreuen. So erleichtert man den Wildgräsern und -kräutern das Anwachsen. Für eine Kleingartenanlage sind Totholzhecken weniger geeignet.
Blühinseln auf Rasenflächen
Wer auf einen gepflegten Rasen nicht verzichten möchte, der kann ihn im Sinne der Artenvielfalt mit Blühinseln aufwerten. Und schön fürs Auge sind sie natürlich auch. Für diese Wildblumenwiesen im Mini-Format muss meist der Boden mit Sand abgemagert werden. Es gibt Saatgutmischungen aus einjährigen, zweijährigen und mehrjährigen Blumenarten.
Bei der Auswahl ist es wichtig, die klimatischen Bedingungen mit einzubeziehen. Da ist der gute Fachhandel gefragt. Wenn die Blumen verblüht sind, dürfen sie ruhig stehen bleiben, bieten sie dann noch ein Überwinterungsquartier für Insekten. Blühinseln funktionieren auch mit Wildkräutern. Die Brennessel ist beispielsweise eine Futterpflanze für Raupen.
Ungefüllte Blüten freuen Insekten
Bei der Auswahl insektenfreundlicher Pflanzen kommen in erster Linie nur Sorten mit ungefüllten Blüten infrage. Viele Garten- und Balkonpflanzen werden oft als gefüllte Varianten angeboten, wie man es beispielsweise häufig bei Petunien sehen kann. Bei diesen Sorten haben Züchter meistens die Staubblätter in Kronblätter umgewandelt, sodass die Blüten gar keinen Pollen mehr liefern.
Aus ökologischer Sicht haben gefüllte Blüten ihren eigentlichen Sinn verloren, da sie nicht einmal bestäubt werden können. So haben sie nur einen reinen Zierwert. Im Idealfall befinden sich im Garten bienenfreundliche Pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen. So finden Insekten das ganze Jahr über Nahrung.