Seit Samstag müssen Gastronomen in Baden-Württemberg ihre Betriebe geschlossen halten: Eine Entscheidung, die in Stufen erfolgte und die Donaueschinger Wirte nicht völlig unvorbereitet traf. „Wir hatten Sitzungen, in denen die kommenden Einschränkungen und mögliche Reaktionen im Zentrum standen“, berichtet Pascal Marquardt, der das Restaurant „Zum Musikhaus“ betreibt.

Wegen des Coronavirus geschlossen: Das Flatterband um die Tische signalisiert die Situation auf dem Hengstlerplatz in Donaueschingen.
Wegen des Coronavirus geschlossen: Das Flatterband um die Tische signalisiert die Situation auf dem Hengstlerplatz in Donaueschingen. | Bild: Roger Müller


Die Zahl der Teilnehmer sank in den Besprechungen vorsorgebedingt von Anfangs etwa 15 in der vorvergangenen Woche auf wenige Köpfe, entwickelt wurde gleichwohl die Idee für ein lokales Netzwerk, das allen offen steht: Der Lieferservice Donaueschingen, von Christian Köster, Betreiber der beiden Twist-Lokale, technisch umgesetzt, soll digital und pfiffig die Auswirkungen des landesweiten Restaurant-, Café- und Kneipenverbots mildern.

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Binnen weniger Tage entstand in der vergangenen Woche eine Internetplattform mit ansprechendem Logo und Zusatzartikeln wie Flyer, Türaufkleber, Folienaufkleber für Fahrzeuge oder Abstandhalter auf dem Boden.

Schon sechs Firmen eingetragen

Auf der Homepage lieferservice-donauschingen.de werben bereits Musikhaus, Twist hoch zwei, Quellhöfle und Jägerstüble für Speisenlieferungen, das Netz bietet aber auch dem Handel – bisher die Geschäfte Punto Verde und Blumenhaus Kopp – eine Plattform.

Pasquale Fragale vom „Quellhöfle“ (mit Tochter Alessia) bietet neben weiteren Gaststätten einen Lieferservice für Speisen an.
Pasquale Fragale vom „Quellhöfle“ (mit Tochter Alessia) bietet neben weiteren Gaststätten einen Lieferservice für Speisen an.

Wachstum in der Stadt und in die Region ist gewünscht. „Wir haben weitere Anfrage. Sogar ein Gastronom in Schwenningen will unsere Homepage nutzen“, sagt Marquardt.

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Mitmachen könnten Händler aller Art, meint Köster: ganz unabhängig, ob sie den Lieferkanal der Homepage nutzen oder über einen Basiseintrag lediglich über die Möglichkeit informieren, Waren zum Kunden zu bringen

Andrea Gmeiner deckt ab. Auch das Hotel Lindenhof in Bräunlingen ist von der Corana-Krise betroffen.
Andrea Gmeiner deckt ab. Auch das Hotel Lindenhof in Bräunlingen ist von der Corana-Krise betroffen. | Bild: Roger Müller


Übers Wochenende hat auch die Stadt ans privat initiierte Netzwerk angedockt. „Die Stadt hatte sich auch Gedanken gemacht, eine solche Plattform zu schaffen“, sagt Andreas Haller, Amtsleiter Tourismus und Marketing. Allerdings hieß die Zielsetzung, alle Gewerbetreibende und nicht nur die Gastronomen einzubinden. Jetzt setzt die Stadt auf die neue Plattform „mit einer guten technischen Umsetzung“, wie Haller betont.

Wenn der Barkeeper zum Essenslieferant wird: Sasa Tomicevic vom Quellhöfle.
Wenn der Barkeeper zum Essenslieferant wird: Sasa Tomicevic vom Quellhöfle.

Mit an Bord sind Stadt, Gewerbeverein und das Citymanagement, das sich finanziell beteiligt. Händler bekommen auf diese Weise den Basiseintrag kostenlos.

Stadt schreibt Gewerbetreibende an

Auch im Bereich Marketing wird die Stadt die nächsten Tage tätig. „Wir agieren über Social Media und schreiben die Gewerbetreibenden über unseren großen Verteiler an“, führt der Amtsleiter fort.

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Für Pascal Marquardt hat sich der Lieferservice gut angelassen. 20 bis 25 Essen gingen an den besten Abenden bereits raus, „aber das lief nicht immer so“. Marquardt ist froh, auf diese Weise eine Servicekraft beschäftigen zu können.

Antragswesen macht Sorgen

„Wir werden die Krise durchstehen und uns gegenseitig helfen“, gibt der Gastronom ein optimistisches Statement. Auch wenn die Realität das nicht widerspiegeln scheint. Ende vergangener Woche haben sich die Gastronomen an Oberbürgermeister Erik Pauly genannt.

Anlass waren die ersten Unterlagen zur Erteilung von Hilfskrediten. „Wenn von den Banken eine Jahresbilanz 2019, angekündigte Kreditzinsen und Gebühren und Liquiditätsnachweise verlangt werden, ist das nicht hilfreich“, sagt Marquardt.

„Gehen Sie auf die Verpächter zu!“

Die Kleinen werde man am ausgestreckten Arm verhungern lassen, sorgt sich Marquardt. Deshalb erreichte den OB eine weitere Bitte. „Gehen Sie auf die Verpächter zu“, ergänzt Marquardt. Denn deren Reaktionen seien bisher bescheiden gewesen: eine Einschätzung, die auch der Einzelhandel teile. Nur wenn Grund- und Nebenkosten – Pacht, Energie sowie eine mögliche Steuerstundung – reduziert werden können, könnten die Betriebe die Zeit der Zwangsschließung überstehen.

Das sagt der Verband

„Gerade die kleinen Gastronomen stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Michael Steiger. Der Gastronom führt die Kreisstelle des Deutschen Hotel und Gaststättenverbands (Dehoga) ehrenamtlich. In dieser Situation seien Liquiditätshilfen das Wichtigste. Unter Umständen seien Kredite kein ausreichendes Mittel. „Eigentlich bräuchte es eine Beihilfe“, erläutert Steiger. Über Kurzarbeit die Mitarbeiter halten, mit dem Verpächter, dem Energieversorger und dem Finanzamt reden und dann den Kontakt mit der Hausbank aufnehmen, empfiehlt Steiger. Aktuelle Tipps in einer sich überschlagenden Nachrichtenlage gibt es unter dehoga-bundesverband.de.

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