Um kurz vor 18 Uhr ist am Sonntagabend, 16. Februar, im Donaueschinger Karlsgarten noch wenig los, rund 30 Personen finden sich ein. Das Aktionsbündnis für Demokratie und Vielfalt hatte am Samstag, 15. Februar kurzfristig eine Mahnwache gegen rechts organisiert, Organisatoren sind Martina Wiemer und Dirk Hetzer.
Politiker vor Ort
Doch um Punkt 18 Uhr füllt sich der Park plötzlich. Eltern mit ihren Kindern, Senioren und Jugendliche, ausgestattet mit Lichtern, Fackeln und Laternen versammeln sich in einem Halbkreis um Wiemer und Hetzer. Auch Vertreter aus der Politik, darunter Gemeinderats-Fraktionsvorsitzender der SPD, Jens Reinbolz, der Kreisvorsitzende der FDP, Patrick Leismann, und die Bundestagskandidaten Derya Türk-Nachbaur (SPD) und Mark Hohensee (FDP) sind vor Ort.
„Für eine offene Gesellschaft“
Doch weshalb wurde die Aktion so kurzfristig geplant, nachdem in den vergangenen zwei Monaten keine Protestaktion gegen rechts in Donaueschingen stattgefunden hat? Martina Wiemer erläutert in ihrer Ansprache, dass die Münchner Sicherheitskonferenz und die Ansprache des US-Vizepräsidenten J.D. Vance am Freitag, 14. Februar, Auslöser gewesen seien.
In der Ansprache thematisierte Vance die aus seiner Sicht fehlende Meinungsfreiheit in Europa und sprach davon, dass er „Brandmauern für undemokratisch“ halte. Weiter plädierte er dafür, mit Parteien zu koalieren, die entgegen der demokratischen Grundwerte auftreten.
„Das können wir so nicht stehen lassen, da müssen wir auf die Straße“, sagt Wiemer.“ Wir dürfen uns nicht alleine fühlen, sondern müssen gemeinsam aktiv sein“, sagt sie. „Für eine offene Gesellschaft, für ein offenes Europa, für ein Miteinander, für eine starke Demokratie.“
Auch Dirk Hetzer geht in seiner Ansprache auf die drohenden Gefahren für die Demokratie ein, vor welchen der am Samstag, 15. Februar, verstorbene FDP-Politiker und frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum immer warnte, wie Hetzer ausführt. „Er war ein großartiger Demokrat und hat gegen rechts immer klare Worte gefunden“, so Hetzer. Deshalb zündet er seine Kerze auch im Gedenken an Gerhart Baum an.
Selbst gebastelte Einhornlaterne
Niklas Stahlbrand aus Hüfingen ist mit seiner Familie hier. Die dreijährige Lotta hält ein leuchtendes Einhorn in der Hand, welche eigentlich als Laterne für den Martinsumzug gebastelt wurde – doch heute erfüllt sie einen anderen Zweck, wie Stahlbrand sagt. „Eigentlich gehen wir nicht regelmäßig demonstrieren. Aber in diesen Zeiten ist es notwendig“, sagt Stahlbrand. „Die Politik der AfD erachten wir als unsolidarisch und ausländerfeindlich. Wir stehen für eine faire und gleichberechtigte Gesellschaft“, sagt der Vater.
Simone und Manuel Zimmermann aus Donaueschingen haben zu der Mahnwache auch ihre Kinder mitgebracht. Die Tochter hält eine Regenbogenflagge vor sich, die mit einer Lichterkette aufgepeppt wurde. „Es ist wichtig, dass unsere Kinder in einem freien, demokratischen Deutschland aufwachsen“, so Simone Zimmermann.
Eltern sind in Sorge
Deshalb blicken die Eltern auch mit viel Sorge auf die anstehende Bundestagswahl. „Wenn man jetzt kein Zeichen setzt und Haltung bezieht, kann es sein, dass man in ein paar Jahren nicht mehr protestieren darf. Und sich dann denkt: Hätte man doch damals mehr getan“, so Simone Zimmermann.
Auch Christina Suppanz, Ortschaftsrätin (SPD) in Wolterdingen, sah es als ihre Bürgerpflicht an, bei der Mahnwache Präsenz zu zeigen. Sie ist mit Freunden aus der Ukraine gekommen, die vor dem Krieg geflohen sind und nun in Gütenbach wohnen und hier in der Region arbeiten. „Die Zeiten sind schwierig. Aber davon dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen. Wir müssen für unsere Demokratie einstehen.“
Gemeinsam singen die Teilnehmer die Lieder „Die Gedanken sind frei“ und „We shall overcome“, während der Karlsgarten zu einem Lichtermeer wird. Knapp 120 Personen zählt die Polizei bei der Veranstaltung, zwei Einsatzwagen stehen an den Zugängen zum Park.
Auf Facebook werden Todeswünsche veröffentlicht
Das erhöhte Polizeiaufkommen hat auch seinen Grund: Auf Facebook wurde die Mahnwache in der Gruppe „Café Bar – Donaueschingen, Bräunlingen und Hüfingen“ am Samstag mit einem Flyer angekündigt.
Darunter finden sich allerdings verstörende Kommentare, welche Nutzer teils mit ihrem Klarnamen hinterließen. Zum Beispiel liest sich unter dem Flyer der Kommentar: „Eigentlich hoffe ich, dass da auch mal ein Auto reinfährt.“
Jens Reinbolz, der sich mit den Kommentaren auseinandersetzte, ist hierüber erschüttert. „Welche Tonalität da angeschlagen wird, ist kaum zu glauben.“ Die Namen der Verfasser, die zu Gewalt aufriefen, und Screenshots der Kommentare wurden der Polizei weitergeleitet.

Das Wichtigste: Alles blieb friedlich
Aber dennoch ziehen Wiemer und Hetzer ein positives Fazit. „Die Zahl von rund 120 Teilnehmern ist im Hinblick auf die Kurzfristigkeit sehr erfreulich und bildet die Vielfalt hier in Donaueschingen ab.“ Die Stimmung sei friedlich gewesen. „Und das ist für mich, auch nach den Kommentaren in den sozialen Medien, das Wichtigste“, so Dirk Hetzer.