Wenn sich das Leben – so wie seit Ausbruch der Corona-Krise mit mehreren Lockdowns – vermehrt in den eigenen vier Wänden abspielt, bleibt mehr Zeit für Sex. Und dadurch schnellt womöglich auch die Zahl der Geburten in die Höhe. Oder nicht? Der SÜDKURIER möchte sich genau diese These einmal näher anschauen: Kommen momentan wirklich mehr Kinder als sonst zur Welt, als Folge der langen Lockdown-Monate?
Geburtskliniken sind anderswo
Als Grundlage für eine Untersuchung ist es wichtig zu wissen, dass die Kinder der Baar – mit Ausnahme von Hausgeburten – nicht direkt vor Ort auf die Welt kommen. Darauf verweist unter anderem Beatrix Grüninger, Sprecherin der Stadt Donaueschingen: „Da Donaueschingen kein Geburtskrankenhaus hat, gibt es hier nicht viele geborene Kinder.“ Sie verweist deshalb bei den folgenden Angaben auf jene, die sich auf „angemeldete Geburten“ beziehen, also nicht auf Kinder, die in Donaueschingen geboren wurden: Demnach unterliegen die in Donaueschingen gemeldeten Geburten jährlichen Schwankungen, was auch aus den Vergleichszahlen der angemeldeten Geburten im jeweils ersten Quartal zu erkennen sei. „Im ersten Quartal 2021 sind in Donaueschingen 48 Geburten angemeldet worden. Dies sind sechs Geburten weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (54)“, informiert Grüninger. „Im Vergleich zu den gemeldeten Geburten des ersten Quartals aus dem Jahr 2018 (39) sind dies jedoch neun Geburten mehr. Aus den vorliegenden Geburtenzahlen kann somit kein direkter Zusammenhang mit der Corona-Pandemie abgelesen werden“, fügt die Rathaussprecherin an. Inwieweit sich die Virus-Krise also langfristig auf die Geburtenrate auswirkt, ließe sich nicht sagen.
Jürgen Bertsche, Hauptamtsleiter der Stadt Bräunlingen, teilt auf SÜDKURIER-Nachfrage die jüngsten Geburtenzahlen für Bräunlingen mit. Demnach kamen 2018 insgesamt 59 Kinder zur Welt, im Jahr darauf 75, und vergangenes Jahr waren es 76. Ob und wie die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Entwicklung der Geburtenzahlen hat, darüber möchte Bertsche nicht spekulieren. Die Zahlen lassen jedoch darauf schließen, dass in Bräunlingen durch die Virus-Krise auf jeden Fall nicht weniger Kinder geboren werden. Horst Vetter, Hauptamtsleiter der Stadt Hüfingen, nennt derweil keine Zahlen, sondern verweist darauf, dass in Hüfingen keine Kinder entbunden werden. Diese kommen ihm zufolge in den Krankenhäusern in Villingen-Schwenningen, Singen oder Titisee-Neustadt auf die Welt.
Spielt die durch Corona entstandene Unsicherheit dennoch eine entscheidende Rolle bei der Familienplanung?
Hierzu sagt Beatrix Grüninger, dass Experten von zwei verschiedenen Entwicklungen berichten, die bei der Familienplanung in der Pandemie zu erkennen sind: Auf der einen Seite könnten demzufolge ökonomische Existenzängste sowie gesundheitliche Sorgen dazu führen, dass der Kinderwunsch auf einen späteren Zeitpunkt – nach Corona – verschoben werde. Andererseits gebe es einen gegenläufigen Effekt, dass gerade in der Corona-Zeit die Familie an Bedeutung gewinne und der Kinderwunsch konkret werde. Die Ableitung daraus: Der Kinderwunsch von Paaren hängt unverändert von individuellen Faktoren und den jeweiligen Lebensumständen ab, was sich wiederum durch Corona stärker oder weniger stark verändert hat. Allgemeine Schlüsse zu ziehen, stellt sich somit als schwierig dar.
Mehrere Faktoren entscheidend
„Es gibt ganz unterschiedliche Faktoren, die bei der Baby- beziehungsweise Familienplanung zu nennen sind“, sagt in diesem Zusammenhang Beatrix Grüninger. So spielen neben dem gesundheitlichen Zustand, dem passenden Zeitpunkt und dem richtigen Partner auch die gemeinsamen Wertvorstellungen und der soziokulturelle Hintergrund eine ebenso wichtige Rolle wie die finanzielle Sicherheit oder die berufliche Karriere.
Die Stadt Donaueschingen betreibt laut der Sprecherin seit Jahren eine aktive, bedarfsgerechte und innovative Kinder- und Familienpolitik. So biete man neben einer verlässlichen Kinderbetreuung und exzellenten Bildungschancen auch unterschiedliche Fördermöglichkeiten sowie vielfältige Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien. „Mit der Schaffung dieser optimalen Rahmenbedingungen nimmt die Stadt auch indirekten Einfluss auf die Familienplanung“, sagt Grüninger.
Und wie sieht es mit den Hochzeiten aus?
Der schönste Tag im Leben: So wird das Hochzeitsfest von sich liebenden Paaren nicht selten genannt. Wir gehen der Frage nach: Lassen sich seit Ausbruch des Coronavirus weniger Paare trauen, weil ein ausgelassenes Fest – so wie man es sich vorstellt – nicht möglich ist?
Blickt Beatrix Grüninger, Sprecherin der Stadt Donaueschingen, auf die Zahlen, stellt sie fest: „Im Jahr 2020 sind in Donaueschingen 129 standesamtliche Trauungen vorgenommen worden. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies zwar fünf Eheschließungen weniger, gegenüber den 2019 vollzogenen Eheschließungen jedoch zehn Trauungen mehr.“ Folglich könne der leichte Rückgang der standesamtlichen Hochzeiten im Jahr 2020 nicht in direkten Zusammenhang mit Corona gebracht werden, da diese jährlichen Schwankungen unterlägen. Auch aus den Vergleichszahlen der vorgenommenen standesamtlichen Eheschließungen im jeweils ersten Quartal der zurückliegenden Jahre könne kein entsprechender Rückschluss gezogen werden.
Eine klare Einschätzung liefert indes Horst Vetter, Hauptamtsleiter der Stadt Hüfingen. Er eruiert, dass trotz Corona nach wie vor viele Paare standesamtlich heiraten, allerdings die kirchliche Feier bis auf Weiteres verschoben wird – bis sich das Pandemie-Geschehen beruhigt hat. Er rechnet damit, dass der Zeitpunkt kommt, an dem jeder seinen runden Geburtstag, seine Vereinsfeste oder eben die eigene Hochzeit nachholt und dadurch ein mehr als eng getakteter Terminplan auf die Kirchen und Standesämter zukommt. Bislang wurden Vetters Angaben zufolge fünf Eheschließungen im laufenden Jahr durchgeführt, das seien relativ wenig. 2020 seien es im gleichen Zeitraum der ersten vier Monate immerhin neun gewesen, dafür aber über das ganze Jahr gesehen mehr als 2019 – trotz Corona. „Die Gesamtzahl der standesamtlichen Trauungen lag 2020 bei 45, ansonsten liegt diese eher bei 35 bis 40“, fügt der Hauptamtsleiter an.
In Bräunlingen wurden laut Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche im Jahr 2018 insgesamt 26 Ehen geschlossen, 2019 waren es 35 und im vergangenen Jahr 27. „Feststehende Termine wurden beziehungsweise werden verschoben, weil momentan die Möglichkeit nicht besteht, größere Hochzeitsgesellschaften bei der standesamtlichen Trauung zuzulassen“, erklärt er.