Noch vor etwa einem Jahr lagen Darlehenszinsen knapp über einem Prozent, der niedrigste Stand seit Jahrzehnten. Die Inflation war kaum ein Thema, Börsenkurse florierten und Baugrundstücke waren gefragt wie nie. In vielen Gemeinden der Region standen Bauwillige Schlange, um einen der wenigen Plätze zu ergattern. Die Vergabe wurde vielerorts über ein Punktesystem geregelt, um Transparenz zu schaffen.

Seit dem Krieg in der Ukraine haben sich diese Rahmenbedingungen grundlegend geändert. Zinsen und Inflation sind sprunghaft angestiegen. Fast täglich sind Lieferengpässe und Unsicherheiten Thema. Doch macht sich das auch bei den Bauplätzen bemerkbar?

Interessenten springen ab

„Wir verzeichnen einen deutlichen Rückgang bei der Nachfrage nach Bauplätzen. Es springen immer mehr Interessenten ab. Diese Entwicklung ist im ganzen Land zu spüren“, sagt der Bräunlinger Bürgermeister Micha Bächle.

Auch die Zahl der Bauanträge gehe seit dem Sommer deutlich zurück. Als Gründe würden meist die gestiegenen Baukosten, die Inflation und die Zinsen genannt.

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„Wir hatten aber in den letzten Jahren eine extrem hohe Zahl an Bauanträgen im Gegensatz zu den Vorjahren“, relativiert der Bürgermeister. „Ebenso konnten in den vergangenen Jahren sehr viele Bauplätze in kurzer Zeit verkauft werden.“ Außerdem habe man für offene Baugebiete nach wie vor Interessentenlisten, „die wir abarbeiten.“ Und es würden auch immer wieder neue Interessenten hinzukommen.

Bereits im Sommer 2022 wurde die Erschließung des Neubaugebietes Hofwiesen III in Döggingen vergeben. „Dieses wird im neuen Jahr starten.“ Und bei den Gewerbeflächen sieht es noch besser aus: „Hier konnten wir in den letzten Wochen gutes Interesse verzeichnen“, so Bächle weiter. Hier stünden auch Veräußerungen in den nächsten Wochen an.

Im Oktober 2021 entstehen die ersten Häuser im Bräunlinger Wohngebiet am Bregenberg. Damals sind hohe Zinsen, Inflation oder ...
Im Oktober 2021 entstehen die ersten Häuser im Bräunlinger Wohngebiet am Bregenberg. Damals sind hohe Zinsen, Inflation oder Lieferengpässe quasi noch Fremdworte. | Bild: Roger Müller

Acht Bewerber pro Bauplatz

Für Donaueschingen ist es schwieriger, ein aktuelles Stimmungsbild zu zeichnen. Denn: „Bei der Stadt Donaueschingen sind aktuell keine städtischen Bauplätze im Wohnbereich vorhanden“, teilt Verwaltungssprecherin Beatrix Grüninger mit.

Es würden allerdings für zwei Baugebiete die Erschließungsarbeiten laufen: Der vierte Bauabschnitt Am Schützenberg in der Kernstadt sowie im Gebiet „Weiherbrünnele“ in Neudingen. „Für beide Baugebiete sind jedoch der Grundstückspreis und auch das Vergabeverfahren noch nicht festgelegt“, so Grüninger weiter.

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Außerdem führe die Verwaltung lediglich eine unverbindliche Interessentenliste für Baugrundstücke, weshalb eine Entwicklung der Nachfrage nur schwer und nicht eindeutig einschätzbar sei. Ob es einen Rückgang bei der Nachfrage gibt, lasse sich erst dann feststellen, „wenn die Stadt die finalen Verkaufsmodalitäten benennen kann und der Bewerbungsprozess startet.“

Für das anstehende Baugebiet in der Kernstadt seien nach der aktuellen, unverbindlichen Interessentenliste aber acht Bewerber pro Bauplatz vorhanden. Im Bereich der Gewerbeflächen verzeichnet die Verwaltung einen leichten Rückgang der Anfragen. „Dies betrifft insbesondere kleinere Unternehmen“, fügt Grüninger hinzu.

Unter dem Strich sei die Nachfrage in der Kernstadt sowohl im Gewerbe-, als auch im Wohnbereich, höher als in den Ortsteilen. „Dies war aber auch bereits vor der Inflation und dem Ukraine-Krieg der Fall.“

Anfang Dezember findet der Spatenstich für den vierten Bauabschnitt des Wohngebietes am Schützenberg statt.
Anfang Dezember findet der Spatenstich für den vierten Bauabschnitt des Wohngebietes am Schützenberg statt. | Bild: Simon, Guy

Mehr Sanierungen, weniger Neubau

Und welchen Eindruck haben die Banken als Baufinanzierer? „Der grundsätzliche Wunsch nach einem Eigenheim hat bei unseren Kunden nicht abgenommen“, ist sich Michael Pohl sich. Der Sprecher der Sparkasse Schwarzwald-Baar führt weiter aus, dass aber viele dieser Kunden vor denselben Herausforderungen stünden, die bundesweit gelten.

„Aktuell – und das erwarten wir auch für das kommende Jahr – verschiebt sich der Bedarf von Neubaufinanzierungen hin zu Sanierungskrediten“, so Pohl. Das habe mehrere Gründe. Ein wesentlicher Punkt seien die zum Teil schwer kalkulierbaren Kosten beim Neubau. „Während Materialengpässe und Handwerkermangel Baupreise und Bauzeit steigen lassen, führt die Energiekrise zudem zu höheren Neben- und damit Folgekosten.“ Das alles müsse selbstverständlich im Rahmen einer Immobilienfinanzierung berücksichtigt werden.

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Bausparen wieder in Mode

„Viele unserer jungen Kunden, die sich mit dem Wunsch nach den eigenen vier Wänden noch etwas Zeit lassen, bevorzugen derzeit einen Bausparvertrag“, sagt Pohl. Das Ziel der Bausparer: Eigenkapital aufbauen und sich gleichzeitig einen günstigen Finanzierungszins sichern. Das bestätigt auch Andreas Schacherer, Leiter Baufinanzierung: „Bausparen ist wieder sehr beliebt.“

Die Sparkasse spüre außerdem einen deutlichen Trend, dass Kunden großen Wert auf eine umfassende Beratung legen, was beispielsweise beim Thema energetische Sanierung zum Tragen komme und wo viel Verunsicherung herrsche.

Bei Bestandsimmobilien wirke sich die aktuelle Lage bislang kaum auf den regionalen Immobilienmarkt aus. „Es kommen weder spürbar mehr Objekte auf den Markt, noch erfahren wir ein gesteigertes Interesse am Kauf von Bestandsimmobilien“, teil Michael Pohl mit. Diese Zurückhaltung resultiere ebenfalls aus der allgemeinen Unsicherheit bei den Menschen, so seine Einschätzung.

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Warten auf ein Erholung

Ganz ähnliche Entwicklungen beobachtet Dieter Dreher, Bereichsleiter Immobilien der Volksbank – Die Gestalterbank. „Ab August 2022 hat sich die Nachfrage reduziert. Neben den gestiegenen Zinsen haben auch die hohen Baupreise, sowie Lieferschwierigkeiten wichtiger Baumaterialien dazu geführt, dass die Menschen ihr Vorhaben, zumindest vorerst, aufgegeben haben“, berichtet er.

Er vermutet eine Kombination mehrerer Gründe als Ursache für diese Entwicklung und die Menschen zögern lässt. Die genannten Gründe würden ein Vorhaben kaum noch kalkulierbar machen.

Zum Immobilienmarkt sagt er: „Die Preise für Immobilien bewegen sich seitwärts.“ Allerdings würden sie wieder stärker verhandelt, so seine Einschätzung. „Verkäufer sind zurückhaltend und warten auf eine ‚Erholung‘. Käufer sind zurückhaltender, weil sie auf fallende Preise hoffen.“

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