Der Traum von den eigenen vier Wänden ist bei vielen Menschen in Deutschland tief verwurzelt und vermutlich auch gesellschaftlich geprägt. Aber der Weg dahin wird immer mehr zu einem sehr teuren Ausdauerlauf. Die Immobilienpreise sind seit 2015 regelrecht explodiert, die Nachfrage ist riesig. „Und das Angebot klein“, bestätigt Daniel Giusa im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Er ist Inhaber der Firma Reichmann Immobilien in Donaueschingen. Dieses Ungleichgewicht ist auch hier in der Region deutlich spürbar, nicht nur in großen Städten.
Marktlage
„Der Markt ist überhitzt“, so Giusa. Die Folge: Hohe Preise für Käufer und hohe Erwartungen bei Verkäufern. „Preise und Vorstellungen sind häufig losgelöst von den substanziellen Werten.“ Eine Immobilienblase sieht der Makler allerdings nicht. Zur Veranschaulichung der aktuellen Situation nennt er ein Objekt, welches er erst kürzlich im Angebot hatte. Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich 70 Interessenten bei ihm für das Mehrfamilienhaus in Dauchingen, welches mit 430.000 Euro bereits recht positiv angesetzt war. „Zwölf Interessenten waren sogar bereit, einen noch höheren Preis zu zahlen, um den Zuschlag zu bekommen“, so Giusa. Vor 2015 habe es Zeiten gegeben, da hatten sich nur drei bis vier Interessenten auf ein solches Angebot gemeldet, erinnert er sich und nennt ein weiteres Beispiel. Eine Einzimmerwohnungen in Hagelrainstraße kostete bis 2015 rund 8000 bis 12.000 Euro, heute liege der Preis bei 80.000 Euro, was in Teilen aber auch mit der Inhaberstruktur dort zusammenhänge.
Fehlende Anlagemöglichkeiten
Als Grund für den deutlichen Anstieg der Nachfrage sieht der erfahrene Makler die Inflationsangst, vor allem bei älteren Menschen, sowie fehlende, alternative Anlagemöglichkeiten. Negativzinsen für größere Guthaben sind keine lohnende Investition. Anlagen in Aktien und Indexfonds (ETFs) würden viele Menschen noch immer abschrecken, aufgrund von Risiken und der Komplexität der Materie. Bleiben für viele Menschen nur die Immobilien. Große Preisunterschiede zwischen Donaueschingen, Bad Dürrheim oder Villingen-Schwenningen sieht Giusa derzeit nicht. Lediglich in einigen Umlandgemeinden, oder in Richtung Blumberg sei ein Gefälle spürbar.
Verkäuferseite
„Viele ältere Menschen suchen zum Kauf oder zur Miete eine zentrumsnahe Wohnung für ihren Ruhestand. Dafür würden sie auch ihr Haus verkaufen“, erzählt der Makler. Dieses Angebot kann er seinen Kunden derzeit aber nicht bieten, der Generationenwechsel in vielen Wohngebieten muss noch warten. „Es gibt einfach zu wenige freie Wohnungen.“ Giusa hofft daher auf die neuen Wohnungen auf dem Konversionsgelände. Dann könnten wieder mehr Häuser auf den Markt kommen.
Wer die Käufer sind
Wenn Nachfrage und die Preise so hoch sind, wer sind dann die vielen Interessenten? Sind es nur Investoren, Besserverdiener und Unternehmer, für die Geld weniger eine Rolle spielt? „Nein“, sagt Giusa dazu. „Häufig sind es junge Paare im Alter zwischen 25 und 30 Jahren, oder junge Familien. Die sind nicht selten bereit, bis zu 450.000 Euro zu investieren.“ Viel Geld für junge Menschen, das ist Giusa bewusst, doch viele seien aus einer Erbengeneration oder würden von ihren Eltern bei der Finanzierung unterstützt. Und wenn beide Partner berufstätig sind, sei ein solcher Betrag finanzierbar. „Es gibt deutlich mehr Finanzierungen, die funktionieren, als die, die nicht zustande kommen.“ Käufer sollten rund 20 Prozent Eigenkapital auf der hohen Kante haben. Allerdings: Auch Einkommen, Zustand und Lage der Immobilie hätten Einfluss auf Konditionen wie Zinssatz und Eigenkapitalquote.
Beliebte Objekte
Generell seien zentrumsnahe Objekte jüngeren Datums am Beliebtesten. Dabei werden Eigentumswohnungen, Einfamilien- und Reihenhäuser gleichermaßen gefragt, weiß Giusa. In Donaueschingen zählt Giusa die Siedlung, die Talstraße und das Gebiet am Vogelsang als gefragte Wohngebiete auf. Eine enorme Aufwertung hat er in Bräunlingen beobachtet. Dort sei zum Beispiel der Galgenberg sehr beliebt. Und auch in Hüfingen sei die Nachfrage groß.
Die besten Chancen für Käufer sieht der Makler noch in den Umlandgemeinden. Moderatere Preise und weniger Konkurrenz lassen die Erfolgsaussichten für ein Eigenheim steigen. Ansonsten helfe derzeit nur Geduld und etwas Glück.
Auf der Verkäuferseite hingegen kann es schnell gehen. Während vor dem Boom noch Vermarktungszeiten von drei bis sechs Monate gängig waren, würden Objekte jetzt innerhalb von vier bis zwölf Wochen die Besitzer wechseln.
Entwicklung
Ein Indikator, der die aktuelle Entwicklung gut verdeutlicht, sind die Zwangsversteigerungen. 2014 war Giusa an 130 beteiligt. 2015 waren es deutlich unter 100, Tendenz bis heute weiter fallend. „Das zeigt, dass die Eigentümer ihre Immobilien einfach privat verkaufen konnten.“ Die damals plötzlich gestiegene Nachfrage erklärt er auch mit der Flüchtlingskrise. Zuvor stagnierte der Markt lange Jahre. Parallel dazu wurde das Bauen immer teurer. Heute sollen die Preise für Neubauten bei 3800 bis 4000 Euro pro Quadratmeter liegen. „Vor 2015 lag dieser Wert lange Zeit bei 2800 bis 3000 Euro.“
Zukunft ungewiss
„Momentan sehe ich eine Erholung des Marktes in keiner Weise“, sagt Giusa. Entscheidende Kriterien für die weitere Entwicklung seien der Zinsmarkt und die Arbeitslosenquote. Diese beiden Faktoren könnten die aktuelle Situation auch schnell wieder verändern.