Was Julian Lechner und Jessica Napowanez in der Pandemie auf die Beine gestellt haben, das ist ein richtiger Saftladen. Das ist nicht despektierlich, sondern eine Tatsache. Aber was hat es damit genau auf sich?

Das Paar arbeitet im Hotel Öschberghof, Julian Lechner steht dort im mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Ösch Noir als Souschef hinter dem Herd. Dort tüftelt er mit Chefkoch Manuel Ulrich an neuen Rezepten und Ideen.

Und wer keine Alkohol trinken möchte, dem bietet sich eine auf das Menü abgestimmte Alternative: geschmacklich abgestimmte Säfte, die sich Julian Lechner ausgedacht hat.

Wie kam es dazu?

Der Koch trinkt keinen Alkohol und hat sich überlegt, wie man im Restaurant etwas anbieten könnte, das zum Essen passt. Er macht sich an die Arbeit und tüftelt eine ausgeklügelte Saftbegleitung aus. Bei den Gästen im Ösch Noir kommt das an. Dann kommt die Pandemie. Und die Idee entwickelt sich weiter – und wird mittlerweile sogar in Flaschen abgefüllt.

Das könnte Sie auch interessieren

„Ich habe ein Gericht und überlege dann, was dazu passt. Wichtig war uns, dass es nicht zu süß ist und leicht daherkommt“, sagt Lechner. „Hat man etwa ein Steak, Sauce Bérnaise und Spargel, dann ist dazu der Saft aus roter Zwiebel spannend.“ Das habe man dann Zuhause verfeinert: „Wir haben gegessen und geschaut, was passt dazu als Begleitung“, sagt Lechners Freundin Jessica Napowanez.

Der Geschmack der roten Zwiebel

Gerade bei der roten Zwiebel seien viele verblüfft gewesen, erklärt sie: „Das konnte sich niemand vorstellen. Es schmeckt aber fruchtig und fast eher nach Beere. Wenn im Ösch Noir nichts gesagt wurde, dann war der erste Tipp, es sei irgendeine Beerensorte.“

„Das Ganze wurde zeitlich schwierig. Dann kam Corona und wir entschieden uns, alles selbst zu machen“, erklärt Lechner. Die beiden machen sich an die Arbeit. Es entsteht ein Konzept, ein Markenname, das Design, die Homepage und ein E-Shop. Alles wirkt wie von Profihand geschaffen: „Wir haben das alles selbst gemacht. Ich probiere gerne aus, so ist die Homepage entstanden“, sagt der Koch. Die Etiketten werden von Hand aufgeklebt.

Die Burg als Saftküche

Die Säfte sind mittlerweile online zu kaufen. Und wo entstehen sie? „Produziert wird alles in der Küche der Burg in Aasen„, erklärt Jessica Napowanez. Mit Jason und Niklas Grom sei man befreundet und dürfe die Küche nutzen: „Für die rechtlichen Vorgaben brauchen wir auch eine richtige Küche dafür.“ Seit September 2021 ist „Julian‘s Saftladen“ an den Start gegangen.

Das Sortiment

Aktuell habe man zehn Saft-Sorten als Standard im Sortiment: „Das wollen wir erst mal nicht ändern. Es ist viel dabei, das kombiniert und zu verschiedenen Speisen benutzt werden kann“, erklärt Lechner. Saisonal biete man auch mal zusätzlich etwas an, so wie Rhabarber-Holunderblüte. „Wir überlegen auch, speziell für die Winterzeit etwas anzubieten“, sagt Napowanez.

Das könnte Sie auch interessieren

Einen Favoriten unter den Sorten zu bestimmen, das sei schwierig: „Rhabarber-Holunderblüte ist schön zum Essen, geht aber auch so gut. Allerdings sind die Sorten so unterschiedlich, dass sie eben in einem Menü als Begleitung auftreten“, sagt Lechner. Je nachdem, was man eben esse. „Wer etwa bittere Noten mag, wie in Martini oder Aperol, dem wird auch der Dry Fenchel schmecken“, so Napowanez.

Die zehn Standard-Sorten seien auch für die Kunden wichtig. Dazu zählen nämlich auch andere Sterne-Restaurants, so auch die Schwarzwaldstube des Hotels Traube Tonbach mit drei Michelin-Sternen: „Sie brauchen die Gewissheit, wenn sie einen Saft als Begleitung auf die Karte nehmen, dass sie den auch bekommen“, so Lechner.

Die Saft-Palette umfasst die unterschiedlichsten Kombinationen, wie etwa Paprika-Kirsch, Rote Zwiebel oder Blutorange Kokos.
Die Saft-Palette umfasst die unterschiedlichsten Kombinationen, wie etwa Paprika-Kirsch, Rote Zwiebel oder Blutorange Kokos. | Bild: Manuel Ulrich

Und dass das passiert, hat das Paar alle Hände voll zu tun: „Der Saftladen ist eigentlich sieben Tage“, erklären sie. Meist wird an den Tagen, an denen sie im Öschberghof frei haben neuer Saft hergestellt: „Wir machen das nicht jede Woche, da wir schon ein kleines Lager haben. Aber wir füllen alles selber ab.“ Inzwischen benutzen sie auch eine kleine Abfüllanlage.

„Da sind schnell mal 50 Kilo Sellerie oder 40 Kilo Tomaten weg“, sagt Jessica Napowanez. Zur Orientierung: „In einer Flasche sind etwa 1,5 Kilogramm Sellerie enthalten“, so Lechner Eine Flasche fasst 330 Milliliter. „So kommen auch die Preise zustande. Der Geschmack entsteht durch das Produkt – und das ist natürlich aufwendig“, erklärt Napowanez.

Mund-zu-Mund-Propaganda

Weil sie das Geschäft nebenbei machen, wollten sie nicht zu viel Risiko eingehen: „Viel ist über Mund-zu-Mund-Propaganda zustande gekommen. Man kennt sich in der Gastronomie.“ So werden die beiden zu einem Tasting eingeladen, worüber ein anderes Sterne-Restaurant davon erfährt.

Das könnte Sie auch interessieren

Man merke auch, dass alkoholfrei ein Thema sei, das immer stärker komme: „Es ist ein Nischenprodukt und viele Sommeliers können mit einer alkoholfreien Begleitung nicht umgehen.“ Im Ösch Noir merke man, dass viele Gäste, „richtige Weinkenner“, dann doch mal ohne Alkohol probieren. Das ist keine Seltenheit“, sagt Napowanez.

Und wie geht es weiter?

Die beiden freuen sich „über jedes Restaurant, das eine alkoholfreie Begleitung anbietet. Aber wir wollen, dass es langsam wächst und einfach mal schauen. Wir sind da offen“, so Lechner.