Alles wird teurer: Benzin, Nahrungsmittel, Baustoffe, Mikrochips. Auch die Papier- und Kartonpreise steigen und steigen. „Die Entwicklung des vergangenen Jahres ist so, wie seit 50 Jahren nicht mehr“, sagt Christof Bromberger. Der Geschäftsführer von Bromberger Packungen spielt damit auf die Ölkrise in den 1970er Jahren an.

Das gab es noch nie

Sein Unternehmen stellt Faltschachteln her. Der Rohstoff dafür: Karton. „Die alten Hasen unter unseren Kunden und Lieferanten sagen, dass es so was in ihrem ganzen Leben noch nicht gegeben hat“, erzählt Bromberger.

„Es ist wie in der Planwirtschaft“, sagt Cristof Bromberger, Geschäftsführer von Bromberger Packungen in Donaueschingen, zur ...
„Es ist wie in der Planwirtschaft“, sagt Cristof Bromberger, Geschäftsführer von Bromberger Packungen in Donaueschingen, zur aktuellen Lage auf dem Papier- und Kartonmarkt. | Bild: Roland Sigwart/Bromberger Packungen

„Es trifft uns wie alle anderen Branchen, wie Metall oder Holz“, sagt der Diplom-Ingenieur. Schon im Jahr 2021 hätten sich die Preise für Karton in vier bis fünf Schritten um bis zu 50 Prozent verteuert. Und auch 2022 habe mit gleich mehreren Preisrunden von je bis zu zehn Prozent angefangen.

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Die Lieferzeiten haben sich verfünffacht, teilweise sogar verzehnfacht. Aus ein oder zwei Wochen werden mehrere Monate. Falls das Material überhaupt ankommt: „Inzwischen bekommen wir von den Lieferanten nur noch Kontingente“, erzählt Bromberger. „So eine Zuteilung von absoluten Mengen, das war in den vergangenen Jahrzehnten vollkommen unbekannt. Es ist wie in der Planwirtschaft.“

Blick ins Rohwarenlager bei Bromberger Packungen in Donaueschingen am 10 März 2022..
Blick ins Rohwarenlager bei Bromberger Packungen in Donaueschingen am 10 März 2022.. | Bild: Bromberger Packungen

Selbst mit mehr Geld sei nichts zu machen. „Du bekommst trotzdem nicht mehr“, laute die Antwort der Lieferanten. Mit der Entspannung der Corona-Pandemie 2021 habe es die Hoffnung gegeben, dass die Lage bald besser werde. „Aber es wurde schlimmer“, sagt Bromberger.

Lagerhaltung ist wieder angesagt

Das Donaueschinger Unternehmen nutze seine Monatskontingente aus und kaufe seine Lager voll. „Hätte ich früher in Rohmaterial investiert, hätte jeder Controller gesagt, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank“, sagt Christof Bromberger. „Null Lagerhaltung war immer die Regel, aber jetzt ist alles auf den Kopf gestellt.“

Jede Ecke wird im Lager genutzt. Der wertvolle Rohstoff – oft auf Vorrat eingekauft – stapelt sich bis unter die Decke.
Jede Ecke wird im Lager genutzt. Der wertvolle Rohstoff – oft auf Vorrat eingekauft – stapelt sich bis unter die Decke. | Bild: Bromberger Packungen

Und auch bei den Zulieferern haben sich die Gepflogenheiten geändert. „Früher wurden wir vom Vertriebler noch vorsichtig auf eine anstehende Preissteigerung eingestimmt“, erzählt der Unternehmer. Heute komme eine Mail, in der das für die nächste Lieferung einfach festgesetzt werde. „Stellen Sie sich vor, Sie kaufen im Supermarkt eine Tüte Chips und an der Kasse gilt dann plötzlich ein völlig anderer Preis als noch am Regal“, zieht Bromberger einen Vergleich.

Sinnstiftende Krise

Unterkriegen lassen möchte sich Bromberger von der aktuellen Entwicklung aber nicht. Er sucht – „gesamtphilosophisch“, wie er es nennt – vielmehr nach einer Lehre, die sich aus den vergangenen zwei Jahren ziehen lässt. „Vielleicht hat das in uns geradegerückt, was sinnvoll und notwendig ist und was Luxus und unnötig ist“, sagt er.

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Christof Bromberger geht von einer Neujustierung des Gefühls dafür aus, was normal sei. „Das Erlebte lässt uns hoffentlich, bescheidener werden, mit einem gesunderen Blick aufs Wesentliche.“

Dramatische Erhöhungen

Auch in Bräunlingen bei Straub Verpackungen haben die Rohstoffpreise Auswirkungen. Das Unternehmen stellt Verpackungen aus Wellpappe her. „Die Rohstoffpreiserhöhung hat bei uns dramatisch eingeschlagen“, sagt der Kaufmännische Geschäftsführer Steffen Würth.

Steffen Würth ist kaufmännischer Geschäftsführer bei Straub Verpackungen.
Steffen Würth ist kaufmännischer Geschäftsführer bei Straub Verpackungen. | Bild: Straub/Verpackungen/Michael Stifter - Photography & Digital-Art

Allein von November 2020 bis Ende 2021 habe es eine Steigerung von etwa 70 Prozent gegeben. Zudem hätten schwache Lieferketten und Teuerung zu einer Gefährdung der Liefersicherheit geführt.

Bei Straub Verpackungen in Bräunlingen werden Kartons zusammengefaltet. Die Firma kann nach eigenen Angaben noch ihre Kunden beliefern.
Bei Straub Verpackungen in Bräunlingen werden Kartons zusammengefaltet. Die Firma kann nach eigenen Angaben noch ihre Kunden beliefern. | Bild: Straub-Verpackungen

Seit Herbst komme dann noch die Entwicklung bei den Energiepreisen hinzu. „Sechs bis sieben Papierfabriken haben ihre Produktion eingestellt, weil die Energiekosten exorbitant gestiegen sind und sich die Produktion nicht mehr lohnt“, sagt Würth. „Teilweise liefern sie noch weiter, wenn die Kunden bereit sind, die Energieaufschläge zu zahlen.“

Preise erreichen Verbraucher noch nicht

In den Verbraucherpreisen seien diese Steigerungen momentan noch gar nicht eingerechnet. „Und dann noch die Inflation, ich darf gar nicht daran denken“, sagt der Straub-Geschäftsführer. Außerdem habe Russland das Gas ja noch gar nicht verteuert oder die Lieferungen reduziert. „Die schwere Zeit steht uns erst noch bevor“, so Steffen Würth.

Ein Stapel Wellpappe wird in eine Maschine eingeführt.
Ein Stapel Wellpappe wird in eine Maschine eingeführt. | Bild: Straub-Verpackungen

Straub könne seine Kunden noch beliefern. „Für außerplanmäßige Aufträge oder eine Steigerung der Produktion gelingt es uns aber nicht, ein Pufferlager aufzubauen.“ Die Belieferung mit den Rohstoff passe noch, aber auch Straub bekomme sein Papier nur gegen höhere Preise. „Das müssen wir umlegen aufs Produkt – und das inzwischen mit nicht mehr als wenige Wochen Versatz“, sagt Würth, der Wellpappverpackungen als Gleitmittel der Volkswirtschaft bezeichnet.

Wie kommt es zu den Preissteigerungen?

Tipps der Profis für gebrauchte Kartons

  • Anlageform Karton? Wer jetzt das große Geschäft mit dem Recycling von Papier, Pappe oder Karton wittert, wird von Christof Bromberger enttäuscht. Zwar werde die Tonne des raren Rohstoffs derzeit für ungefähr 200 Euro gehandelt, das nutze Privatleuten aber nur wenig, dämpft er jedwede Goldgräberstimmung. „Da können Sie sicherlich ein paar Benzinrechnungen von bezahlen, was heutzutage ja schon attraktiv ist“, sagt er. „Aber um das Material sinnvoll zum Händler transportieren zu können, müssten Sie zunächst eine gebrauchte Presse für ein paar tausend Euro anschaffen.“
  • Das Kreislaufsystem: „Karton und Papier gehören zurück in den Recycling-Kreislauf, also in die grüne Tonne“, sagt Christof Bromberger. „Die Wellpapschachtel ist ein Einwegprodukt und wesentlicher Bestandteil eines Kreislaufsystems“, sagt auch Steffen Würth. „Mit dem Ende des Lebenszyklus haben wir einen Rohstoff und keinen Müll.“ Daher gehöre der gebrauchte Karton ins Recycling. Das helfe, den Anteil an Frischfaser zu verringern. Gut 25-mal könne Pappe durch den Kreislauf wandern. „Damit tun Sie auch der Ökologie einen Gefallen“, sagt Würth.
  • Die Klassiker: Soll der Karton dennoch daheim weiterverwendet werden, empfehlen die Geschäftsführer Steffen Würth und Christof Bromberger das Basteln mit den Kindern – beispielsweise einen Sonnenhut für den Sommer oder ein Häuschen. Und mit Kartons und Schachteln lasse sich natürlich auch ein Lagersystem im Keller einrichten. Oder ein Lagerfeuer anzünden.