Reisebüros haben es nicht erst seit Corona schwer. Denn heutzutage greifen Geschäftsleute und Urlauber bei Buchungen gern auf Online-Angebote zurück. Treibt die unglaubliche Dynamik der Pandemie diesen Trend weiter voran? Und wie geht es Reisebüros auf der Baar? Der SÜDKURIER hat nachgefragt.

In der Donaueschinger Reisewelt befinden sich die Mitarbeiter seit April 2020 in Kurzarbeit, vieles wird im Homeoffice erledigt. Ein Auszubildender ist laut Büroleiterin Gabi Allaut nicht übernommen worden, habe aber ohnehin studieren wollen. „In unserem Waldshuter Büro ist es mit zehn Angestellten noch dramatischer“, berichtet Allaut. Ohne die staatlichen Überbrückungshilfen hätte es ihr zufolge noch schlimmer ausgesehen. Dennoch seien Monate ins Land gezogen, bis diese auch in vollem Umfang angekommen seien.

Branche schwer gebeutelt

Jammern wolle sie nicht, man müsse eben das Beste aus der schwierigen Situation machen. Nach wie vor seien Reisebüros vor große Herausforderungen gestellt, denen man sich anpassen müsse. „Corona hat unsere Branche fest im Griff, bestimmt unser tägliches Handeln“, sagt die Reiseverkehrskauffrau. Erschwerend komme hinzu, den Überblick zu behalten, was die jeweils geltende Verordnung angeht: „Wer darf wann aufmachen, wer nicht? Durch die schnelle Dynamik kann es heute so sein und morgen anders.“ Dadurch sei auch der interne Personaleinsatz schwierig zu organisieren.

Viele Stammkunden

Seit mittlerweile rund einem Jahr sei es das Donaueschinger Reisebüro gewohnt, auf aktuelle und erschwerende Bedingungen zu reagieren. Der Wunsch Allauts sei es, Kunden wieder verlässlich in Präsenz zu betreuen – „das ist unser Ziel“. Profitieren würde das Team von den vielen Stammkunden, die dem Büro die Treue hielten: „Andere Branchen leben fast ausschließlich von Laufkundschaft. Wir haben einen Stamm, den man sich aber über Jahre hinweg aufbauen muss.“

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Gabi Allaut spricht von im Durchschnitt aktuell zwei bis drei Buchungen pro Woche, oder etwas mehr. Unter dem jetzigen Gesichtspunkt sei das nicht schlecht, es sei eine gewisse positive Tendenz zu erkennen. „Aber im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten ist das natürlich ein Witz“, fügt sie an.

Ein leidiges Thema ist ihrer Aussage nach, dass manche Reiseveranstalter im März 2020 ihre Telefonleitungen abgestellt haben. Teilweise dauert es deswegen, bis Anliegen und Fragen, die eine schnelle Klärung verlangen, auch bearbeitet werden, erzählt die Reiseverkehrskauffrau. Genauso sei das bei Buchungen, die sich bis zu mehr als anderthalb Wochen ziehen würden. Vor allem beim Anbieter TUI sei das so. „In der Regel funktioniert gerade alles per Mail oder Chat, bei den Veranstaltern sind auch viele im Homeoffice und in Kurzarbeit. Aber eine zufriedenstellende Antwort gibt es auf diesem Weg selten. Das ist dann mühsam und zäh, wenn man zum Beispiel in der Wartschleife hängt und erst einen Rückruf beantragen muss“, sagt Allaut. Manche seien besser erreichbar, andere weniger.

Lichtblick Mallorca

Dass jüngst die Reisewarnung für das beliebte Urlaubsziel Mallorca aufgehoben wurde, sei für die ganze Branche ein Mutmacher, ein positives Signal: „Das Telefon bei uns ist gegangen. Die Leute stehen in den Startlöchern, sie wollen reisen und fragen auch wegen anderen spanischen Reisezielen nach“, berichtet Allaut. Ihr zufolge haben Veranstalter sogar Zusatzflüge – beispielsweise am Stuttgarter Flughafen – angeboten. Sie geht davon aus, dass es bei einer höher werdenden Nachfrage zu extremen Preisschwankungen kommt: „Die Fluggesellschaften und Hotels müssen ja auch wieder Geld verdienen.“

Ärger über schlechten Ruf

Was Gabi Allaut einfordert, ist mehr Zutrauen und Wertschätzung von der Politik. Tourismus werde nicht immer berücksichtigt, in Corona-Zeiten oft ein Stück weit verurteilt, sobald den Menschen vom Reisen abgeraten wird. Reisewarnungen tun laut der Reiseverkehrskauffrau den Rest. Allaut verweist auf eine Studie des Robert Koch-Instituts, nach der Pauschalurlauber keine Pandemietreiber seien. Ist die Reise vorab gut geplant, Flüge und Hotelaufenthalt gebucht, könne alles kontrolliert stattfinden. Kritisch zu betrachten seien vielmehr Selbstfahrer, die auf eigene Faust – womöglich mit menschenvollen Autos – in den Urlaub aufbrechen. „Unsere Branche hat bereits gezeigt, dass verantwortungsvolles Reisen unter Einhalten der Hygienemaßnahmen möglich ist“, sagt Allaut. Sie fordert mehr Planungssicherheit von den Entscheidungsträgern, das habe lange nahezu komplett gefehlt. „Bei uns ist jeder mit Leidenschaft dabei, ich mache den Job selbst seit 25 Jahren.“

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Und wie plant das Donaueschinger Reisebüro die anstehende Sommersaison? „Wir denken positiv. Die Impfungen geben Anlass zu der Hoffnung, dass Reisemöglichkeiten wieder mehr werden. Aktuell ist sie noch sehr zart, aber es ist wieder Hoffnung da“, sagt Allaut. Ein ganzes Jahr opfere man sich nun schon auf, monatelang habe man quasi ehrenamtlich gearbeitet: „Das Reisebüro bekommt nur eine Provision, wenn die Reise auch zustande kommt. Der Sommer 2020 ist von den Kunden größtenteils 2019 gebucht worden, da war noch alles gut.“ Wegen Corona habe es dann zahlreiche Stornierungen gegeben, was wiederum zu fehlenden Verdiensten führte – trotz geleisteter Arbeitszeit. „Normalerweise haben wir von Januar bis März eine Urlaubssperre mit Überstunden ohne Ende. Denn in dieser Zeit planen die Menschen ihren Jahresurlaub, da wird bei uns jeder gebraucht“, führt Allaut aus. In der Pandemie mit Kurzarbeit sei das ganz anders.

Reiselounge hält sich über Wasser

Als „nach wie vor sehr angespannt“ bezeichnet Susanne Streng-Furger von der Reiselounge in Hüfingen die Lage. Durch die Einschränkungen und Empfehlungen der Regierung bewegen sich das Buchungsaufkommen „und somit unsere Einnahmen“ seit Mitte 2020 nahe Null, das Reisegeschäft sei dadurch in der Corona-Zeit komplett zum Erliegen gekommen. „Zu Beginn der Krise hatten wir noch alle Hände voll zu tun, unsere Kunden aus dem Ausland zurück nach Deutschland zu holen sowie die Rückabwicklung bestehender Buchungen zu erledigen“, erklärt die Reiseverkehrskauffrau. „Finanziell können wir uns dank unserer Reserven, der Corona-Hilfen, Kurzarbeitergeld, und vor allem der großzügigen Unterstützung unserer Vermieter über Wasser halten.“

Blick von außen auf die Reiselounge im Stadtgebiet von Hüfingen.
Blick von außen auf die Reiselounge im Stadtgebiet von Hüfingen. | Bild: Singler, Julian

Große Sehnsucht

Mit der Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca rechnet die Reiselounge mit einer moderaten Nachfrage der Kunden, so Streng-Furger. Die Unsicherheit sei noch immer sehr groß. Und auch das Angebot bei Flügen und Unterkünften müsse sich erst wieder zeigen. „Die Situation für die Sommersaison ist trotz der zu erwartenden Entspannung mit dem Fortschritt der Impfungen nach wie vor sehr unklar. Wir spüren von unseren Kunden, dass sie sehnlichst darauf warten, endlich wieder an ihre Wunschziele verreisen zu können“, berichtet Susanne Streng-Furger. Und genau das stimme das Reiselounge-Team zuversichtlich „und gibt uns die Kraft, die Krise durchzustehen“. Die Reiseverkehrskauffrau ergänzt: „Unser Motto ist ‚Corona kommt und geht – wir bleiben‘.“