Donaueschingen Nach der musikalischen Eröffnung durch die Quellenländer-Kapelle begrüßte Oberbürgermeister und Hausherr Erik Pauly 350 geladene Gäste bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen der Landwirtschaftsschule. Dabei hob er die Bedeutung der Schule für die Bildungsstadt Donaueschingen hervor. Ebenso ging Pauly auf die gute Zusammenarbeit der Schule und der Stadt ein und bekräftigte, dass die Stadt auch für die Zukunft ein verlässlicher Partner sein werde.
Landrat Sven Hinterseh, als Vertreter des Schulträgers, dankte den ehemaligen und dem aktuellen Lehrerkollegium für ihr Engagement. Durch die Fachschulen, die vor 100 Jahren und auch schon früher an verschiedenen Orten in Baden und Württemberg entstanden sind, habe man Wissen auf die Höfe gebracht, um effizienter zu wirtschaften und eine bessere Ernährungsversorgung für die Bevölkerung herzustellen. Er stelle auch bei landwirtschaftlichen Besuchen fest, dass manchmal drei bis vier Generationen der Betreiber ihre Ausbildung an der Landwirtschaftsschule gemacht haben. Diese Kontinuität solle durch rechtliche und politische Rahmenbedingungen weiter gefestigt werden.
Wandel der Strukturen
Michael Krumm, Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Freiburg, ging auf den Strukturwandel der letzten 100 Jahre in der Landwirtschaft ein. Vor 100 Jahren seien noch circa 40 Prozent der Erwerbstätigen, erhoben nur für Baden, in bäuerlichen Betrieben tätig gewesen, heute seien es noch 1,6 Prozent der Erwerbstätigen – für ganz Baden-Württemberg. Gleichzeitig müsse dennoch mehr an Versorgung produziert werden. Daran könne man den hohen Stellenwert des Wissenstransfers der Schulen auf die Höfe ablesen. Wissensvermittlung sei ein zentraler Produktionsfaktor geworden.
Auch Bernhard Bolkart, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), beleuchtete den erfolgten Strukturwandel in der Landwirtschaft. Von ehemals über 90 Schulen sind heute noch 9 Standorte übrig, die aktuell jährlich um die 350 Schüler ausbilden. Herausforderungen wie die Digitalisierung, Technologieerweiterung, Klimawandel und Diversitätsverlust könne man nur mit einer guten Ausbildung begegnen. Dem BHLV sei eine weitere enge Zusammenarbeit mit der Schule wichtig, da der Austausch zwischen Theorie und Praxis sich weiter entwickeln müsse.
Reiner Schnekenburger, der Vorsitzende des Vereins Landwirtschaftlicher Fachbildung Schwarzwald-Baar und Mitorganisator des Festaktes, gratulierte im Namen des Vereins und wünschte sich weiter eine konstruktive Zusammenarbeit.
Die Amts- und Schulleiterin, Gertraud Lohrmann, gab im Rahmen einer Bildpräsentation einen Überblick zu den verschiedenen Standorten der Schule, zeigte Fotos von Klassen und Lehrräumen aus früheren Jahrzehnten. Die aktuelle Abschlussklasse präsentierte in einem Image-Video die vielen Gründe, warum die Ausbildung an der Schule das Rüstzeug für den Berufseinstieg sei.
Bedeutung der Landwirtschaft
Hauptredner des Festaktes war Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Er überbrachte die Glückwünsche der Landesregierung. Er sehe aktuell und in der Zukunft Risiken in der Produktivität, bedingt durch klimatische Einflüsse. Umso wichtiger sei es, erforderliche Kenntnisse in Schulen zu vermitteln. Bedeutend seien auch die Angebote der Schule für Nebenerwerbslandwirte, denn diese würden künftig noch mehr gebraucht, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Für ihn sei auch die Ausbildung zur Hauswirtschafterin eine wichtige Komponente, da man diese Multifunktionsfähigkeiten im ländlichen Raum immer wieder benötige.
Fachschulen würden die Jugendlichen darauf vorbereiten, die Grundkenntnisse für den Berufseinstieg zu erwerben. Lebenslanges Lernen sei der Motor für nachhaltigen beruflichen und persönlichen Erfolg. Die Entwicklung in der Produktionstechnik erfordere kontinuierliche Weiterbildung im Berufsalltag. Die Landesregierung habe daher eine Qualitätsoffensive in den grünen Berufen auf den Weg gebracht.
Um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden, brauche es mehr Verlässlichkeit, Schnelligkeit und Entscheidungsfreude in der Verwaltung. Projekte sollten ermöglicht und nicht verhindert werden. Es sei nicht zumutbar, dass für einen einfachen Stallbau eine ein- bis zweijährige Genehmigungsphase erforderlich ist. Vor allem in der Tierhaltung bedürfe es mehr Verlässlichkeit, denn „wir brauchen Tiere, wir brauchen Proteine, Fleischgenuss ist gesund, entscheidend ist das Maß“, rief der Minister in den Saal. Er sei auch überzeugt, dass biotechnologische Verfahren zur raschen Bewältigung des Klimawandels gewährt werden müssen. Allerdings sollten keine Patente vergeben werden, um eine profitorientierte Nutzung auszuschließen.
Schließlich überreichten Minister Hauk und Landrat Hinterseh elf Schülerinnen der Teilzeitklasse Hauswirtschaft ihre Abschlusszeugnisse. Gertraud Lohrmann erhielt ihre Entlassungsurkunde in den Ruhestand. Entertainer Niki König rundete mit nachdenklichen und doch humorvollen Beiträgen den Festakt ab.