Seit dem Jahr 2004 ist Michael Rau im Palettengeschäft tätig. Noch nie hat er einen Brand miterlebt – bis zum Mittwochmorgen, 28. Juli, als um kurz nach 4 Uhr ein Alarm bei der Feuerwehr eingegangen ist. „Wenn man mit Holz arbeitet, ist immer eine gewisse Gefährlichkeit mit dabei. Holz brennt, Metall nicht. Und klar, Kunststoff kann auch brennen, aber in einer anderen Dimension“, erzählt der Niederlassungsleiter von Bregwerk Paletten in Wolterdingen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER blickt er auf den nervenaufreibenden Vorfall zurück.

Es war sein erster Arbeitstag nach einem Urlaub, berichtet Rau. Auf der Fahrt ins Büro habe er bis zuletzt gedacht: „Da wird doch wohl bei uns nichts passiert sein.“ Dann aber muss er genau das feststellen. Die 45 Mitarbeiter und er seien komplett überrascht worden. „Der Alarm ist von der Brandmeldeanlage ausgelöst worden. Das Gute ist, dass wir eine Brandmeldeanlage haben, die ist nämlich nicht Vorschrift“, erklärt Rau. Dadurch sei die Feuerwehr zügig angerückt.
„Ich habe mich immer gefragt, wie ein Brand bei all den Sicherheitsvorkehrungen überhaupt passieren kann. Als ich es dann hier erlebt habe, bin ich leise geworden“, sagt Michael Rau. Brandschutz spiele in der gesamten Branche eine wichtige Rolle, sowohl was die Holzverarbeitung angehe als auch die -bearbeitung.

Wie es dennoch zu dem Feuer bei Bregwerk Paletten kommen konnte? Zwei Tage danach, am 30. Juli, sei ein Brandursachenermittler in der Firma erschienen, um genau dieser Frage auf den Grund zu gehen. Dieser schloss laut Rau zu 100 Prozent aus, dass eine Fahrlässigkeit vonseiten des Unternehmens oder gar eine Brandstiftung von außen vorgelegen habe könnte. Vielmehr habe er mittels akribischer Arbeit den Brandherd festgestellt: Dieser geht demnach auf einen Schieber zurück, welcher Holzspäne bewegt. Allem Anschein nach habe sich ein Metallteil – vielleicht ein Nagel – trotz Detektor eingeschlichen und verkeilt. Durch die ständige Reibung mit dem Schieber sei ein Funkenflug in Gang gebracht worden, der wiederum einen kleinen Brand zur Folge hatte – bis sich schließlich am Mittwochmorgen eine Verpuffung anschloss.
Schlimmeres verhindert
Wie Niederlassungsleiter Rau berichtet, ist der Spänebunker komplett abgebrannt; dort nahm das Feuer seinen Ursprung. Die Heizung sei extrem geschädigt, aber nach jetzigem Stand wohl zu reparieren: „Wir haben einen Kostenvoranschlag bekommen.“ Eine im Heizraum befindliche Sprinkleranlage habe Schlimmeres, sprich ein Übergreifen der Flammen, verhindert. Dennoch liege der Schaden im „mittleren bis hohen sechsstelligen Bereich“ und falle damit deutlich höher aus als die zunächst vermuteten 100.000 bis 150.000 Euro. Immerhin komme die Versicherung für den Betriebsausfall sowie den Gebäudeschaden auf – bei einer geringen Selbstbeteiligung.
„Die Feuerwehr hat mir an dem Tag gesagt, wir haben Glück im Unglück“, sagt Michael Rau. Das habe nicht zuletzt daran gelegen, dass die Brandmeldeanlage ihren Dienst getan und es in der Brandnacht geregnet hat. Außerdem kenne die Feuerwehr die Gegebenheiten auf dem Firmengelände durch mehrere Übungen.

Wie die Belegschaft auf die Horrornachricht reagiert habe? In erster Linie geschockt und ängstlich, was die Sicherheit der Arbeitsplätze anginge. Als klar gewesen sei, dass das Werk nicht besonders von den Flammen betroffen ist, habe sich diese Anspannung gelöst. Neben einer externen Firma, die den Abfall sowie das Brandholz beseitigt habe, hätten auch die Mitarbeiter mitgeholfen.
Große Hilfsbereitschaft
„Das Allerwichtigste“, so Rau, sei, „dass niemand körperlich geschädigt wurde“. Als zweites habe er die Kundenbeziehungen im Auge. Und diese hätten aufrechterhalten werden können. „Ich habe alle Hauptkunden zeitnah informiert. Die Resonanz war Wahnsinn. Ich bin schon ziemlich hart im Nehmen, aber da kamen mir teilweise die Tränen, das ging mir nah“, gibt er zu. Andere Firmen hätten ihm Hilfe angeboten, sogar nachts habe er Mails erhalten und viel Zuspruch erfahren. Vereinzelt sei es zu einem Lieferverzug von bis zu zwei Tagen gekommen, was allerdings abgestimmt worden sei.
Corona nicht gespürt
Die Branche sei extrem überlastet, die Nachfrage am Markt hoch. „Unsere Branche hat Corona nicht gemerkt. 2020 hatten wir einen Umsatzzuwachs von zwölf Prozent gegenüber 2019 – trotz Pandemie“, führt Rau aus. Die Wirtschaft fahre wieder Volllast, „unsere Stammkunden nehmen viel mehr Paletten als sie brauchen, wir haben viele Anfragen“. In der Branche sei die Nachfrage höher als die Produktionskapazität. Umso mehr habe er deshalb die aus seiner Sicht berechtigte Angst nachvollziehen können, „ob wir nach dem Brand für eine Zeit ausfallen“. Der großen Hilfsbereitschaft seien also durchaus Sorgen von Kundenseite gegenübergestellt gewesen, wann und wie Bregwerk Paletten liefern könne.

Als nächstes hat der Niederlassungsleiter den Wiederaufbau vor Augen, der ihm zufolge demnächst startet. Das Silo solle dabei so konstruiert werden, dass eine Reibung mit Brandfolge nicht mehr passieren könne. „Wenn mir jemand sagt, man kann einen Brand nicht zu 100 Prozent vermeiden, kann ich das nicht akzeptieren. Es muss irgendeine Möglichkeit geben, den kleinen Herd löschen zu können, selbst wenn die Ursache in zweieinhalb oder drei Metern Tiefe liegt“, gibt Rau die Marschroute vor.