Furtwangen/Gütenbach Die alt-katholischen Gläubigen feiern am Sonntag, 21. September, die Gründung ihrer Gemeinden Furtwangen und Gütenbach vor 150 Jahren. Und das tun sie nicht mit einem einfachen Festtag, sondern eingebettet in ein ganzes Festjahr. Begonnen wird mit einem Festgottesdienst am Sonntag in der Christi-Auferstehungs-Kirche an der Furtwanger Ilbenstraße. Zu den Feierlichkeiten hat Dekan Joachim Sohn, der auf ein rund 35-jähriges Wirken zurückblicken kann, eine Vielzahl an Gästen eingeladen.

Das Festjahr lehnt sich an den ersten Gottesdienst am 5. Februar 1875 in Furtwangen an. Schon am 13. Dezember des Vorjahres war Gottesdienst in Gütenbach, das im Jahre 1880 750 Einwohner zählte, von denen 689 der alt-katholischen Konfession angehörten. Beide Gemeinden wurden von Furtwanger Geistlichen betreut. Die Liste zeigt 25 an und die letzten Jahrzehnte prägten Wilhelm Eggert, Edgar Nickel, Santiago Ruiz, Heinrich Backenecker (1981 bis 1990) und ab 1. Januar 1991 Joachim Sohn. Die 150 Jahre bedeuteten geistige Haltung, Bezug der Gütenbacher Bergkirche und der Christi-Auferstehungs-Kirche (1959), Gottesdienste nach katholischem Ritus in deutscher Sprache, traditionelle und neue Gesänge sowie gesellige Veranstaltungen wie das Sommerfest.

Aktuell steht das Verständnis der spirituellen Gemeinschaft unter dem Motto „Für alle. Fürs Leben. Meine Kirche“. Dekan Joachim Sohn sieht die vergangenen 150 Jahre als Zeugnis der Fortsetzung altkatholischen Gedankenguts und „es ist uns wichtig, dass es uns gibt, da wir katholischen Glauben zwanglos vertreten“. Die Wurzeln liegen in der Zeit des ersten Vatikanischen Konzils (1869/70), in dessen Folge als Dogma der Papst die oberste rechtliche Gewalt inne haben sollte und in allen Fragen des Glaubens und der Sitte unfehlbare Entscheidungen treffen könne. Die Universaljurisdiktion und die Unfehlbarkeit des Papstes wurden von vielen Katholiken abgelehnt, die sich auf die vorkonziliare Zeit als „alt“-katholisch beriefen und den apostolischen Glauben vertraten.

Ursprung im 17. Jahrhundert

Die Historie reicht jedoch weiter zurück, denn die erste alt-katholische Gemeinde in Deutschland entstand 1654 auf der nordfriesischen Insel Nordstrand durch eine Gründung der „Jansenisten“ aus dem niederländischen Bistum Utrecht, einer Gemeinschaft, die sich im 17./18. Jahrhundert auf die Gnadenlehre Augustins stützte. Seit Beginn haben die deutschen Altkatholiken ihren Bischofssitz in Bonn. Das Bistum verfügt über sieben Dekanate.

Das Dekanat Südbaden leitet seit 2017 Joachim Sohn, der ein riesiges Areal abdecken muss – vom Oberrhein, Breisgau bis hin zur Bodenseeregion, Oberschwaben und Südwürttemberg. Er ist per Internet oder präsent unterwegs, gehört der Bistums- und Landessynode an und ist Delegierter des Arbeitskreises christlicher Kirchen.

Das religiöse Leben findet in der kompletten Konsekration Eucharistie Niederschlag. Man kennt die Sakramente: Taufe, Eucharistie, Firmung, Ehe und Weihe sowie die Krankensalbung, die als Stärkung des Betroffenen dienen soll. Alt-katholisch bedeutet auch „bischöflich-synodal“, wobei der Bischof nicht das letzte Wort hat, sondern die Synode alle wichtigen Entscheidungen bestimmt. Hinter „alt-katholisch“ steht auch „offene Kirche“. So wurde bereits 1878 die Ehelosigkeit der Priester abgeschafft – den Antrag dazu haben übrigens Laien-Abgeordnete eingebracht. Daneben können Frauen Diakonin, Priesterin oder Bischöfin sein.