Ein erfolgreicher Unternehmer hat viele Möglichkeiten, für sein Hobby viel Geld auszugeben. Wie wär’s mit einer Jacht, um den Formel 1-Grand Prix von Monaco einmal vom Hafenbecken in Monte Carlo aus zu beobachten? Und ein Pferdefreund könnte sich ein edles Springpferd leisten, einen guten Reiter draufsetzen, um so den Großen Preis von Aachen im Sportpark Soers zu gewinnen. Der Hüfinger Thomas Liebert ist ein erfolgreicher Unternehmer. Auch er investiert in seine Leidenschaft viel Geld, gibt dabei aber gleichzeitig seiner Heimatstadt Hüfingen etwas zurück, indem er den Sennhofplatz mit der Komplettsanierung seines Elterhauses aufgewertet hat.
Der heute 50-Jährige hat sich vor 22 Jahren selbstständig gemacht, sein Ingenieurbüro für Versorgungstechnik zählt rund 80 Mitarbeiter. Die Firma hat Niederlassungen in Berlin, München und Indien. Die große Leidenschaft von Thomas Liebert sind Weine, der Genussmensch sammelt edle Tropfen und sitzt auch gerne mit guten Freunden zusammen, um sie zu genießen. Dort, wo einst sein Großvater seinem Broterwerb als Landwirt nachging und er als Bub in seinem Kinderzimmer spielte, hat er für einen stolzen Betrag – über die Summe schweigt er sich aus – seinem Wein-Hobby eine Zuhause gegeben: mit der Enoteca und Tapas-Bar "Bel Nini", inklusive einer kleineren Mitarbeiter-Wohnung für Geschäftskunden und einer 150-Quadratmeter großen Luxuswohnung. Geplant hat das ganze der Donaueschinger Architekt Michael Hölzenbein.
Wann genau das ehemalige Bauernhaus gebaut wurde, ist unklar. Sicher ist, dass es Lieberts Großvater um 1850 gekauft hat. 2011 stand die Entscheidung an, was mit dem heruntergewohnten Gebäude, von dem lediglich die Fassade unter Denkmalschutz steht, geschehen soll. Der weit gereiste Weinfreund mit Vorliebe für die Heiterkeit des Südens entschied sich, das Altstadt-Feeling des Sennhofplatzes mit einer Enoteca mit mediterranem Charakter aufzuwerten. Wer durch den historischen Kern Hüfingens schlendert, wird feststellen: Das ist Thomas Liebert auch geglückt. Ebenfalls positiv: Einige Anwohner haben sich durch das gute Vorbild ebenfalls dazu motivieren lassen, ihre Immobilie baulich und farblich aufzuwerten.
Beim Umbau verfolgte Liebert einen Grundsatz: Von dem alten Bauernhaus, das in jedem Winkel Familiengeschichte schreibt, soll so viel wie möglich erhalten bleiben. Und so liegen sogar in der Herrentoilette die alten Bruchsteinmauern frei, in der Damentoilette kommt sich die Besucherin wie in einer überdimensionalen Wohnzimmer-Polstergarnitur vor. Attraktivere WCs gibt's auf der Baar nur im Museum Art Plus. Wer genau hinschaut, kann in einem Gang auch sehen, wo einst die Räucherkammer untergebracht war.
Das zweigeschossige Gebäude beherbergt im Untergeschoss die Bar mit einer riesigen Auswahl an Weinen aus der ganzen Welt samt wunderschönen, hölzernen Sitzgruppen. Vom ersten Stock aus können Gäste von den Sitzgruppen aus ihre Blicke über die Hüfinger Altstadt schweifen lassen und im zweiten Stock befindet sich die Whiskey- und Zigarren-Lounge mit überdachtem Sommerfreisitz und offenem Kamin. Keine Frage: Hier lässt sich's genießen.
Und wie lief die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt? Die war anstrengend, aber von Erfolg gekrönt. Liebert erinnert sich, dass für die Fassade eigentlich ein Cremeton vorgeschrieben war. Nach vielen Briefen und der Farbauswahl anhand von Musterflächen genehmigte die Behörde die Farbe Ochensenblutrot, einen Farbton, den man schon im 18. Jahrhundert kannte. Liebert wollte unbedingt eine kräftige und fröhliche Farbe, die Lebensfreude ausstrahlt.
Seit fünf Jahren gibt es das "Bel Nini". Michael Liebert hat eine Geschäftsführerin eingestellt, lässt es sich aber nicht nehmen, immer wenn es die Zeit erlaubt selbst den Einkauf der exquisiten Speisen und Weine zu übernehmen. Das Lokal sei seine Leidenschaft, mit dem sich kein Geld verdienen lasse, erzählt der Unternehmer. Doch dafür ist ein Hobby ja auch nicht da.
Die Serie
Wer wachen Auges durch die Baaremer Dörfer geht, entdeckt leer stehende Gebäude, verödete Hofstellen und verfallende Scheunen. In den Straßen halten sich nur wenige Menschen auf, meistens ältere. Langsam wird immer deutlicher, was mit den Ortskernen geschieht: Sie veröden, wenn die Politik nicht bewusst dagegen steuert. In unserer Serie Neuer Glanz in alter Hütte wollen wir gute Beispiele für eine Innenentwicklung vorstellen. Und die Menschen, die dahinterstehen. Denn die Bewohner und Eigentümer müssen mitziehen, wenn die Innenentwicklung klappen soll. Das Baugesetzbuch verlangt als Leitlinie für die gemeindliche Planung eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und fordert, mit Grund und Boden sparsam umzugehen, den Flächenfraß also zu unterbinden. Aber davon abgesehen, liegt Flächensparen auch im ureigensten Interesse der Gemeinden selbst: Eine gute Bauleitplanung schont landwirtschaftliche Nutzflächen und Natur, aber auch den Gemeindehaushalt, weil keine zusätzliche Infrastruktur in der Fläche vorgehalten werden muss. Außerdem steigert sie die Attraktivität des Ortskerns, wenn sich das Leben weiterhin im Zentrum abspielt und sich nicht in Neubaugebiete verlagert. (hon)