Steht das Thema Lärmaktionsplanung auf der Tagesordnung des Gemeinderates, sind in Hüfingen Diskussionen über die Lärmschutzwand entlang der Bundesstraße 27 – vor dem Neubaugebiet „Auf Hohen“ – nicht weit. Mehrere Bürger nutzten in der jüngsten Sitzung die Gelegenheit, um auf Missstände in der Stadt hinzuweisen. Wir fassen die zentralen Punkte in Sachen Lärmaktionsplanung, welche Carina Schulz vom Beratungsbüro Rapp Trans vorstellte, zusammen:

Grundlage: Hüfingen habe sich 2016 „für eher weichere Lärmminderungsmaßnahmen entschieden“, der Gemeinderat habe generelle Tempo-30-Zonen auf sämtlichen Durchgangsstraßen abgelehnt, stellte Schulz in der Analyse fest. Lärm könne immer nur subjektiv bewertet werden: „Was den einen exorbitant stört, belästigt den anderen kaum. Manche stören sich zum Beispiel am Vogelgezwitscher.“ Was man versuchen könne, sei Lärm objektiv zu messen. Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen sind ihr zufolge erst möglich, wenn eine durch Lärm verursachte Gefahrenlage auftritt. Oder wenn eine deutliche Betroffenheit – also viele Menschen – einen gewissen Lärmpegel vorweisen kann (über 70 Dezibel tags, 60 Dezibel nachts). In solchen Fällen sei die Stadt in der Pflicht, etwas zu tun. Die bestehende Lärmaktionsplanung müsse auch dann neu überprüft werden, sofern es bedeutsame Entwicklungen bei der Lärmsituation gibt.

Überprüfung: Was wurde von den vor fünf Jahren festgelegten Maßnahmen umgesetzt? Es falle auf, so Carina Schulz, dass die Lärmbetroffenheit in Hüfingen abgenommen habe. Mögliche Gründe hierfür seien: entweder wurden die Maßnahmen umgesetzt, Fahrbahnerneuerungen haben Verbesserungen gebracht oder es ist weniger Verkehr unterwegs. Die Ortsumfahrung Behla könne jedoch kein Grund für die niedrigeren Werte sein, da diese noch nicht im Berechnungsmodell berücksichtigt worden sei. Gleichwohl ist laut Schulz die Festlegung weiterer Lärmminderungsmaßnahmen erforderlich. Man könne auch freiwillig Kreis- und Gemeindestraßen mit aufnehmen, genauso alle fünf Ortsdurchfahrten. Doch die Frage sei, ob das mit Blick auf Faktoren wie Schwerlastverkehr, generelles Verkehrsaufkommen, Anzahl der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Häuser oder Verwaltungsaufwand und entstehende Kosten auch sinnvoll wäre.

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Lärmschutzwand: Mit das größte Streitthema ist das Bauwerk an der B27, an dem es nach Beurteilung von Sigmund Vögtle (SPD) wegen vorbeikommender Schnellfahrer bröckelt. Für Christof Faller (CDU) komme es dagegen nicht überraschend, dass Risse vorhanden sind; vielmehr seien diese vorhersehbar gewesen. „Ich habe Rückmeldung vom Regierungspräsidium bekommen, dass sie nur breiter geworden sind, als sie werden dürfen, dem wird nachgegangen. Aber von Bröckeln kann nicht die Rede sein“, sagte er. Bürgermeister Michael Kollmeier verwies darauf, die Stadt sei nicht Bauherr, sondern Vertragspartner des Regierungspräsidiums und lediglich zu einem Teil an den Kosten beteiligt. Aufgrund mehrerer Beschwerden von Anwohnern des Gebiets „Auf Hohen“ schlug er vor, einen gemeinsamen Termin zum klärenden Gespräch mit dem Regierungspräsidium zu vereinbaren. So kritisierte Thomas Pohl: „Es interessiert mich nicht, ob die Wand zu hoch ist oder Risse hat. Ich wohne seit 2015 dort und mich interessiert nur, ob sie ihre Funktion erfüllt, und das tut sie nicht, in keiner Weise.“ Ihm zufolge ist der Lärm sogar lauter als zuvor ohne Wand. Um Kollmeier das zu zeigen, lud er den Rathauschef auch gleich auf einen Kaffee oder ein Bier zu sich nach Hause ein.

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Hochstraße: Ein Bewohner, der laut eigenen Angaben seit 2010 dort lebt, sei im Namen der gesamten Hochstraße in die Gemeinderatssitzung gekommen. „Es ist ein Paradies für Schnellfahrer. Und wenn da ein 18-Tonner vorbeikommt, fährt niemand der Radfahrer auf dem Radweg, sondern auf dem Gehweg. Wir machen uns als Eltern Sorgen um unsere Kinder, da muss unbedingt etwas passieren“, führte er aus. Man habe es auf eigene Faust mit dem Aufstellen von Schildern versucht, doch langsamer rolle der Verkehr dennoch nicht. „Als ich in die Hochstraße gezogen bin, durften wir noch auf einer Straßenseite parken, das war noch akzeptabel“, berichtete der Anwohner. Bürgermeister Kollmeier nahm den Vortrag zur Kenntnis, er wolle nun zählen, wie viele Radfahrer im besagten Bereich tatsächlich den Radweg nutzen. Die Geschwindigkeiten hätten seit Einführung des Radwegs leicht abgenommen; der Anwohner könne dies jedoch nicht bestätigen, antwortete er.

Die Schaffhauser Straße am regnerischen Freitag, 21. Mai. Hüfingens Bürgermeister Michael Kollmeier will bei der Festlegung von ...
Die Schaffhauser Straße am regnerischen Freitag, 21. Mai. Hüfingens Bürgermeister Michael Kollmeier will bei der Festlegung von Lärmminderungsmaßnahmen in Zukunft konkreter werden, das sei seine Motivation. Neben der Kernstadt (Bräunlinger Straße, Hochstraße, Schaffhauser Straße) soll es laut Gemeinderatsdiskussion auch Maßnahmen in Hausen vor Wald und Mundelfingen geben. | Bild: Singler, Julian

Schaffhauser Straße: Auch aus diesem Bereich kam ein Anwohner in die Ratssitzung. Es müsse etwas getan werden, damit die Geschwindigkeit auf der Schaffhauser Straße nach unten gehe, es ginge zu wie auf einer Autobahn. Michael Kollmeier führte aus, dass im Rahmen der baulichen Veränderungen als Grundidee eine gewisse Verschmälerung der Straße herbeigeführt werden sollte. Außerdem gebe es bereits Anstrengungen, ein stationäres Blitzgerät aufzustellen, dazu sei man im Kontakt mit dem Landratsamt. Das könne aber erst final entschieden werden, sobald der letzte der drei Bauabschnitte umgesetzt wurde. Ergebnisse von Messungen haben laut des Verwaltungschefs aber gezeigt, dass nicht wirklich zu hohe Geschwindigkeiten auf der Schaffhauser Straße registriert werden. Nichtsdestotrotz halte sich nicht jeder an Tempo 50, das sehe er auch so. „Ich bin auch der Meinung, wir brauchen weitere Maßnahmen“, so Kollmeier.

Michael Kollmeier
Michael Kollmeier | Bild: Roland Sigwart

Meinungen: Mit Blick auf die Darlegungen im Zusammenhang mit der Schaffhauser Straße sagte Mobilitätsexpertin Carina Schulz: „Dort wird sicher gerast, aber wenn jetzt schon mit Tempo 50 gerast wird, handelt es sich eher um ein Verkehrserziehungsproblem. Das kann ich lösen mit der Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung, doch besser wäre es doch, den Autofahrer dazu zu zwingen, langsamer zu fahren.“ Am besten ginge das durch bauliche Veränderungen; das Einführen von Tempo 30 aus Lärmschutzgründen bringe folglich wegen der ausreichenden Abstände von Fahrbahn und Häusern nichts. Christof Faller (CDU) möchte die Situation in der Schaffhauser Straße gar nicht erst zu stark gewichten. Er sagte: „Ich habe mit Anwohnern gesprochen, die sehen das auch anders. Allgemein spiegeln Messungen ohnehin nicht immer die Realität.“ Nach Einschätzung Peter Alberts (BFSO/Grüne) gäbe es wohl kaum eine Stadt im Schwarzwald-Baar-Kreis, die so stark durch Verkehrslärm beeinträchtigt sei wie Hüfingen; „zum Beispiel am Friedhof ist es fast nicht auszuhalten“. Und Sigmund Vögtle (SPD) bemängelte in der Rückschau die „handzahmen und butterweichen“ Maßnahmen aus dem Jahr 2016. „Wir sollten endlich mal offensiver auftreten und etwas umsetzen wollen“, forderte er. Handlungsbedarf sehe er beispielsweise auch an der Donaueschinger Straße oder der stark frequentierten Hauptstraße. Schärfere Regelungen wie neue Tempo-30-Zonen brächten auch mehr Sicherheit für Kinder, Radfahrer und Fußgänger: „Bei Tempo 50 haben Fußgänger bei einer Kollision mit einem Auto keine Überlebenschance, bei Tempo 30 schon.“ In der aus seiner Sicht zu breiten Schaffhauser Straße habe man im Zuge der jüngsten Baumaßnahmen eine Chance verpasst.