Los ging es mit Geldstrafen, die der heute 30-Jährige nicht bezahlen konnte: Deshalb musste er eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten und landete im Rottweiler Gefängnis. Im Dezember 2022 eskalierte die Situation.
Der damals 29-Jährige war auf Entzug, er hörte Stimmen, die ihn in der Nacht vor Weihnachten dazu brachten, seinen Mithäftling zu schlagen und ihm einen Apfel ins Gesicht zu knallen.
Der Mann verlor dabei unter anderem zwei Zähne, erlitt Hämatome und Schmerzen. Anschließend setzte der jetzt Angeklagte die Zelle in Brand. Auch das befahlen ihm die Stimmen in seinem Kopf. Sein Fall wurde jetzt vor dem Landgericht Rottweil verhandelt.
Er hat Glück, noch zu leben
Die Flammen in dem Haftraum müssen verheerend gewesen sein. „Sie hatten extremes Glück, dass Sie da lebend raus gekommen sind und das so unversehrt überlebt haben“, sagt die vorsitzende Richterin Corinne Schweizer.
Seit dem Vorfall ist der Mann in Behandlung, nimmt keine Drogen mehr, die Stimmen in seinem Kopf, eine paranoide Schizophrenie, so die Diagnose, haben allerdings erst Anfang Juli 2023 nachgelassen.
Drogen und Gelegenheitsjobs
Der Mann aus dem Kreis Freudenstadt kam schon als 13-Jähriger mit Drogen in Berührung. Mit ihnen kamen auch die Stimmen. Anfangs konsumierte er Cannabis, später die ganze Palette von Amphetaminen über psychoaktive Pilze bis hin zu Heroin, Kokain, LSD und der Ersatzdroge Subotex.
Er schaffte das Fachabitur begann eine Ausbildung und brach sie ab, zwei weitere folgten. Mit Gelegenheitsjobs hielt er sich über Wasser, wurde immer wieder straffällig und landete wiederholt in Haft – zeitweise war er obdachlos.

Schließlich kam der Wahn: Er bildete sich ein, von Satanisten verfolgt zu werden, die kleine Kinder töteten. Sie hätten ihm einen Chip eingesetzt und könnten seine Gedanken lesen, sagte der Angeklagte.
Im festen Griff dieser Paranoia verprügelte er seinen Bruder, den er auch für einen Satanisten hielt. Schließlich unternahm er einen Suizidversuch.
Der Angeklagte ist nicht geheilt
Nun urteilte die Kammer des Rottweiler Landgerichts am Donnerstag, 27. Juli, dass der Angeklagte nach wie vor nicht geheilt sei. Die vorsitzende Richterin Corinne Schweizer bewertete seine Fortschritte aus der Sucht jedoch durchaus positiv: „Sie machen wirklich einen guten Eindruck“, betonte sie in ihrer Urteilsbegründung.
Einigkeit in den Plädoyers
In ihren Plädoyers waren sich Staatsanwalt Matthias Krausbeck und Verteidiger Rasmus Reinhardt einig: Der 30-Jährige war zur Tatzeit nicht schuldfähig.
Es sei besser, wenn er engmaschig betreut und therapiert werde. Einig waren sie auch in der Einschätzung, es sei noch zu früh, ihn in einer offenen Wohngruppe unterzubringen.
Derzeit ist der Mann im Zentrum für Psychiatrie Reichenau untergebracht. Sein Verteidiger Reinhardt hob hervor, wie gut sich sein Mandant entwickelt habe. „Wir haben Herrn L. erlebt bei der Haftvorführung. Beinahe debil kichernd, hat er davon wenig mitbekommen“, blickte er zurück. In dem halben Jahr seit dem Brand habe er sich nun deutlich positiv entwickelt.
Aber eine Rückfallgefahr sei noch da, betonte Richterin Schweizer. „Sie sind auf einem guten Weg, aber ein bisschen fehlt noch. Sie sind noch nicht nachhaltig stabilisiert.“
Der 30-Jährige und sein Verteidiger erklärten noch im Gerichtssaal, das Urteil zu akzeptieren und keine Berufung einzulegen.