Selbstbewusste, erfolgreiche Frauen gehören ins Bild des 21. Jahrhunderts von Deutschland. Ist da die Wieberfasnet überhaupt noch notwendig oder schon längst überholt?

Die Antwort aus Löffingen ist klar und deutlich: Die Wieberfasnet sei heute noch so aktuell und notwendig wie damals, so der Tenor der Akteurinnen.

Mütter aus Großfamilie und Landwirtschaft

Als vor 71 Jahren engagierte Löffinger Damen die Wieberfasnet ins Leben riefen, geschah dies, um gemeinsam mit anderen Frauen einen närrischen Abend feiern zu können.

Die Frauen – vor allem waren es Mütter, die sich um die Großfamilie und Landwirtschaft kümmern mussten – waren im närrischen Straßenbild der Löffinger Hochburg nur bedingt anzutreffen.

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Also kamen die Initiatorinnen auf die Idee, eine eigene Fasnet zu kreieren, und dies jeweils am Dienstag vor dem Schmutzige Dunschdig, sodass der Wieberfasnetabend nicht mit den hohen närrischen Tagen kollidiert. Heute hat sich das närrische Straßenbild wesentlich geändert und doch ist Wieberfasnet geblieben.

Die Rolle des Pfarrer bei der Wieberfasnet hat sich in den vergangenen 70 Jahren geändert, heute steigt Pfarrer Johannes Kienzler selbst ...
Die Rolle des Pfarrer bei der Wieberfasnet hat sich in den vergangenen 70 Jahren geändert, heute steigt Pfarrer Johannes Kienzler selbst in die Bütt. | Bild: Silvia Bächle

Ist dies nur Tradition? „Auf keinen Fall“, so Andrea Burger, die als Geschäftsfrau und Kommunalpolitikerin (ebenso wie die anderen Akteurinnen) täglich ihre Frau steht und sich seit 26 Jahren bei der Wieberfasnet einbringt.

Auch Plattform für ältere Damen

Die Wieberfasnet sei eine Plattform vor allem auch für die älteren Damen, die sich sonst nicht unbedingt trauen, sich alleine unters närrische Volk zu mischen. So etwa Katrin Jehle. Sie kam mit ihrer Schwiegermutter Bruni vor vielen Jahren einfach mal zur Veranstaltung mit und wechselte sogleich vom Zuschauerraum auf die Bühne.

Das derzeit neunköpfige Akteurinnen-Team ist beruflich und altersmäßig weit gestreut und zwischen Mitte 30 und über 60 Jahre alt. Die Damen bilden keinen Verein oder sind unter dem Jahr gemeinsam unterwegs. Sie treffen sich nur als verschworene Gemeinschaft für die Wieberfasnet und gehen dann nach dem Aschermittwoch wieder völlig andere Wege.

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Dabei ist dieses Wieberfasnet-Team immer offen, so kommen immer wieder Neue dazu, wie in diesem Jahr erstmals Franziska Maier. „Ich freue mich sehr, Mitglied dieses tollen Teams zu sein und mich kreativ hier einbringen zu können“, so die zweifache Mutter.

Auch dies gehört zur Wieberfasnet: Während das Publikum mit Musik schon mal in Stimmung gebrach wird, essen die Aktuerinnen gemeinsam, ...
Auch dies gehört zur Wieberfasnet: Während das Publikum mit Musik schon mal in Stimmung gebrach wird, essen die Aktuerinnen gemeinsam, bevor es dann geschminkt und gestylt auf die Bühne geht. | Bild: Silvia Bächle

„Ich wollte einfach nur mal schauen, nun brenne ich für die Wieberfasnet“, so Daniela Hepting, ein echter Löffinger ideenreicher Fasnet-Narr. Früher hätte sie sich nicht vorstellen können, bei der Wieberfasnet mit dabei zu sein, heute ist eine Fasnet ohne Wieberfasnet für sie nicht mehr denkbar.

Männer haben anderen Humor

Männer hätten einen anderen Humor als Frauen und feiern auch anders, da sind sich die beiden Bachheimer Fasnetstars Eva Wiggert und Tanja Stockburger einig. Sie stehen auf der Bühne der bunten Abende ebenso wie auf der Wieberfasnet-Bühne und kennen den Unterschied ganz genau. Witze unter die Gürtellinie gibt es nicht, auch keine Beleidigungen, schon aber auch kritisch-närrische Gedanken.

Die Wieberfasnet in Löffingen ist Kult und das für alle Generationen der Frauen – wie man hier unschwer erkennen kann.
Die Wieberfasnet in Löffingen ist Kult und das für alle Generationen der Frauen – wie man hier unschwer erkennen kann. | Bild: Silvia Bächle

„Der Spagat zwischen der Tradition und der Moderne ist der Löffinger Wieberfasnet auf jeden Fall gelungen“, sagt Martina Walz überzeugt. Sie mischt als Sprach- und Musiktalent das Programm auf.

Wer allerdings nun glaubt, die Wieberfasnet sei langweilig oder gar verstaubt, der irrt gewaltig, wie Ingrid Bausch unterstreicht. Da wird gesungen, gespielt, getanzt, kritisch durch die närrische Brille das lokale und globale Zeitgeschehen beleuchtet und dies auf einer Mini-Bühne mitten in der Linde. Die Linde gehört mit in die über 70-jährige Wieberfasnet-Szene, auch mit einer entsprechenden Speisekarte. Ebenso die Musik, nicht nur zum Schunkeln, sondern für die Besucherinnen auch zum Tanzen.