Die Tasche mit dem kleinen Krokodil nehmen Sonja Müller und ihre Kollegen gerne mit zu Job-Messen, auf denen sie jungen Menschen ihre Arbeit vorstellen.
„Dann ist das Tier wenigstens nicht völlig umsonst gestorben“, sagt Sonja Müller. Die illegal nach Deutschland eingeführte Tasche, gefertigt aus Krokodilleder und versehen mit einem präparierten Jungtier auf der Vorderseite, haben Zöllner des Hauptzollamts in Deißlingen aus dem Verkehr gezogen. Jetzt dient das Tier dazu, Menschen für den Artenschutz beim Souvenir-Shopping im Urlaub zu sensibilisieren.

Beim Stichwort „Zoll“ fallen den meisten wohl spontan Grenzkontrollen ein, verbunden mit der Frage, ob man etwas zu verzollen habe – und war da nicht auch was mit der Kfz-Steuer, die seit einigen Jahren vom Zoll und nicht mehr von den Finanzämtern erhoben wird?
Genau – und noch vieles mehr. Zum Beispiel eben auch Artenschutz, aber auch die Bekämpfung von Schwarzarbeit, die Analyse verdächtiger Finanztransaktionen – etwa beim Verdacht der Terrorismusfinanzierung – und auch ganz klassisch das Kassieren von Zöllen und Einfuhrumsatzsteuer gehören zu den Aufgaben des Zolls.
„Unsere Arbeit ist unglaublich vielseitig, es wird nie langweilig“, sagt Sonja Müller. Die 47-Jährige hat schon ihre Ausbildung beim Zoll absolviert, hat nach Stationen in der IT und bei der Steuererstattung sechseinhalb Jahre das Deißlinger Zollamt geleitet und ist heute Pressesprecherin des Hauptzollamtes in Singen, dem das Deißlinger Zollamt zugeordnet ist, das seit zwei Jahren von Daniela Bippus geleitet wird.

Rund 35 Menschen arbeiten hier in direkter Nachbarschaft der Bundesstraße 27. Sie kümmern sich beispielsweise darum, dass Waren aus Drittstaaten – also von außerhalb der Europäischen Union – ordnungsgemäß verzollt werden. Das meiste läuft mittlerweile elektronisch, wenngleich manches noch ganz klassisch geschieht: Etwa, wenn Lastwagen mit Zollplomben versehen werden.
Zuständig ist das Deißlinger Zollamt auch für Exportwaren aus den Kreisen Schwarzwald-Baar, Tuttlingen und Rottweil, die in Nicht-EU-Staaten geliefert werden. Zum Beispiel auch in die Schweiz.
„Viele haben das gar nicht auf dem Schirm“, sagt Sonja Müller. „Aber die Schweiz ist eine klassische EU-Außengrenze.“ Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Waren, deren Wert 300 Franken übersteigt, verzollt werden müssen.
Ein guter Teil des Bundeshaushalts
Ohne das Geld, das der Zoll jährlich eintreibt – angefangen bei Verbrauchssteuern auf Genussmittel wie Kaffee oder Alkohol, über Energie- bis zur Kraftfahrzeugsteuer – sähe der Bundeshaushalt düster aus: Von rund 350 Milliarden Euro Einnahmen jährlich kommen rund 150 Milliarden Euro über den Zoll.

Als Binnenzollamt, das nicht direkt an einer Grenze liegt, ist die Arbeit sehr exportlastig, sagt Sonja Müller. Die Zöllner fahren dazu auch zu den Firmen und prüfen, ob die Exportware tatsächlich so exportiert werden darf.
Unbekannte Bauteile werden analysiert
Ein mitunter komplizierter Prozess, in den dann auch die Fachabteilungen des Zolls involviert sind, wie Sonja Müller anhand eines Beispiels verdeutlicht: „Bei einem Apfel ist klar: Das ist ein Apfel. Wenn ich aber ein x-beliebiges elektronisches Bauteil vor mir habe – das könnte vielleicht in einer Brotbackmaschine verwendet werden, genauso aber in einer Atomwaffe.“ Derartige Produkte oder Proben davon werden in den Laboren der zolleigenen Bildungs- und Wissenschaftszentren untersucht, bevor die Ausfuhrgenehmigung erteilt wird.

Nicht ganz so kompliziert in der Beurteilung sind meist die Waren, die bei Klaus Herbst in der Postabfertigung landen. Meist sind es etwa zehn pro Tag, sagt Herbst, der schon seit 1980 als Zöllner arbeitet.

Er öffnet jedes Päckchen, das bei ihm landet: Sei es die Internetbestellung, für die eine Zollabgabe fällig wird oder das Päckchen, mit dem Eltern ihr in Deutschland studierendes Kind mit Essen aus der Heimat versorgen.
Strenge Regeln bei tierischen Produkten
An diesem Morgen steht eine ganze Ladung Schweinefleisch in Dosen aus China in einem Regal des Paketlagers. Das Fleisch wird die Empfängerin oder den Empfänger nicht erreichen: Zur Vermeidung von Tierseuchen gelten bei der Einfuhr tierischer Produkte strenge veterinärrechtliche Bestimmungen. Die Dosen werden vernichtet. So wie auch die gefälschten Luxus-Handtaschen aus China, die der Zoll im Dezember fand.

„Zuerst geht es immer um die Frage, ob die Waren einfuhrfähig sind“, erklärt Herbst. Dabei hilft ihm auch die Technik: Ein Röntgengerät macht schon vor dem Öffnen der Pakete sichtbar, was sich in ihnen verbirgt – beziehungsweise, was sich in ihrem Inhalt verbirgt. Da werden in der EU nicht zugelassene Pillen in Schuhe gestopft oder eine vermeintliche Lautsprecherbox entpuppt sich als Versteck.
Wenn der Laser die Schutzbrille durchlöchert
Nicht jedes Produkt, das der Zoll aus dem Verkehr zieht, sei mit böser Absicht auf den Weg geschickt worden, betont Herbst. Oft wüssten die Kunden schlichtweg nicht, was sie irgendwo am anderen Ende der Welt bestellen. So etwa einen Laserpointer, den Herbst als Anschauungsobjekt aufbewahrt hat.

Dessen Ausgangsleistung darf in Deutschland ein Milliwatt nicht überschreiten. Das Exemplar, das der Zoll beschlagnahmt hat, hat eine hundertfach höhere Leistung. „Die Kollegen haben getestet, was passiert, wenn man mit dem Laser auf die mit gelieferte Schutzbrille zielt“, sagt Herbst. Das Ergebnis: die Strahlen haben Löcher in den Kunststoff gebrannt. „Man will sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn man das auf Augen richtet.“

Manchmal kann aber auch ein erfahrener Zöllner nur den Kopf schütteln. „Einmal kam eine Influencerin, die Kleidung abholen wollte, die ihre eine Firma aus Australien geschickt hatte. Sie meinte, sie bekäme das ja von dem Sponsor geschenkt und mache mit den Sachen schließlich Werbung im Internet, weshalb sie dafür keine Zollgebühren bezahlen werde“, erinnert er sich.
Auch Influencer zahlen Zollgebühren
Für Textilien sind das acht bis zwölf Prozent des Warenwertes plus 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer – die richtet sich immer nach dem aktuellen Mehrwertsteuersatz. Die junge Frau bezahlte letztendlich und durfte ihre Ware mitnehmen. Denn Influencerin hin oder her: „So lange die Abgaben nicht bezahlt sind, hat der Zoll die Hand drauf“, sagt Sonja Müller.