Er polarisiert und bewegt: der Lückenschluss. Und so ist es kein Wunder, dass rund 300 Besucher in die Neue Tonhalle kamen, um sich aus erster Hand über den aktuellen Planungsstand zu informieren, mit der die Bundesstraße 33 am Mönchsee mit der B 523 am Anschlusspunkt beim Schwarzwald-Baar-Center verknüpft werden soll.

Vor Ort waren auch zahlreiche Besucher aus Mönchweiler und den VS-Ortschaften Weilersbach, Nordstetten und Obereschach. Sie interessierten sich vor allem um die vom Regierungspräsidium geprüften Anschlüsse an die neue Straße. Denn in den Ortschaften gibt es Ängste und Bedenken, dass sie durch neue Abfahrten unter wachsenden Verkehrslasten leiden müssen. Zuletzt hatten sich Bürger aus Obereschach und Nordstetten dieser Frage politisch beharkt.
Nordstetten und Obereschach erleichtert
Es gehörte zu den Überraschungen des Abends, dass sich diese Befürchtungen allesamt in Luft auflösen. Straßenplaner Dennis Müller vom Regierungspräsidium teilte mit, dass die heiß diskutierten Anschlüsse an die Landesstraße 178 (Obereschacher Straße) und an die Kreisstraße 5709 (Nordstetten) beide gestrichen werden.
Diese Mitteilung löste bei Besuchern aus Obereschach wie aus Nordstetten Beifall aus. Für die beiden Ortschaften bedeutet dieser Verzicht laut Verkehrsprognose eine massive Entlastung. Obereschach kann nun mit einer Entlastung von rund 2000 Fahrzeugen am Tag rechnen, Weilersbach um fast 5000 Fahrzeuge.
Der Verkehrsplaner begründete den Verzicht damit, dass mehr Anschlüsse die verkehrliche Leistungsfähigkeit der Bundesstraße mindern würden. Ohne ständige Auf- und Abfahrten kann zügiger durchgefahren werden. Zudem, so der Planer, würden die zu geringen Abstände der Knotenpunkte die Sicherheit des Verkehrs einschränken. Ein verkehrlicher Mehrwert, der die beiden Anschlüsse bei diesen Gegebenheiten rechtfertigen würde, konnte laut RP nicht nachgewiesen werden.
Das sind die Zielsetzungen
Eingangs erklärten die Planer die überregionalen Gesichtspunkte der Straßenplanung. Es geht um die bessere Verkehrsverbindung zwischen der Rheintalautobahn A5 und der Bodenseeautobahn A 81. Lokal soll der Lückenschluss dazu beitragen, das Stadtgebiet von Villingen und den Zentralbereich zu entlasten und den überörtlichen Verkehr zügig nördlich von Villingen auf die Autobahn A 81 zu bringen.

Dafür machen sich seit Jahren die heimischen Unternehmen, die Stadt VS und die Gemeinden im nördlichen Kreisgebiet stark. Sie sehen darin einen Beitrag zur Sicherung von Unternehmensstandorten und Arbeitsplätzen.

„Die Region braucht diese Straße mehr denn je“, sagte Oberbürgermeister Jürgen Roth. Damit handelte er sich gleich erste Unmutsäußerungen im Publikum ein. Denn das Straßenprojekt hat auch viele Gegner, die sich gegen eine Bundesstraße vor ihrer Haustüre wehren. Vor allem im Villinger Wohngebiet Haslach gibt es erhebliche Widerstände.
Auf die politischen Dimensionen gingen die Planer des Regierungspräsidiums indes nicht ein. Als ausführende Behörde war es das Anliegen des Regierungspräsidiums, die Bevölkerung umfassend über den aktuellen Planungsstand zu informieren.
Und das sind die wesentlichen Schwierigkeiten und Knackpunkte der Planung:
Mönchsee
Hinsichtlich des Natur- und Umweltschutzes besteht die größte Herausforderung in der Planung des Anschlusses der neuen Bundesstraße an die B 33 im Bereich Mönchsee. Hier werden aktuell zwei Planungsvarianten mit den Verkehrsministerien von Bund und Land abgestimmt.
Das RP hat den Ministerien die zwar teurere, dafür aber umweltfachlich überzeugendere Variante (5.2) vorgeschlagen. Diese würde die Anbindung des Mönchsees an den Biotopverbund wieder ermöglichen. Die andere Variante (6.0) sieht zwei Auf- und Abfahrtsrampen von der B 33 an die B 523 vor. Diese beiden Straßenstücke würden wohl massiv ins Naturschutzgebiet Mönchsee eingreifen und dort geschützte Fledermäuse- und Biberpopulationen beeinträchtigen.
Die favorisierte Variante soll dagegen einen direkten, kreuzungsfreien Übergang der B 33 in die neue B 523 ermöglichen. Hier würde ein größeres Brückenbauwerk fällig, das aber das Naturschutzgebiet schonen würde. Nachteil: Die umweltfreundlichere Lösung ist straßenbautechnisch sehr aufwändig. Der Anschluss bis zum Kilometer zwei der Strecke läge bei 46 Millionen Euro, die andere Variante nur bei 18 Millionen.
Verbrennungsplatz Bisswurm
Nahe der B 33 am Mönchsee schneidet die künftige Trasse den ehemaligen Müllverbrennungsplatz Bißwurm. Dort wurden bis in die 70er Jahre Haus- und Industrieabfälle bei offener Flamme verbrannt. Der Untergrund ist stark verseucht und wird aufwändig saniert. Wenn die neue Nordumfahrung Villingens hier durchführt, muss das gesamte Erdreich für eine immense Summe entsorgt werden.
Alte Ziegelei/Wohngebiet Haslach
Der dritte planerische Knackpunkt liegt nördlich des Villinger Wohngebietes Haslach. Hier muss die Straße zwischen dem Wohngebiet im Süden und dem Gewerbegebiet der alten Villinger Ziegelei im Norden durchgefädelt werden. Hier gibt es bislang drei verschiedene Planungsvarianten.
Die südliche Varianten läuft keine 200 Meter an der ersten Häuserreihe des Wohngebietes Haslach vorbei. Die beiden nördlicheren verlaufen über das Gebiet der alten Ziegelei. Allerdings befinden sich auf diesem Grundstück Gewerbebetriebe, darunter eine Asphaltproduktion.
Ob dieses Grundstück gekauft werden kann, ist eine von vielen noch offenen Frage. Die drei Trassenvarianten werden nun im nächsten Schritt mit Schallgutachten untersucht. Dann soll über mögliche Schallschutzmaßnahmen für die Anwohner entschieden werden.

Anschluss Querspange/Weilersbach
An der Querspange beim Schwarzwald-Baar-Center wird das neue Straßenstück an die B 523 angeknüpft. Von dort wollen die Planer einen neuen Straßenanschluss nach Weilersbach bauen. Der bisherige Anschluss (Kreisstraße 5707) weiter östlich soll zurückgebaut werden. Diese Absicht wird allerdings vom Ortschaftsrat Weilersbach abgelehnt.
Die neue Anbindung durch das Naherholungsgebiet Hagen würde nach Ansicht der Weilersbacher nur Landschaft verbrauchen und eine weitere Zunahme des Verkehrs bewirken. Weilersbach ist zwar für den „Lückenschluss“, aber gegen die geplante neue Anschlusstrasse. Auch hier wird es noch viel Gesprächsbedarf geben.
Die Planer des Regierungspräsidiums stellten klar, dass die Planung sich erst ganz im Anfangsstadium befinden. Viele Fragen, beispielsweise Schallschutz oder die Belange der Landwirtschaft, sind nicht einmal andiskutiert. Bis wann die Straße fertig sein wird, ist ungewiss. Klagen von Bürgern können den Straßenbau erheblich verzögern. Allein das Planfeststellungsverfahren kann fünf bis acht Jahre dauern. Dann muss erst noch gebaut werden.
Onlinebeteiligung startet
Das Regierungspräsidium will die Bürgerinformation und -beteiligung im Planungsverlauf weiter fortsetzen. Bereits während der Veranstaltung wurde eine Onlinebeteiligung für die Bürger gestartet, an der alle Interessierten teilnehmen können. Auf diesem Weg ist es möglich, weitere Fragen, Hinweise und Anregungen an das Planungsteam zu übermitteln. Erreichbar ist die Onlinebeteiligungskarte unter http://www.karte-b523-vs.de bis zum 23. Januar 2023. Im Anschluss wird das Planungsteam die Rückmeldungen auswerten.
Das sagen die Bürger zur Informationsveranstaltung
Klaus Martin
„Wir sind sehr dankbar, dass es zu dieser Informationsveranstaltung gekommen ist. Das war überfällig“, betonte der Ortsvorsteher von Obereschach. „Aus Gründen der Verkehrsbelastungen wollten wir immer entweder zwei Anschlüsse an die Bundesstraße in Obereschach und Nordstetten, oder keinen“, verdeutlichte er das Anliegen der Ortschaft. Wenn jetzt auf beide Anschlüsse verzichtet werde, „wird unserem Anliegen Rechnung getragen“. Dies werde zur Entspannung in der Ortsdurchfahrt führen.
Ernst Reiser
Der Verzicht auf einen Anschluss bei Nordstetten wird vom ehemaligen Stadtrat klar begrüßt. „Das ist das, was wir wollten“, betonte der Bürger aus Nordstetten. Er habe schon länger das Gefühl gehabt, dass sich bei den Planern die Vernunft durchsetze. Sein Fazit: „Heute Abend ist bereits die vorgezogene Weihnachtsbescherung für Nordstetten.“ Die Veranstaltung selbst sei insgesamt sehr gut und informativ gewesen.
Heike Thieringer
„Die Fragerunde war mir viel zu kurz. Ich hatte das Gefühl, dass Transparenz beim Veranstalter nicht so sehr gefragt war“, bedauerte die Bürgerin aus Obereschach. Bedauernswert sei auch, dass der Andrang an den Informationsständen so groß gewesen sei, dass viele Bürger mit den Planern nicht ins Gespräch gekommen seien.
Grundsätzlich äußerte sie sich „fassungslos, dass dieses Straßenprojekt jetzt offenbar durchgezogen wird nach Plänen, die vor 25 Jahren aufgestellt wurden“. Sie fühle sich in ihrem demokratischen Grundverständnis erschüttert, sagte die Gegnerin des Straßenprojekts. „Ich habe das Gefühl, dass die Straße nicht mehr aufzuhalten ist.“