Der zweite Prozesstag am Donnerstag, 23. November, beginnt, wie der erste geendet hatte – mit Erklärungen der beiden Verteidiger. Am Ende stehen allerdings die Urteile für die zwei Brüder, die sich vor dem Landgericht Konstanz verantworten müssen.
Ihnen hat die Anklage schweren Bandendiebstahl im Schwarzwald-Baar-Kreis und in Singen vorgeworfen.
Der Wert der von ihnen und Mittätern erbeuteten Ware belaufe sich auf über 1,7 Millionen Euro, so die Staatsanwaltschaft.
Schwerer Diebstahl – aber nie aktiv
Beim Prozessauftakt am 7. November hatten die Verteidiger der Angeklagten jeweils eine Erklärung verlesen. Demnach seien die beiden Brüder zwar an manchen der Taten im Zeitraum von August bis November vergangenen Jahres beteiligt gewesen, jedoch nie beide gleichzeitig.
Die Beteiligung am Diebstahl von E-Bikes, Haarschneidemaschinen oder Schweißmaschinen soll sich dabei immer nur auf Schmiere stehen beschränkt haben. Der Rest der Taten sei von den Mittätern ausgeführt worden.
Richter Arno Hornstein sah diese beiden „eingeschränkten Geständnisse“ zumindest als Grundlage, um den Prozess zu beschleunigen.

Handy wurde verliehen
Während der jüngere der beiden Brüder inzwischen auch eingeräumt hatte, bei einigen Taten aktiv beteiligt gewesen zu sein, änderte der Ältere seine Erklärung nur geringfügig.
Die Hauptaussage blieb bestehen: Er sei an manchen Taten nicht beteiligt gewesen – obwohl sein Handy im Bereich des Tatorts geortet wurde.
Seine Erklärung: Er habe sein Handy vor der Tat seinem jüngeren Bruder gegeben. Dieser erklärte wiederum, das Handy sei von Komplizen als Internet-Hotspot genutzt worden.

Kommissar klärt auf
Der als Zeuge geladene und für den Fall zuständige Kommissar von der Kriminalpolizeidirektion Rottweil äußerte eine klare Meinung zu dieser Darstellung.
18.000 Seiten an Chats seien ausgewertet – es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass ein Dritter das Handy benutzt habe.
Stattdessen seien auf dem Handy beispielsweise Nachrichten zu finden, mit denen die beiden Brüder miteinander kommunizierten – und zwar während der Tat.
„Wenn der jüngere Bruder wirklich beide Handys hatte, dann müsste er schon mit sich selbst telefoniert haben“, schließt der Kommissar. Er gehe zweifelsfrei davon aus, dass beide Brüder an den in Frage kommenden Taten beteiligt gewesen seien.
Geständnis ist für Richter „Humbug“
Auf die Aussagen des Kommissars reagierte Richter Arno Hornstein: „Ich fühle mich ein Stück weit veräppelt“. Die Handygeschichte sei offensichtlich „Humbug“. Es brauche zumindest eine Basis der Glaubwürdigkeit, um bei dem am ersten Prozesstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit vereinbarten Strafmaß zu bleiben.
Mit dem Geständnis des jüngeren Bruders könne man arbeiten, mit dem des älteren nicht. Wenn er nach einer Verhandlungspause bei dieser Geschichte bleibe, dann müsse man ernsthaft überlegen, wie man fortfahre, so der Richter.
So kam es auch, der Angeklagte änderte sein Geständnis vorerst nicht. Sein Verteidiger Hartung Schreiber sagt, er habe alles versucht, aber: „Mein Mandant will die Taten einfach nicht einräumen.“
Letzte Chance
Daraufhin erklärt Staatsanwältin Patricia Müller, dass das Geständnis so absolut unzureichend sei. Sie hätte gerne ein schnelles Verfahren, das sei aber so nicht möglich.
Auch Richter Arno Hornstein zeigt sich ratlos. Dann müsse man eben weitermachen – oder besser gesagt: „Wir fangen dann bei Null an“. Nun könne es aber ein langer Prozess mit dem Anhören vieler Zeugen und Sichtung von Beweismaterial werden.
Er verstehe das nicht aus Sicht des Angeklagten, das Strafmaß sei dann nach oben hin wieder vollkommen offen.
Hartung Schreiber, Verteidiger des Angeklagten, wollte eine letzte Pause, um seinem Mandant noch einmal ins Gewissen zu reden. Und es funktionierte: Der Angeklagte räumte seine Mittäterschaft bei den viel diskutierten Taten ein.
Holpriger Weg zum Urteil
Auf diesem Geständnis könne ein Urteil wegen gemeinschaftlichem Diebstahl guten Gewissens aufbauen, waren sich Richter und Staatsanwaltschaft einig.
Der ältere der beiden Brüder wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der jüngere erhielt eine Gesamtstrafe von sieben Jahren und acht Monaten – er wurde schon im April zu sechs Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Auch wenn der Weg zum Urteil teilweise holprig gewesen sei, zeigte sich Richter Arno Hornstein zufrieden, dass durch die Mithilfe aller Beteiligten ein größeres Verfahren vermieden werden konnte.