Die Donaueschinger Fasnet prägen Hansel und Gretle dominant, wenn sie über die närrischen Tage durch die Stadt ziehen. Was jedoch auch ein vertrautes Bild ist, das sind Rucksäcke, alte Hüte mit bunten Plastikblumen und zerschlissene graue Sakkos. Die Rede ist von den Stadtstreich(l)ern, der kultigen Gesangs- und Gauditruppe, die zur Fasnet nicht nur in Donaueschingen unterwegs, bekannt und beliebt ist.
Seit über 40 Jahren sind die Stadtstreich(l)er mittlerweile unterwegs und haben die Welt der Narren schon vielfach bereichert. Sei es mit ihren selbst gedichteten spaßigen Liedern, die Alltägliches und städtisches Geschehen lupenrein aufs Korn nehmen, oder mit den von ihnen organisierten Veranstaltungen, wie etwa den Gaudimusik-Obed, der sich zu einem festen Termin etabliert hat.
Wer sich bereits auf Auftritte der Gruppe an der Fasnet 2025 freut, der wird jedoch wohl auch wehmütig. Warum? „Es ist Schluss!“, sagt Clemens Willmann von den Stadtstreich(l)ern. Die Gruppe wird die Instrumente niederlegen und sich in den närrischen Ruhestand begeben. Der Beweggrund? Es sind viele Faktoren, die mit reinzählen. So etwa der überraschende Tod von Hubert Zimmermann im April.
Aber es ist auch das Alter, sagt der Donaueschinger Arzt Willmann: „Ich bin jetzt 75 Jahre alt.“ Das Streich(l)ertum mache zwar sehr viel Spaß – sonst würde es die Gruppe auch nicht immer noch geben – ist aber auch sehr anstrengend. „Wir haben unsere Grenzen erkannt, deshalb hören wir auf. Nach all den Jahren kann ich aber sagen: Es war eine tolle Zeit“, erklärt Willmann. Und man sieht es in seinen Augen: Der Fundus an Erzählungen, die sich so im Laufe der Jahre angesammelt haben, ist ein gewaltiger Schatz. Damit verbunden ist allerdings auch etwas Wehmut.
Dabei hat alles ganz klein angefangen: Clemens Willmann und der frühere städtische Liegenschaftsamtsleiter Jochen Hauger waren an der Fasnet allein Zuhause. Also packten sie ihre Rucksäcke, schnürten die Schuhe und zogen hinaus. Der erste Auftritt war im Altenheim St. Michael, wo sie ein paar Witze auf der Bühne erzählten.

Das entwickelt sich und wird schließlich musikalisch, als Uli Früh zum Duo stößt. Schließlich kommt Werner Engesser hinzu und auch der frühere Lehrer Hanno Peter. Hubert Zimmermann vom Donaueschinger Ordnungsamt ist irgendwann mit dabei, ebenso Roland Armbruster und ab 2013 Silvie Wenzel als erste Frau in der Truppe sowie vor vier Jahren Jürgen Dold.
Nicht zu vergessen natürlich Alt-OB Bernhard Everke als einziger Ehrenstadtstreich(l)er. „Da gäbe es auch noch schöne Geschichten“, so Willmann.
Zu Besuch beim Ministerpräsidenten

Ihre unterhaltsamen und cleveren Texte sorgen nicht nur beim Strählen im „Hirschen“ für Lachtränen und Schunkeln, auch in der Villa Reitzenstein in Stuttgart werden die Stadtstreich(l)er geschätzt. Clemens Willmann hatte im Internat in Riedlingen gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Schulbank gedrückt – und immer noch Kontakt zu ihm: „Gerlinde Kretschmann ist einer unserer größten Fans“, sagt Willmann.
Mit größer werdendem Bekanntheitsgrad ist die Gruppe nicht nur bei unzähligen Festen in der Stadt, privaten Anlässen oder Einladungen anderer Narrenvereine zugegen, sie singt für Donaueschingen auf der Tourismusmesse in Stuttgart oder bei einer Weihnachtsgala im fürstlichen Schloss und landet beim Närrischen Ohrwurm 2009 auf dem zweiten Platz – mit nur einem Punkt Rückstand. „Ich könnte einen Abend lang erzählen. Es sind alles wunderschöne Geschichten“, erinnert sich Clemens Willmann zurück.

So ganz ist auch nicht aller Tage Abend. Noch einmal wollen die Stadtstreich(l)er diese Zeit ordentlich zelebrieren. Das soll am Gaudimusik-Obed passieren, der wie immer am Fasnet-Samstag in Donaueschinger Gaststätten ausgerichtet wird: „Das wird dann hoffentlich ein schöner Abschluss“, sagt Willmann.
Der Abend habe sich so etabliert, dass man daran arbeite, dass er auch weitergehe: „Wir sind dran, dass das jemand übernimmt. Wir haben einige zusammengetrommelt, die auch an der Fasnet aktiv sind. Zusammen mit der Narrenzunft Frohsinn wird es weitergehen“, erklärt Willmann.
Zum Gaudimusik-Obed sind die Kneipen immer voll. „Es ist ein gutes System. Die Leute können sitzen bleiben und bekommen ein wechselndes Unterhaltungs-Programm – auch mit großer Unterstützung der heimischen Fürstenberg-Brauerei“, so Willmann. Für die Gruppen immer ein anstrengender Abend – aber eben auch erfüllend.
Ein Abschiedslied zum letzten Auftritt?
Und wird es eigens für diesen Anlass auch ein Abschiedslied der Streich(l)er geben? „Das weiß ich noch nicht“, sagt Willmann. Sein persönliches Lieblingslied der Gruppe ist „Lasset uns das Leben genießen.“ Bei den Proben sei das immer das Abschlusslied gewesen. Vielleicht ist es das auch beim Gaudimusik-Obed. Dem letzten mit den Stadtstreich(l)ern. Dabei sein, das werden sie in Zukunft jedoch trotzdem immer. Das Vermächtnis bleibt – und schunkelt weiter.