Bingo! Eben hat Franziska D. (Name ist der Redaktion bekannt) ihren neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Sie ist jetzt stolze „Assistentin für Evaluierungen“. Was sie in dem Moment nicht weiß: Mit dieser Unterschrift beginnt der Alptraum ihres Lebens.
„Ich kann immer noch nicht glauben, wie naiv ich war“, sagt die Villingerin heute, rund vier Wochen nach der verhängnisvollen Signatur. „Wie doof kann man eigentlich sein?“ Um ein Haar, so weiß sie heute, wäre sie zur Geldwäscherin geworden – vollkommen ohne Absicht.
Die Geschichte beschäftigt sie noch immer, noch immer schämt sie sich sehr für ihre Vertrauensseligkeit, daher haben wir uns für eine Anonymisierung entschieden. Doch die Villingerin will andere Menschen warnen, damit diese nicht in dieselbe böse Job-Falle gehen.
Der Job scheint rundum perfekt
„Eigentlich bin ich momentan nur auf der Suche nach einem Teilzeit-Job. Und da ich ein Kind im Grundschulalter habe, sollte dieser Job zeitlich zu den Schulzeiten passen“, erzählt Franziska D.. Auf einer großen Internet-Plattform stößt sie auf eine interessante Anzeige: Gesucht wird eine Bürokauffrau auf Minijobbasis, Arbeitsort: Homeoffice. Eine Stelle wie gemacht für D., schnell ist die Bewerbung unterwegs.
Ebenso schnell kommt auch die Antwort: Der Job sei zwar vergeben, es gebe jedoch eine freie Stelle als Evaluierungsassistentin. „Die Aussicht auf Homeoffice und freie Zeiteinteilung klang toll“ sagt Franziska D. Die junge Mutter setzt sich per Whatsapp mit dem angeblichen Teamleiter in Verbindung.
Heinz Riedel nennt sich der Herr und auch im weiteren Verlauf ihres angeblichen Arbeitsverhältnisses wird die Villingerin ihn nur in Chat-Nachrichten kennenlernen. Telefonisch erreichbar ist der Herr nicht, auch bei Probeanrufen des SÜDKURIER meldet sich stets nur die Mailbox. Die Rückrufbitte? Wird ignoriert.
Bei D. in Villingen geht es nun jedoch Schlag auf Schlag. Als Probeauftrag muss sie eine Spiele-App bewerten: Aufbau, Verständnis, Handhabung und mehr. 15 Euro soll die Villingerin dafür bekommen. Kein Problem. „Kann das echt so einfach sein?“, fragt sie am Abend noch ihren Mann. Doch auch der sieht keinen Grund zur Sorge. Noch nicht.
Drei Tage später kommt der Arbeitsvertrag, Arbeitgeber ist eine Hamburger Firma. „Ich habe erst mal das Internet durchforstet und geschaut“, erzählt Franziska D.. Dort findet sie das Unternehmen: IT-Branche, weltweit tätig, sogar die Bilanzen sind einzusehen. Offenbar seriös. D. unterschreibt den Arbeitsvertrag, fügt Steuernummer, Sozialversicherungsnummer, Kontodaten ein und schickt alles zusammen mit einer Ausweiskopie per Whatsapp zurück.
Was die Villingerin in diesem Moment nicht weiß: Ja, das Unternehmen gibt es wirklich – doch es weiß nichts von Franziska D., seiner neuen Mitarbeiterin. Und auch Heinz Riedel, der Teamleiter, arbeitet hier gar nicht wirklich.
Die neue Aufgabe: Schein-Konten eröffnen
Aber zurück nach Villingen, ins Zuhause von Frau D.. Die bekommt nun ihre ersten Aufträge: Sie soll Verifizierungs-Apps für drei Banken auf Kundenfreundlichkeit testen. „Dazu sollte ich – wie ich dachte – Schein-Konten eröffnen“, berichtet die Villingerin. Für die Abwicklung bekommt sie eine fremde E-Mail-Adresse und Handynummer.
Zu dem Zeitpunkt beginnt die Sache mit Franziska D.s Bauchgefühl: Das ist mittlerweile nämlich nicht mehr gut. Gar nicht mehr. Als die ersten Briefe mit PIN- und Tan-Nummern eintrudeln, soll sie diese „von allen Seiten“ fotografieren. Auch dies erledigt D. noch – ohne allerdings die Felder mit den Geheimzahlen zu öffnen.
Jetzt will Herr Riedel unbedingt die Bankcodes
„Es ging nicht lange, bis Herr Riedel die Bitte an mich richtete, die Codes freizurubbeln und ihm zu geben, zur Löschung der Konten“, so die Villingerin. „Das war der Punkt, wo mir endgültig klar wurde, dass ich hier einer mächtigen Betrugsmasche aufgesessen bin.“ Am nächsten Morgen – neun Tage, nachdem sie den Arbeitsvertrag unterschrieben hat – erstattet Franziska D. bei der Polizei Villingen Anzeige wegen Computerbetrugs gegen Unbekannt.
Die Beamten in der Region kennen diese Masche der Betrüger bis zu dem Zeitpunkt nicht. „Das ist in dieser Art neu für uns“, bestätigt Pressesprecher Jörg-Dieter Kluge. „Es ist irre, was das abgeht, das ist mittlerweile alles sehr gut gemacht und sieht täuschend echt aus.“ Kluge rät dazu, „mit wachem Verstand und wachem Sinn durchs Leben zu gehen.“ Die Ermittlungen in der Sache dauern weiter an.
In Polizeikreisen anderswo ist die Jobbetrugs-Masche aber durchaus nicht unbekannt. In Niedersachsen etwa haben die Beamten damit schon öfter zu tun gehabt. „Mit gefälschten Jobangeboten gehen die Täter auf Datenfang in diversen Jobbörsen. In der Hoffnung, auf Jobsuchende zu treffen, die sich etwas dazuverdienen möchten, stellen die Täter einfache und gut bezahlte Jobs in Aussicht“, klärt das dortige Landeskriminalamt auf seiner Internetseite namens „Ratgeber Internetkriminalität“ auf. Dort findet sich unter anderem auch der fast identische Arbeitsvertrag, den Franziska D. aus VS unterschrieben hat.

Ziel der Täter: „Die Bankkoten können die Betrüger dann für Geldwäsche, z.B. Fakeshop-Zahlungen, verwenden“, schreibt die Kriminalpolizei. Solche Konten würden zudem im Darknet gerne zum Kauf angeboten. „Auch ein weiterer Missbrauch der Daten ist zukünftig denkbar (Bestellungen, Verträge, Betrügereien in Kleinanzeigenportalen, personalisierter Spam und mehr). Nicht selten werden die Namen auch als Geschäftsinhaber auf den gefälschten Seiten verwendet“, so die Beamten im Norden.
Konten gekündigt – aber immer noch kein ruhiger Schlaf
Franziska D. hat mittlerweile alle drei Konten wieder gekündigt. Pin- und Tan-Nummern hat sie zum Glück nicht weitergegeben. Dennoch – die Sache abhaken und wieder ruhig schlafen kann sie derzeit nicht. Immerhin, so die Villingerin, haben die Unbekannten nun ihre kompletten Daten bis hin zur Bankverbindung und Ausweiskopie.
D. fürchtet, dass die Betrüger in ihrem Namen einkaufen und die Ware nicht bezahlen. Täglich mehrfach checkt sie derzeit ihre Konten, „ich bin nur noch mit gespitzten Ohren unterwegs“, sagt sie. Und betont: „Das ist so fies, das sind echt kranke Hirne.“