Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Region Schwarzwald-Baar muss weiterhin mit der Platzierung eines Standortübungsplatzes für das Donaueschinger Jägerbataillon rechnen. Dies macht ein aktuelles Schreiben der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) an Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) deutlich.

  • Die Vorgeschichte: Zum Dienstag wurde eine Verfügung der Ministerin bekannt, wonach alle Pläne zur Ansiedlung eines großen militärischen Übungsplatzes im Weißwald und auf dem Ochsenberg bei Tannheim von ihr gestoppt worden seien. Im Sommer 2020 waren die Pläne öffentlich bekannt geworden. Es bildeten sich Bürgerinitiativen, Resolutionen wurden verfasst, ganze Ortschaften wie Überauchen und Tannheim wehrten sich gegen diese Absichten ebenso wie die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen. Das Rathaus des Oberzentrums hatte ein markantes Papier für den Gemeinderat formuliert, das mit Ablehnungsgründen über 14 Seiten gespickt war.
Tarnen und anschleichen: Donaueschinger Jäger zeigen im Weißwald bei Tannheim im Aoril 2021, wie sie im Ernstfall durchs Unterholz ...
Tarnen und anschleichen: Donaueschinger Jäger zeigen im Weißwald bei Tannheim im Aoril 2021, wie sie im Ernstfall durchs Unterholz vorrücken. | Bild: Roland Sigwart
  • Das Schreiben an Thomas Strobl: Kramp-Karrenbauer bittet Strobl in dem Brief, der diesen Juli versandt worden ist, um konkrete Schritte in der Angelegenheit. Die entscheidende Formulierung der Bundesministerin an den Landesminister lautet: „Ich bitte Sie nachdrücklich, uns bei der Suche nach adäquaten Flächen in der Region Donaueschingen zu unterstützen.“ Strobl fungiert in der grün-schwarzen Koalition als zuständiger Minister für Bundeswehrangelegenheiten.
  • Neue Suche für die Jäger: Kramp-Karrenbauer betont in dem Brief, der dieser Redaktion vorliegt, es gehe weiterhin darum, qualifizierte Übungsmöglichkeiten für die in Donaueschingen stationierten Jäger zu finden. Am Dienstag hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei im Gespräch mit dem SÜDKURIER erklärt, seiner Überzeugung nach seien Villingen-Schwenningen, Brigachtal und Donaueschingen nicht mehr von künftigen Platzierungsbemühungen eines über 500 Hektar großen Areals betroffen. Wie passt das zusammen?
Gut getarnt und zur besseren Erkennung fürs Foto rot beflaggt. Ein getranter Schütze kauert im Weißwald bei Tannheim im Aoril 2021 unter ...
Gut getarnt und zur besseren Erkennung fürs Foto rot beflaggt. Ein getranter Schütze kauert im Weißwald bei Tannheim im Aoril 2021 unter einem Baum. | Bild: Roland Sigwart
  • Das sagt der CDU-Abgeordnete: Thorsten Frei bleibt auch tags drauf am Mittwoch bei seiner Einschätzung. Von der Redaktion mit den Formulierungen Kramp-Karrenbauers konfrontiert, sagt er: „Ich hatte ja mehrere ausführliche Gespräche mit der Ministerin. Ich bin überzeugt, dass das ein Standortübungsplatz nicht im näheren Radius der Kaserne umsetzbar ist.“ Man müsse die Sätze der Verteidigungsministerin so verstehen, dass es eben weiterhin das Bemühen gebe, regional eine Lösung zu finden, um die Fahrten nach Stetten am kalten Markt überflüssig zu machen. Frei, der selbst eine Jäger-Grundausbildung erfahren hat, betont, dass sich die Ausbildungssituation mit der am vergangenen Wochenende vorgestellten Schießanlage unter dem Donaueschinger Buchberg „markant verbessert“ habe. Hier trainieren die Jäger den Umgang mit Pistolen und Gewehren. Am Standortübungsplatz geht es auch um das Abfeuern von Panzerfäusten.

„Demnächst umfangreiche Sanierungen“

  • Weitere Bundeswehr-Pläne: Frei erklärt zudem, dass bei der Instandsetzungseinheit, die in der Kurve der Landesstraße am Sickenbühl zwischen Donaueschingen und Grüningen angesiedelt ist, „demnächst umfangreiche Sanierungen und Verbesserungen beginnen sollen. Der frühere, große Übungsplatz für Soldaten der Region bei Immendingen wurde vom Land an Daimler-Benz verkauft. Der Automobilhersteller nutzt das für 200 Millionen Euro umgebaute, fünf Quadratkilometer große Gelände bereits seit September 2018. Frei hatte sich ebenfalls am Dienstag so geäußert, dass die eng besiedelten Gebiete in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen für ein großes militärisches Übungsgelände aus seiner Sicht ausscheiden. Am Mittwoch nannte er ausdrücklich auch noch die Donaueschinger Gemeinde Wolterdingen, die ebenfalls aufgrund von Topografie und Bebauung „nicht als Standort in Betracht kommen“ könne.
Thorsten Frei
Thorsten Frei | Bild: Büro Thorsten Frei MdB
  • Wo sind die Alternativen in der Region? Was aber ist mit Bräunlingen und seinen ausgedehnten Waldungen? Und sind nicht die ausgedehnten fürstlichen Wälder geeignet, einen Standortübungsplatz der Bundeswehr zu beheimaten? Thorsten Frei sagt konkret dazu, Verhandlungen „mit Privatwaldeigentümern können grundsätzlich sehr kompliziert werden“. Auch kommunale Eigentümer hätten „oft besondere Ansprüche“. Für die Bundeswehr sei es grundsätzlich der einfachere Weg, sich Gelände im Staatswald auszusuchen.
  • Keine Pacht für Fürstenberg: Zur Verdeutlichung: Etwa die Hälfte des Gebiets bei Tannheim befindet sich in fürstlicher Hand. Mit der Entscheidung Kramp-Karrenbauers entgeht dem Fürstenhaus eine stattliche Pachteinnahme.
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  • Das weitere Prozedere wird nun so aussehen: Die Bundeswehr wird sich erneut auf die Suche nach einem Großgelände für ihre Kampfübungen machen. das Werfen von gezündeten Handgranaten, das Abfeuern von Panzerfäusten sowie getarntes Vorrücken im freien Feld oder der Sturmangriff im Schutz von gepanzerten Fahrzeugen sind Aufgaben, die eingeübt sein müssen. Ist ein aussichtsreiches Gelände erspäht, wird die Bundesanstalt für Immobilien (BIMA) die Verhandlungen aufnehmen.
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  • Was aber ist ein geeignetes Gelände? Thorsten Frei antwortet mit seiner gesammelten Jäger-Erfahrung so: „Also wenn ich mir im Schwarzwald die eng bewaldeten Gebiete anschaue, dann sage ich mit einem Horizont: Das ist es nicht.“ In der Tat hätte es beim nun von Ministerin Kramp-Karrenbauer ausgeschlossenen Gelände auch Rodungen und andere Eingriffe in den Bestand stattfinden müssen, dass die Bundeswehr überhaupt ihr Material rasch herbei transportieren kann. Straßen hätten bis zu einer Tragkraft von 100 Tonnen ausgebaut werden müssen.

Wo nun wie und warum gefeiert wird

  • Thorsten Frei als OB würde jetzt ...: Thorsten Frei war neun Jahre lang Oberbürgermeister in Donaueschingen. Er beantwortet am Mittwoch auch die Frage, wie er als Rathaus-Chef mit den Sätzen Kramp-Karrenbauers zur „Region Donaueschingen“ umgehen würde. „Als Oberbürgermeister würde ich das nicht überbewerten“, sagt er und schmunzelt. Zu oft sei er „in Paris und Berlin gewesen“, um Verhandlungen wegen des in Donaueschingen stationierten Militärs zu führen.
Martina Braun
Martina Braun | Bild: Laurin Budnik
  • Seitenhieb der Grünen: Kritik an Thorsten Frei kommt am Mittwoch von den Grünen. Die Landtagsabgeordnete Martina Braun erinnert Frei daran, dass vor allem die CDU im Kreistag im März 2021 einen Resolutionsvorschlag der Grünen abgelehnt habe, der sich weitreichend gegen das Vorhaben bei Tannheim erklärt hätte. CDU-Kreise wiederum sagten seinerzeit, es gehe darum, sich strategisch geschickt zu positionieren und nicht alle Türen zuzuschlagen. Aus Sicht von Martina braun ist es nun „sehr erfreulich, dass aus Bundesebene anders entschieden worden sei. Martina Braun sagt an die Adresse von Annegret Kramp-Karrenbauer: „Es ist ein wichtiges Zeichen für die Bürger, dass sie gehört werden.“
Die Tannheimer Nachsorgeklinik bei Villingen.
Die Tannheimer Nachsorgeklinik bei Villingen. | Bild: Hans-Juergen Goetz
  • Der schöne Tannheimer Schlussstrich: In Tannheim wurde am Mittwochabend auf dem Klinikgelände fröhlich gefeiert. Das Reha-Refugium bleibt unberührt von allem Militärischen. Die Klinik-Leitung bat Kinder, Eltern und Mitarbeiter zu einem Ballonstart. Das Bild soll an Annegret Kramp-Karrenbauer geschickt werden, verbunden mit einem herzlichen Gruß.
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