In Königsfeld sind mehrere Wurfsendungen mit fremdenfeindlichen Äußerungen in die Briefkästen privater Haushalte geworfen worden. In mindestens einem Fall traf die massive Beleidigung eine Frau, die aus Afrika stammt und in einer Königsfelder Klinik als Ärztin arbeitet.
So aufgebracht erlebt man Fritz Link selten. Der sonst sachlich analysierend agierende Bürgermeister ist regelrecht aufgebracht angesichts der Texte. Bei denen handelt es sich um Zitate, die Vertretern rechtsextremer Gruppierungen zugeordnet werden und die massive Hetze gegen geflüchtete Personen beinhalten.
„Das sind Auswüchse des Wahlkampfes, die die Grenzen des Erträglichen bei Weitem überschreiten“, so Link, der in dieser Handlung die Würde der betroffenen Personen, an die die Nachrichten offenbar gerichtet sind, erheblich verletzt sieht.
Zitate sind im Internet auffindbar
Die Zettel, die jeweils mit einem Zitat beschrieben sind, sehen aus, als seien sie aus dem Internet kopiert und ausgedruckt worden. Diese Zitate lassen sich mit wenig Recherchearbeit auf unterschiedlichen Webseiten so oder in abgewandelter Form finden.
Bislang sind drei solcher Zettel aufgetaucht, die in privaten Briefkästen in der Bismarckstraße, der Straße Am Kurgarten und in der Hermann-Voland-Straße offenbar gezielt eingeworfen wurden – bei Bewohnern mit ausländischen oder ausländisch klingenden Namen. Darunter ist eine junge Frau, die aus Afrika stammt und als Ärztin in der Mediclin Albert-Schweitzer-Klinik arbeitet.

Chefarzt: „Widerlicher Zynismus“
„Diese Sprüche zeugen von barbarischer Brutalität und widerlichem Zynismus. Und die Vorgehensweise zeugt von erbärmlicher Feigheit“, sagt Bernd Mössinger, Chefarzt der Fachklinik, für Atemwegserkrankungen, Allergien und Schlafmedizin. Deshalb habe man sich auch an die Gemeinde gewandt.
Aktuell, so Link, sei noch völlig unklar, welchem Lager diese Aktion zuzuordnen sei. Link meint, es könne ebenso eine rechtsextreme wie eine linksextremistische Gruppierung dahinterstecken. „Vielleicht“, so vermutet der Rathaus-Chef, „um eine Gegenreaktion auszulösen.“ So oder so verurteilt der Königsfelder Bürgermeister die Aktion auf das Schärfste.
Der Vorgang wurde bei der Polizei zur Anzeige gebracht. „Jetzt ermittelt die Kriminalpolizei wegen Volksverhetzung“, so Link.
Appell an die Bürgerschaft
In diesem Zuge bittet die Gemeinde Königsfeld auch um Unterstützung der Bürgerschaft. „Wer irgendwelche sachdienlichen Hinweise dazu geben kann, soll sich umgehend bei uns melden.“ Damit seien auch Personen gemeint, die möglicherweise in den vergangenen Tagen ebenfalls einen Zettel mit fremdenfeindlichen Zitaten im Briefkasten vorgefunden hatten, diesem aber bislang keine weitere Bedeutung beigemessen haben, betont Link.
Zwar trage die aus einem afrikanischen Land stammende Frau, die einen der Zettel im Briefkasten vorgefunden hatte, den Vorfall „mit großer Fassung“, wie Mössinger beschreibt. Dennoch schürten solche Vorfälle die Angst der Menschen, die in diesem Land Schutz suchen. „Die Politik unterscheidet leider nicht zwischen Arbeits- und Fachkräften, auf die wir dringend angewiesen sind, und illegal eingereisten Flüchtlingen“ so Link.

Mitarbeiter für Patienten unverzichtbar
Bernd Mössinger und Fritz Link in seiner Funktion als Präsident des baden-württembergischen Heilbäderverbandes machen in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, wie wichtig ausländische Fachkräfte sind, um gerade das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten.
„Wir haben im vergangenen Jahr 3500 Patienten versorgt. Das wäre ohne unsere ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im medizinischen und pflegerischen Bereich gar nicht möglich“, so Mössinger.
Die ganze Welt ist vertreten
Es wird in der Klinik keine Statistik geführt, wie hoch der Anteil an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund ist. „Das ist für uns nicht wichtig. Aber es sind viele.“ Zudem hat der Mediclin-Konzern, zu der auch die Albert-Schweitzer-Klinik gehört, eine Antidiskriminierungserklärung unterschrieben und spricht sich klar gegen Diskriminierung aus. Insgesamt arbeiten in dem Mediclin-Konzern, zu dem bundesweit 30 Kliniken mit 10.000 Mitarbeitern gehören, Menschen aus über 100 Nationen.
Auch Fritz Link betont abschließend: „Die 350 Reha-Einrichtungen in Baden-Württemberg sind auf ihre ausländischen Fachkräfte existenziell angewiesen.“