Ein defektes Licht an einem Auto kommt Polizeibeamten eigenartig vor. Sie wollen den Fahrer kontrollieren. Plötzlich rast der Wagen davon, quer durch St. Georgen, ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer.
Dieser Fall hat sich so am 6. Januar 2024 ereignet. Und am 20. November 2023 ebenfalls. Und am 2. August und ein weiteres Mal im Juni 2022 zumindest ganz ähnlich. Jedes Mal war der Ausgangspunkt St. Georgen. Und jedes Mal war derselbe Jugendliche ohne Führerschein am Steuer. Das bestätigt jetzt die Staatsanwaltschaft Konstanz auf SÜKDURIER-Nachfrage.
Was sieht das Jugendstrafrecht vor?
Beim ersten Mal war er gerade 14, beim letzten Mal dann 16 Jahre alt. Welche strafrechtlichen Folgen kommen jetzt auf den jungen Mann und seine Familie zu? „Bei jugendlichen Straftätern steht der Erziehungs- und Einwirkungsgedanke im Vordergrund, weniger das Sanktionieren und der Schuldausgleich mit abschreckender Wirkung“, sagt der Erste Staatsanwalt Andreas Mathy.
Ziel der Justiz sei deshalb: „Auf den Knaben einwirken, dass er es nicht wieder tut.“ Allerdings, das muss auch Mathy einräumen, könnte eine Ermahnung beim vierten Mal womöglich nicht mehr genug sein. „Da ist es nicht mehr damit getan, dass der Richter mit dem Zeigefinger wedelt und sagt: ‚Mach das nie mehr.‘“
Das sind die üblichen Maßnahmen
Das Jugendgerichtgesetz halte einen ganzen Strauß an Maßnahmen bereit. Das reiche von Sozialkursen bis hin zu Geldstrafen oder Jugendhaft. „Das hängt von der Persönlichkeit und der Einsicht des Betreffenden ab“, sagt der Erste Staatsanwalt. Offensichtlich hätten die ersten Fälle jedoch nicht zu einer solchen Einsicht geführt.

Bei der jüngsten Verfolgungsjagd konnte die Polizei den Raser an seiner Wohnadresse stoppen. Dort hätten sich Angehörige dermaßen eingemischt, dass die Beamten Pfefferspray einsetzen mussten, heißt es. „Unter Umständen sind da die Jugendämter gefragt“, findet Mathy. Er spricht von einem „das deliktische Verhalten billigendem Umfeld“. Für die Behörden führe das zu der Frage, was unternommen werden könne, um für die Entwicklung des Jugendlichen bessere Voraussetzungen zu schaffen.
Auch gegen die Eltern wird ermittelt
Ermittelt werde jedenfalls wegen dem Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Dafür sei ein Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsentzug vorgesehen. Und auch die Eltern könnten nicht ungeschoren davon kommen. Auch die „Ermächtigung zum Fahren ohne Fahrerlaubnis“ ist strafbar. Wer also jemandem ohne Führerschein ermöglicht, das eigene Auto zu nutzen, muss mit bis zu einem Jahr Haft rechnen.
„Das ist ein Delikt, dass gar nicht so selten auftaucht“, sagt Andreas Mathy. Ermittelt werde deswegen immer, wenn die Fahrerlaubnis fehle und das Fahrzeug jemand anderem gehöre. Dann gelte es häufig zu klären, ob die Fahrzeughalter fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben.