Naila Winterhalter hat an den Kickbox-Europameisterschaften auf Malta teilgenommen. Dabei konnte die junge Kickboxerin neben vier Meister- und einem Vizemeistertitel noch einen weiteren Titel verbuchen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER verrät die Sportlerin, warum sie für das Nachbarland Schweiz angetreten ist. Und was die Comicfigur Popeye mit der Kickbox-EM zu tun hatte.
Start in fünf Kategorien
„Es fühlt sich cool an“, sagt Naila Winterhalter und strahlt auf die Frage des Reporters, wie man sich als so erfolgreiche Athletin fühlt. Vor ihr auf dem Tisch liegen fünf große, schwere Medaillen. Vier aus Gold, eine aus Silber. Sie stehen für die fünf Kategorien, in denen Naila Anfang April bei den ISKA-Europameisterschaften angetreten ist. Und in jeder Kategorie abgeräumt hat und meist alle Gegnerinnen besiegte.

Angetreten ist Naila sowohl in Vollkontakt- als auch in Leichtkontaktkategorien und in Wai Kru. Das ist ein thailändisches Tanzritual, mit dem die Sportler den Respekt gegenüber ihren Lehrern ausdrücken. Dass sie selbst hier die Goldmedaille abgeräumt hat, erstaunt Naila Winterhalter am meisten. „Das habe ich erst fünf Tage vorher trainiert“, sagt sie.
Der Stress der Meisterschaft
Bei den Wettkämpfen hatte Naila ein strenges Tagesprogramm zu absolvieren. „Ich habe jeden Tag einen bis zwei Wettkämpfe gehabt“, erzählt sie. Mit Vorentscheiden und Finalrunden stand sie dafür quasi den ganzen Tag im Wettkampfring. Teilweise blieben ihr zwischen zwei Wettkämpfen nur wenige Minuten Verschnaufpause. Dennoch war sie jederzeit voll fokussiert und ging im Finalkampf meistens als Siegerin aus dem Ring.
Dass sie im Muaj Thai, dem traditionellen Kickboxen, lediglich die Silbermedaille gewonnen hat, erklärt Naila damit, „dass ich gegen eine wesentlich größere Gegnerin antreten musste. Da diese sich immer zu mir heruntergebeugt hat, habe ich ihr aus Versehen zweimal gegen den Kopf geschlagen, was eigentlich nicht erlaubt ist. Deshalb haben mir die Schiedsrichter dafür Minuspunkte geben müssen.“ Ansonsten hätte sie auch diese Gegnerin, trotz körperlicher Unterlegenheit, gnadenlos besiegt.
Malerischer Wettkampfort
Die Wettkämpfe fanden an einer besonderen Location auf der kleinen Mittelmeerinsel zwischen Italien und Afrika statt. „Nämlich in den Filmstudios, in denen der Spielfilm ‚Popeye‘ mit Robin Williams gedreht wurde“, sagt Naila Winterhalter. Das war zwar schon 1980. Aber das Filmdorf, das damals extra aufgebaut wurde, existiert bis heute und ist eine beliebte Touristenattraktion. Diese hat sich Naila mit ihren Eltern Lisa und Dennis und ihren beiden Brüdern nach den Wettkampftagen noch angeschaut.

Denn Naila ist natürlich nicht alleine nach Malta geflogen. „Wir haben das mit einem kleinen Familienurlaub verbunden“, ergänzt Mama Lisa. Und zudem hat die ganze Familie Nailas zwölften Geburtstag auf Malta gefeiert, zu dem sogar extra Freude aus Deutschland angereist sind.
Deshalb für das Nachbarland
Angetreten ist Naila übrigens nicht für Deutschland, sondern für die Schweiz. Das hat einen einfachen Grund. „Weil mein Trainer, Ralf Hasenohr, aus der Schweiz kommt und weil das Studio, in dem ich trainiere, der Thai Box Club Singen, nahe der Schweizer Grenze ist“, sagt sie. Und da möchte sie natürlich auch für das Team antreten, das der Trainer unterstützt.
Der Trainer bescheinigte Naila bei der EM in Malta übrigens „eine beeindruckende Kombination aus Technik, Taktik, Präzision und Kontrolle auf internationalem Top – Niveau“.

Während sich Naila über ihre vier Gold- und eine Silbermedaille freut, die natürlich einen Ehrenplatz in ihrem ohnehin schon mit zahlreichen Medaillen, Pokalen und Meistergürteln dekorierten Zimmer stehen, vergisst sie fast, dass sie mit ihren vielen Siegen einen weiteren Titel gewonnen hat. Sie war nämlich auch die erfolgreichste aller Teilnehmer dieser Europameisterschaft. Eine ebenfalls herausragende Leistung, wenn man bedenkt, dass zur EM mehr als 1000 Teilnehmer aus 21 Ländern angetreten waren.
Wie geht es jetzt weiter?
Ihr nächstes Ziel hat Naila bereits vor Augen. Zwar wird sie 2025 nicht bei den ISKA-Weltmeisterschaften antreten. „Die sind in Australien, das ist dann doch zu weit weg.“ Auch bräuchte es dafür „so langsam ein paar Sponsoren“, wie Papa Dennis findet.

Dafür wird sie voraussichtlich bei den Weltmeisterschaften des World Karate und Kickboxing Verbandes WKU, in Trier antreten. „Und 2026 geht es dafür zur ISKA-Weltmeisterschaft, die dann in Spanien oder England stattfinden“, wie sie sagt. Dafür trainiert Naila Winterhalter in den Sommerferien wieder besonders gerne – in Thailand bei Kickboxweltmeister Pascal Schroth.