Boris Palmer, 52, seit 2007 Chef im Tübinger Rathaus, will vor allem eines: gestalten. Er hat eigene Vorstellungen davon, wie sich eine Stadt wie Tübingen und Deutschland zukunftsfähig entwickeln sollen. Und stößt oft damit an Grenzen: Vorschriften, Gesetze oder beharrende Kräfte in Politik und Gesellschaft stehen nicht selten Veränderungen entgegen.

„Was sich in Deutschland ändern muss“: Darüber diskutiert SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz mit Boris Palmer beim VS-Forum am Mittwoch, 13. November, 19 Uhr, in der Neuen Tonhalle in Villingen-Schwenningen.

Provozieren gehört dazu

Boris Palmer ist bekannt für seine unverblümte, oft provokante Kommunikation, die ihn in sozialen Medien und in der öffentlichen Debatte zu einer prominenten Figur macht. Es vergeht kaum keine Woche, ohne dass er auf seinem Facebook-Kanal bundespolitische Themen pointiert kommentiert oder seine Tübinger Agenda den gut 85.500 Followern nahebringt. Das Wort von Deutschlands wohl bekanntestem Oberbürgermeister aus Tübingen hat Gewicht und führt nicht selten zu hitzigen Debatten.

Bild 1: VS Forum: Boris Palmer kommt am 13. November
Bild: Jan-Philipp Strobel

Seine Art, unbequeme Themen direkt anzusprechen, hat Boris Palmer früh den Ruf eines Rebellen eingebracht. Das liegt in der Familie: Unbequem sein, anecken, provozieren und groß denken – das tat auch schon sein prominenter Vater, Helmut Palmer. Der gelernte Obstbauer aus Schwaben legte sich leidenschaftlich „mit der Obrigkeit“ an und löste mit seiner bis dato unkonventionellen Baumschnitttechnik gar den „Schwäbischen Obstbaukrieg“ aus. Bei über 300 Bürgermeisterwahlen trat er erfolglos an – da hat es sein Sohn Boris weitergebracht.

Abkehr von Bündnis90/Die Grünen

Boris Palmer war 2001 erstmals für Bündnis90/Die Grünen in den Landtag gewählt worden. Als umwelt- und verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion übte er früh Kritik am umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21. Bei der Landtagswahl 2006 wurde er wiedergewählt. Im Oktober 2006 trat Palmer bei der Tübinger Oberbürgermeisterwahl an und gewann gegen Amtsinhaberin Brigitte Russ-Scherer (SPD).

Den OB-Posten trat er im Januar 2007 an. Bei der OB-Wahl 2014 bestätigten die Tübinger ihn eindrucksvoll mit 61,7 % der Stimmen im ersten Wahlgang. Nach innerparteilichen Querelen trat Palmer bei der OB-Wahl 2022 als parteiloser Kandidat an und siegte mit 52,4 Prozent der Stimmen, weit vor den Kandidatinnen von Grünen und SPD.

Aufregung und heftige Kritik

Zuletzt war die Aufregung groß, als ihm Ende April 2023 bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt Rassismus-Vorwürfe entgegenschlugen und es zum endgültigen Bruch mit seiner Partei, den Grünen, kam. Er trat aus, bevor er rausgeschmissen wurde. Bereits zuvor hatte seine Mitgliedschaft wegen anderer umstrittener Äußerungen geruht.

Seine ungebrochene Popularität bei den Wählerinnen und Wählern zeigte sich bei der jüngsten Kommunalwahl 2024, als er mit der höchsten Stimmenzahl aller Kandidaten in den Kreistag gewählt wurde.

SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz wird das Gespräch mit Boris Palmer beim VS-Forum führen.
SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz wird das Gespräch mit Boris Palmer beim VS-Forum führen. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Boris Palmer ist vor allem eines: Pragmatiker und Macher. In Fragen der Umwelt- und Klimapolitik vertritt er praxistaugliche und mitunter unkonventionelle Ansichten, die auf lokale Lösungen und wirtschaftliche Realitäten abzielen.

In Tübingen Maßstäbe gesetzt

Unter seiner Führung ist Tübingen zu einer Vorzeigekommune im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit geworden. Der CO-Ausstoß der Stadt wurde erheblich reduziert. Ein Baustein: die Einführung eines umweltfreundlichen Verkehrskonzepts mit dem Ausbau von Fahrradwegen und der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs. Dicke SUVs mit miserabler Klimabilanz sagte er den Kampf an: Tübingen führte 2021 höhere Gebühren bei Anwohnerparkplätzen ein für Fahrzeuge mit hohen Emissionen.

Wer hat‘s erfunden? Tübingen!

Oft ist Palmer seiner Zeit voraus und ein versierter Marketingstratege, wenn es darum geht, sperrige Inhalte clever zu verpacken. Die städtische Klimaschutzkampagne, 2008 ins Leben gerufen, kommt als „Tübingen macht blau“ daher. Apropos Verpackung: Wer hat wohl die lokale Extra-Steuer auf Einwegverpackungen und Einweggeschirr erhoben? Klar: Tübingen. Wenngleich in der Sache das letzte Wort vor Gericht noch nicht gesprochen ist.

Bei der SÜDKURIER-Veranstaltung VS-Forum ist am 13. November Boris Palmer zu Gast. Also: schnell anmelden!
Bei der SÜDKURIER-Veranstaltung VS-Forum ist am 13. November Boris Palmer zu Gast. Also: schnell anmelden! | Bild: Hans-Jürgen Götz

Ins Risiko und vorneweg gingen Palmer und die Stadt Tübingen auch bei der Lockerung von Corona Beschränkungen 2019. Während andernorts Geschäfte, Kneipen und Kinos geschlossen blieben, durften beim „Tübinger Modell“ die Bürger mit einem tagesaktuellen negativen Cornona-Schnelltest die Einrichtungen besuchen, was nicht unumstritten war. Der Modellversuch machte von sich Reden, musste aber durch bundesweit einheitliche Corona-Schutzmaßnahmen nach fünf Wochen beendet werden.

In seinen politischen Positionen zeigt sich Palmer pragmatisch und teils abweichend von den typischen Positionen seiner einstigen politischen grünen Heimat. Besonders in der Flüchtlingspolitik hat er sich wiederholt für eine restriktivere Linie ausgesprochen, was ihm scharfe Kritik, aber auch Zustimmung eingebracht hat.

Schlauer Kopf, Vordenker, aber auch Provokateur mit Hang zu Sticheleien: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
Schlauer Kopf, Vordenker, aber auch Provokateur mit Hang zu Sticheleien: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer | Bild: Sebastian Gollnow/dpa

Das VS-Forum mit Boris Palmer verspricht, höchst informativ und spannend zu werden. Die Besucherinnen und Besucher dürfen sich auf einen Gast freuen, der mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält. Und wer weiß, vielleicht verrät Boris Palmer, ob er und die Grünen wieder zueinander finden. Einen prominenten Fürsprecher hat er jedenfalls: Kürzlich hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir laut Medienberichten durchblicken lassen, dass er sich eine Rückkehr Palmers zu den Grünen unter Umständen vorstellen könne. Wenn Palmer denn will. Da scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen.

So melden Sie sich an

Das VS-Forum mit Boris Palmer ist kostenlos, aber nur mit vorheriger Anmeldung möglich auf der Internetseite www.meinSK.de/vs-forum-24.

Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, 13. November, in der Neuen Tonhalle, Bertholdstraße 7, 78050 Villingen-Schwenningen. Ab 18 Uhr ist das Foyer geöffnet, ab 18.30 Uhr der Saal. Um 19 Uhr beginnt des VS-Forum.

Angemeldete Abonnenten von Print- oder Online-Medien des SÜDKURIER haben Vorteile: Wer sich mit seiner Kundennummer auf der Internetseite www.meinSK.de/vs-forum-24 anmeldet, kann vorab einen Sitzplatz reservieren und erhält beim Einlass einen Gutschein für ein Freigetränk, einzulösen an der Bar des VS-Forums.

Bringen Sie auf jeden Fall zum Besuch des VS-Forums einen Ausdruck Ihrer Anmeldebestätigung mit oder zeigen Sie am Halleneingang das Dokument auf Ihrem Handy vor.