Wenn beim bundesdeutschen „Warntag„ am 10. September auch die Feuerwehrsirenen landauf, landab ertönen, dann freut das Patrick Jamnikar ganz besonders. Der 28-jährige Rettungssanitäter hat vor einiger Zeit die Interessengemeinschaft „Gemeinsam für den Erhalt und Wiederaufbau des Sirenennetzes im Schwarzwald-Baar-Kreis„ gegründet.
Diese Facebook-Gruppe hat inzwischen 382 Mitglieder. Jamnikar und seine Gleichgesinnten teilen nicht nur die technische Begeisterung für die Anlagen, sondern auch die Überzeugung, dass sie für den Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall unverzichtbar sind.
Der Sirenen-Abbau
Bis in die 90er-Jahre betrieb der Bund ein flächendeckendes System von rund 80 000 Warnsirenen, die ihre Bedeutung für den Luftschutz, also die Warnung vor Luftangriffen, und für die Feuerwehr-Alarmierung hatten. Nach dem Ende des „Kalten Krieges„ bot der Bund die Sirenen den Städten zur Übernahme für den Zivilschutz an, doch viele Kommunen hatten kein Interesse. Inzwischen stehen nur noch rund 40 000 Sirenen im Land. (est)
Die Deaktivierung oder Demontage von rund der Hälfte der einst 80 000 Sirenen in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten wird von Experten des Zivil- und Katastrophenschutzes inzwischen kritisch betrachtet. Auch aus Sicht von Patrick Jamnikar und seiner Facebook-Kommune gibt es durchaus gute Gründe, sich im Brand- und Katastrophenfall nicht allein auf Warn-Apps oder Radio-Durchsagen zu verlassen. Er führt mehrere Argumente an, die für die Sirenenalarmierung sprechen.

- Im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls (“Black out“) fällt nicht nur das Handy- und Telefonnetz aus, auch andere zur Warnung der Bevölkerung geeigneten Massenmedien wie Fernsehen, Radio oder Internet sind außer Betrieb. Eine flächendeckende Warnung der Bevölkerung, sei damit nicht mehr möglich. „Ich halte es für verantwortungslos, im Katastrophenfall nur auf Warn-Apps zu setzten“, kritisiert der Rettungssanitäter aus Pfaffenweiler.
- Bei Großschadensereignissen wie Großbrände oder Hochwasser kann man mit Sirenen die Bevölkerung schnell und großräumig warnen.
- Im Umkreis von 150 Kilometern stehen sieben Kernkraftwerke. Bei einem Austritt von Radioaktivität gebe es ein Zeitfenster von nur vier bis sechs Stunden, um die Bevölkerung zu evakuieren.
- Für Alarmierung der Feuerwehr machen Sirenen bei Großeinsätzen und Nachalarmierung weiterer Einsatzkräfte Sinn.

Aus diesen Überlegungen setzt sich die Interessengemeinschaft dafür ein, dass im Schwarzwald-Baar-Kreis wieder ein flächendeckendes Sirenenwarnsystem installiert wird. Hier gibt es bereits große Lücken:
- In Villingen-Schwenningen gibt es nach Informationen von Jamnikar nur noch fünf alte mechanische Anlagen vom Typ E 57 (“Einheitssirene 1957“), die manuell aktiviert werden können. Das sind die Sirenen auf den Rathäusern Pfaffenweiler, Marbach, Herzogenweiler sowie zwei in Tannheim. Auch in einigen anderen kleinen Ortschaften stehen noch Sirenen, sind aber deaktiviert. Die Anlage in Rietheim soll demnächst abgebaut werden. In den großen Stadtbezirken gibt es offenbar keine Sirenen mehr.
- In Bad Dürrheim und den eingemeindeten Ortsteilen sind die Sirenen noch alle aktiv, in Hüfingen gibt es bereits moderne digitale Sirenen in den fünf eingemeindeten Ortsteilen, ebenso in Riedöschingen und Riedböhringen. Auch Triberg, Gremmelsbach und Nußbach verfügen über ein digitales Sirenennetz. „In allen anderen Gemeinden und Städten sind die Sirenen deaktiviert oder zurückgebaut“, so Jamnikar.
Für den Wiederaufbau und die Modernisierung gäbe es also viel zu tun. Die Interessengemeinschaft hat sich bereits von der Firma Sirenenbau Fischer in Freudenberg eine grobe Kostenschätzung machen lassen. Ein flächendeckendes Netz mit Neuanlagen würde demnach rund 2,5 Millionen Euro kosten. Jamnikar macht sich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der meisten Kommunen keine Illusionen, das diese Investition alsbald umgesetzt werden. An die Notwendigkeit glaubt er gleichwohl. Er verweist auf die Stadt Trossingen, die Oktober beginnt, ein modernes Sirenenetz mit sechs neuen Anlagen aufzubauen. Er hofft, „dass dieses gute Beispiel auch bei uns Nachahmung findet.“