Es gibt keinen Mangel an Kinderärzten im Schwarzwald-Baar-Kreis – zumindest auf dem Papier. Ganz im Gegenteil: Die bundesweiten gesetzlichen Vorgaben sind im Landkreis sogar übererfüllt, aktuell um 107,3 Prozent. Das geht aus der jüngsten Übersicht der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg – Stand 21. Oktober 2022 – hervor.
Allerdings dürften das viele gestresste Eltern im Alltag ganz anders erleben. Besonders die Schließung einer Kinderarztpraxis in Villingen-Schwenningen Ende 2021 schickte viele Eltern auf eine regelrechte Odyssee durch die Region, um für ihre Kinder eine neue Kinderarztpraxis zu finden.
So manche Mama, mancher Papa ist zwischenzeitlich im Nachbarlandkreis Tuttlingen fündig geworden. Das Klinikum Tuttlingen, das dem Landkreis Tuttlingen gehört, hat in Spaichingen in einem angegliederten Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) zwei Kinderärztinnen anstellen können. Diese haben auch kleine Patienten aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis aufgenommen.
Da stellt sich die Frage: Kann der Schwarzwald-Baar-Kreis nicht mehr tun, um den hiesigen Eltern und Kindern zu helfen? Das Schwarzwald-Baar-Klinikum befindet sich in der Trägerschaft von Landkreis und Stadt Villingen-Schwenningen – warum also nicht selbst aktiv werden, Kinderarztsitze aufkaufen und Kinderärzte anstellen?
Für Landrat Sven Hinterseh, derzeit Vize-Aufsichtsratschef des Klinikums, ist das eine merklich schwierige Frage, denn er sieht sich vor einem Dilemma.
„Ich verstehe die Dringlichkeit, ich bin ja selbst Papa von drei Kindern.“ Und es stimme, dass sich auch Kliniken im kommunalen Besitz über Medizinische Versorgungszentren im ambulanten Bereich engagieren können.
Zahlen und Fakten zu Kinderärzten im Schwarzwald-Baar-Kreis
Aber in Deutschland seien prinzipiell die Kassenärztliche Vereinigungen (KV) dafür verantwortlich, die ambulante medizinische Versorgung etwa mit Kinderärzten sicherzustellen – nicht die Gemeinden, Städte und Landkreise.
Die KV wiederum weist darauf hin, dass sie an bundesweiten Vorgaben gebunden sei, auch bei Kinder- und Jugendärzten. Der Gesetzgeber habe bei deren Einführung das Ziel gehabt, den Kostenanstieg und damit die Zahl der Ärzte zu begrenzen, so KV-Sprecher Kai Sonntag. „Es geht da nicht um den Bedarf der Eltern, sondern um die Frage, wie viel Geld zur Verfügung steht.“

Doch dass dieses Organisationsmodell Probleme macht, ist auch Landrat Sven Hinterseh klar: „In manchen Bereichen reicht die Versorgung nicht“, bestätigt der Landrat. Da müsse der Gesetzgeber handeln.
Nur: Ist jetzt nicht ein konkretes Eingreifen des Landkreises erforderlich? „Ich schließe nicht aus, dass ein größeres Engagement nötig wird, wenn das so weitergeht“, sagt Hinterseh. Kinderheilkunde, zum Teil Gynäkologie und punktuell auch Allgemeinmedizin nennt er als Beispiele für problematische Bereiche.
Kostenfrage als mögliches Problem
Allerdings ginge es dann auch ums Geld. Denn ob ein MVZ mit angestellten Kinderärzten seine Kosten wieder einspielt oder – eventuell auf Dauer – von der öffentlichen Hand subventioniert werden muss, ist nicht einfach zu beantworten.
Eine schwierige Langzeitverpflichtung in einer Situation, in der die fetten Jahre für die öffentlichen Haushalte spürbar zu Ende gehen. „Das würde nicht einfach sein“, sorgt sich Hinterseh.
Nur ein halber Arztsitz frei
Allerdings müssten dann auch Arztsitze für ein MVZ verfügbar sein. Da sieht es für Kinder- und Jugendmedizin im Schwarzwald-Baar-Kreis schlecht aus: Derzeit ist laut KV nur ein halber Sitz frei.