Wie kommt ein Wels in den Kirnbergsee? Und dazu einer, der 1,35 Meter lang ist und 15,4 Kilogramm wiegt. Darüber kann man nun spekulieren, denn Welse wurden seit dem Seeablass 1999/2000 nicht eingesetzt.
Fakt ist, der kapitale Raubfisch trieb im See sein Unwesen und entwickelte sich prächtig, bis Luis, der Sohn von Rainer Haug, Vorsitzender des Bräunlinger Angelsportvereins, ihn an der Angel hatte.
Luis war es auch, der seinen Vater zu einem spontanen Angeltrip motivierte: „Du, Papa, könnten wir heute noch einmal fischen gehen? Wir haben gestern nichts gefangen, aber heute vom Boot aus.“
„Nachdem wir dann unsere übliche Route gefahren waren, sagte ich: Jetzt machen wir einmal etwas anderes als sonst, wir fahren mal mitten über den See“, erzählt Rainer Haug. Bei einem kurzen Stopp zuckt bei Luis die Angelrute. „Ich glaube, du hast einen Biss“, bemerkt der Vater. Luis glaubt zunächst nicht daran, schlägt aber an und holt die Angelschnur ein Stück ein. Dann geschieht zunächst nichts: „Der Fisch muss uns entgegengeschwommen sein, doch irgendwann begann er dann zu ziehen“, sagt Haug.
„Das ist mir unheimlich“
Er zieht so stark, dass Luis zu seinem Vater sagt: „Papa, das ist mir unheimlich, ich habe Angst, mach du weiter. Das ist mir zu groß.“ Nach 20 Minuten Kampf mit dem Tier gelang es dann Rainer Haug, den Fisch mit dem sogenannten Wallergriff ins Boot zu holen. Denn ein Wels in dieser Größe passt in keinen normalen Kescher. Der Angler langt dabei dem Fisch ins Maul und zieht ihn dann aus dem Wasser. Man legt die Finger fest um den Unterkiefer, damit ist der Wels sicher fixiert.
Das sei ungefährlich, so Rainer Haug, denn obwohl es sich um einen großen Raubfisch handelt, habe er nur ganz kleine Zähne, die auch keine Widerhaken haben. Auch schnappt ein Wels nicht zu, oder quetscht die Hand ein, wenn man den Unterkiefer im Griff hat. Das hänge mit seinem Fressverhalten zusammen. Welse reißen ihr riesiges Maul auf und saugen ihre Beutefische gleich bis tief in den Schlund hinein. Die Zähne bohren sich nicht in die Beute, sondern verhindern nur, dass der Beutefisch wieder aus dem Maul rutscht.
Was hängt da nur an der Angel?
Während der Fangaktion dreht Rainer Haug kurze Videosequenzen, die er in die Angelsportverein-App postet. Anfangs habe er selbst nicht geglaubt, was er da an der Angel hat. Denn der Verein habe immer nur Hechte und Zander in den See eingesetzt, keine Welse. „Wenn das ein Hecht ist, hat er weit über 1,10 Meter“, sagt er zu seinem Sohn. Aber das ist untypisch, denn Hechte springen aus dem Wasser, um den Köder abzuschütteln. Dieser Fisch zieht allerdings immer nach unten.
Aufgrund der Wassertrübung kann Rainer Haug ihn zuerst nicht genau identifizieren, aber auch die Bewegungen sind Hecht-untypisch: „Das glaubt mir keiner“, denkt er bei sich und ruft seinen Angelkollegen und Gewässerwart Partrick Kopp an, der sich zusammen mit Matthias Tröndle auf den Weg zum Kirnbergsee macht. Doch bis sie eintreffen, ist der kapitale Wels schon im Boot.
Doch wie kommt der Wels in den See?
„Es gibt keinerlei Erklärung, wie der da rein kommt“, sagt der Vorsitzende des Bräunlinger Angelsportvereins. „Vielleicht hat ihn jemand ausgesetzt oder ein Wasservogel hat ihn fallen lassen“, spekuliert er. Dass er aus dem Brändbach kam, schließt Haug aus. Dort habe ein Wels keine Chance, weil er nicht die Tiefe habe, um richtig schwimmen zu können.
Das Alter des Fisches schätzt er auf fünf bis acht Jahre. Für das ökologische Gleichgewicht im Kirnbergsee sei es gut, dass der Wels dort jetzt nicht mehr lebt. Denn hier habe er keine natürlichen Feinde, andererseits sei er ein unersättlicher Räuber.
Und was hat Rainer Haug mit seinem Fang gemacht?
Lässt er den Fisch als Trophäe präparieren, wie es manche Angler machen? Nein, das koste heute ein Vermögen. Der Fisch liege filetiert und portioniert in der Kühltruhe und gebe so manches leckere Mittagessen. Außerdem sei es nicht sein Fang, sondern der von Luis.