Patricia Barberio ist 20 und im achten Monat schwanger als sie plötzlich alleinerziehend ist. Die Beziehung liegt in Scherben – und das kurz vor der Geburt. Hochschwanger sitzt die werdende Mutter alleine Zuhause, hat Arbeitsverbot, kann sich nicht ablenken.
Der Corona-Lockdown zwingt sie zusätzlich zur Isolation. „Was kommt da auf mich zu? Schaffe ich das alleine?“ Nur zu gut erinnert sich die junge Mama an das Gefühlschaos, an die Ängste vor der Zukunft. „Das wünsche ich niemandem.“
Heute ist Patricia Barberio 22. Ihr Sohn Jonah eineinhalb. Sie wohnt in St. Georgen in einer Wohnung. „In letzter Zeit geht es mir sehr gut“, erzählt sie. Sie ist im Mama-Alltag angekommen. Vor einigen Monaten hat sie wieder angefangen zu arbeiten. Die junge Mutter ist medizinische Fachangestellte. Und alleinerziehend. „Darüber wird nicht so oft geredet“, sagt Barberio. „Aber mir ist das nicht peinlich.“

Patricia Barberio ist keine Ausnahme. Genauer gesagt: Sie ist eine von 332.000. So viele Alleinerziehende gibt es laut Statistischem Landesamt im Jahr 2021 in Baden-Württemberg. Bundesweit sind es 2,6 Millionen. Tendenz steigend.

Mitleid will sie nicht. Warum auch? „Jede Mama hat ihre Themen, ob alleinerziehend oder nicht. Es ist immer eine Herausforderung. Aber jede Mama wächst auch mit ihrem Job.“
Natürlich hätte Patricia Barberio es sich anders gewünscht: Mama, Papa, Kind. „Das klassische Familienbild“, wie sie es nennt. Dass sie irgendwann Mama werden wollte, war für sie schon immer klar. Dass sie ihren Sohn ohne dessen Vater an ihrer Seite groß ziehen muss, damit hat sie sich inzwischen arrangiert. „Man muss schon hart im Nehmen sein.“
Die Sache, die ihr am meisten zu schaffen gemacht hat? „Es ist nicht unbedingt das Thema, ein Kind alleine großzuziehen.“ Die größte Schwierigkeit sieht sie in der Einsamkeit, dem Alleinsein. „Es gab Wochen, da hab ich mich mit keinem einzigen unterhalten. Sobald das Kind geschlafen hat, war ich alleine.“

Als Jonah drei Monate alt ist merkt sie: „Wenn ich jetzt keinen Anschluss finde, kriege ich die Krise.“ Kurzerhand durchforstet Barberio das Internet und stößt auf eine Gruppe für Alleinerziehende. „Ich bin ohne Erwartungen hingegangen und kam zurück mit vielen schönen Gesprächen und einem Kita-Platz.“
„Es ist schön zu wissen, dass man nicht alleine ist.“Patricia Barberio, alleinerziehende Mama
Der Austausch mit anderen Alleinerziehenden hilft Patricia Barberio: „Es ist schön zu wissen, dass man nicht alleine ist mit der Situation.“ Probleme und Sorgen werden auch über eine Whatsapp-Gruppe geteilt. Da ist Verständnis, da ist Rückhalt.
Treffpunkt für Alleinerziehende
Wie wichtig das ist, weiß auch Andrea Bender. Sie arbeitet für den Sozialdienst katholischer Frauen in Villingen und leitet seit knapp 20 Jahren den Treffpunkt für Alleinerziehende im Schwarzwald-Baar-Kreis. „Wir sind gut mit anderen Einrichtungen und Organisationen vernetzt.“ So könnten Alleinerziehende bei bestimmten Fragen an die jeweiligen Stellen oder Ansprechpartner vermittelt werden.
Ihr ist es wichtig, eine „Plattform zu bieten“. In der Regel sei das lediglich ein Anstoß – die Alleinerziehenden würden sich dann auch außerhalb des Treffpunktes verabreden und sich gegenseitig helfen. Sind es eigentlich nur Frauen, die die Gruppe besuchen? „Frauen sind auf jeden Fall in der Überzahl“, sagt Bender. „Es gab aber auch schon Männer.“
Vater des Kindes unterstützt
Unterstützt wird Barberio nicht nur von anderen Alleinerziehenden, sondern auch von Jonahs Vater. Der Kontakt zu ihrem Ex-Partner ist gut. „Er nimmt seine Vater-Rolle wirklich sehr ernst.“
Einmal die Woche ist Jonah bei ihm. Dann, wenn Patricia Barberio länger arbeiten muss, als die Kita auf hat. Außerdem kann sie Jonahs Papa nach Bedarf anfragen. Dass sie weniger zu tun hätte mit einem Partner an ihrer Seite, glaubt Patricia Barberio nicht. „Es wäre eher eine seelische Entlastung.“

Am Ende des Tages ist da eben keine Schulter, an die man sich anlehnen kann. Keine Meilensteine, die gemeinsam erlebt, keine Erziehungsfragen, die besprochen werden. „Man gibt so viel Energie und Liebe und kann es nirgends zurückholen.“
Was sie anderen Alleinerziehenden sagen möchte: dass es kein Dauerzustand ist. Dass die Kinder älter werden. Dass es mit der Zeit einfacher wird. Dass es wichtig ist, sich immer wieder neu zu fragen: Was ist das Beste für das Kind? Und was ist das Beste für mich?
Wahrscheinlich, überlegt Barberio, ist es schlussendlich wie bei allen Mamas. Es gibt Tage da fragt man sich: „Wie schaffe ich das?“ Und dann, am Ende des Tages, blickt man auf sein schlafendes Kind und denkt: „Ich weiß, wofür ich das alles mache.“