Bürgermeister Michael Rieger beobachtet die Entwicklung mit Sorge, wie acht- und respektlos im öffentlichen Raum mittlerweile umgegangen wird. „Das Einhalten von Regeln ist unpopulär. Und das stimmt mich sehr bedenklich“, sagt er. Und: „Keiner steht zu seinem Dreck, den er hinterlässt.“ Der städtische Vollzugsbeamte gehe gemeldeten Verunreinigungen zwar nach. „Aber wenn er jemanden anspricht und auf sein Fehlverhalten hinweist, wird er angelogen und beleidigt. Ich habe das Gefühl, man ist nur noch gut, wenn man zu allem ja sagt“, macht Rieger seinem Ärger Luft.

Malte Laabs ist einer der vielen Freiwilligen, die vergangene Woche bei der Frühjahrsputzaktion Wälder vom Müll befreit haben. ...
Malte Laabs ist einer der vielen Freiwilligen, die vergangene Woche bei der Frühjahrsputzaktion Wälder vom Müll befreit haben. Mancherorts ist davon bereits nichts mehr zu sehen. | Bild: Sprich, Roland

Der Rathauschef stellt klar, dass jeder Bürger seinen Teil dazu beizutragen hat, die Stadt sauber zu halten. „Die Stadt, das sind wir alle. Jeder, der hier wohnt, ist ein Stück dieser Stadt“, macht er deutlich. „Wir haben eine Satzung und eine Polizeiverordnung, in denen zu dem Thema alles genau geregelt ist.“

Das könnte Sie auch interessieren

Was für den Bürgermeister zudem „absolut nicht akzeptabel“ ist, ist die Tatsache, wie teilweise mit den städtischen Mitarbeitern umgegangen wird. Wie der SÜDKURIER vergangene Woche berichtete, wurde ein Bauhofmitarbeiter, der täglich nahezu ausschließlich mit der Müllbeseitigung beschäftigt ist, vom Inhaber eines Geschäftshauses am Bärenplatz am Arm aus seinem Fahrzeug gezerrt und auf eine auf dem Boden liegende Zigarettenkippe hingewiesen. „So etwas geht gar nicht. Wenn ich so etwas mitbekomme, gehe ich der Sache nach. Da stehe ich voll vor meinen Leuten“, so Rieger. Da erhält derjenige, sofern er namentlich bekannt ist, einen Anruf vom Bürgermeister persönlich.

Das könnte Sie auch interessieren

Rieger hat einerseits Verständnis dafür, dass bei den Bürgern aufgrund der seit einem Jahr andauernden Corona-Situation die Nerven blank liegen. „Aber das darf dennoch nicht zu solchen Situationen führen. Da muss sich jeder mal an die eigene Nase fassen. Wie soll man den Kindern klar machen, dass sie die Umwelt schonen sollen, wenn man sieht, wie Erwachsene sie vermüllen?“Der Bürgermeister weiß, dass es sich um eine Minderheit handelt, die sich so rücksichtlos verhält. „Aber alle anderen leiden darunter und das ist bedenklich.“

Rieger lädt in die Bürgersprechstunde ein

Was den Schultes ebenfalls maßlos ärgert, ist, dass manche Bürger sich über den Müll in der Stadt nur über die sozialen Medien äußern. „Ich biete nach wie vor meine Bürgersprechstunde an, in die jeder Bürger kommen kann, um mit mir die Probleme in einem persönlichen Gespräch zu besprechen“, sagt Michael Rieger.

Schon wieder liegt überall Unrat herum

Derweil scheinen manche Zeitgenossen völlig resistent gegen Berichterstattung und Maßnahmen gegen die Verschmutzung zu sein. Wo vor einer Woche gut 230 Freiwillige Wege, Plätze und Wälder vom Unrat befreit haben, sind bereits wieder achtlos weggeworfene Dosen, Taschentücher, Bonbonpapier und jede Menge Zigarettenstummel zu finden. Um dieser Personen habhaft zu werden, hat der Bürgermeister auch nichts dagegen, wenn Bürger, die andere beim Wegwerfen beobachten, sich bei der Stadt melden. „Auch wenn wir dadurch kleinlich wirken.“

Das sagt die Polizeiverordnung: Sauerei kann bis zu 1000 Euro kosten

  • Gemeindesatzung: In Paragraf 1 der Gemeindesatzung steht, dass es Straßenanliegern, also Eigentümern, Mietern und Pächtern obliegt, die Gehwege zu reinigen. In Paragraf 4 ist konkretisiert, dass sich die Reinigung neben Unkraut und Laub auch auf die Beseitigung von Schmutz und Unrat erstreckt.
  • Bußgeld: In der Fassung aus dem Jahr 1994 ist außerdem geregelt, dass die Nichtbeachtung der Regelungen eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einem Bußgeld von umgerechnet bis zu 500 Euro geahndet werden kann.
  • Polizeiverordnung: In der 2011 aktualisierten Polizeiverordnung wird auf umweltschädliches Verhalten und Belästigung der Allgemeinheit explizit eingegangen. Dort ist das Wegwerfen von Gegenständen aller Art, beispielsweise Flaschen, Dosen, Papier, Kaugummi, Tüten und Zigarettenstummel, außer in dafür vorgesehene Müllbehälter ausdrücklich untersagt.
  • Bußgeld: Die Zuwiderhandlung sieht ein Bußgeld von mindestens zehn und höchstens 1000 Euro vor.
  • Das Problem: Um ein Bußgeld verhängen zu können, muss ein Umweltsünder auf frischer Tat ertappt werden.
  • Dank des Bürgermeisters: Derweil bedankt sich die Stadtverwaltung bei allen Bürgern, Vereinen und Familien, die sich an der Frühjahrsputzete beteiligt haben. Sie erinnert Grundstücksbesitzer an ihre Pflicht bezüglich Heckenschnitt und erinnern Hundehalter daran, Hundekottüten nicht in der Landschaft zu entsorgen.
  • Verrottungstabelle: Die Verrottungstabelle des österreichischen Alpenvereins zeigt, wie lange Gegenstände brauchen, bis sie völlig verrottet sind. So brauchen ein Papiertaschentuch und Obstschalen bis zu fünf Jahre, eine Plastiktüte bis zu 200 Jahre, Styropor, Glas und Babywindeln mehrere hundert bis über 1000 Jahre und Zigarettenstummel bis zu sieben Jahre. Die besondere Gefahr von Zigarettenstummeln ist außerdem, dass Schadstoffe und Gifte ausgeschwemmt und ins Grundwasser gelangen können. (spr)