50 Jahre Villingen-Schwenningen. Das Oberzentrum hat Jubiläum, die 1972 zusammengefügte Doppelstadt an der einstigen Grenze von Baden und Württemberg hält bis heute zusammen – als kommunales Gebilde. Nun soll stolz gefeiert gefeiert werden – Januar bis Dezember, doch das Programm soll erst im Dezember stehen, so die Stadtverwaltung. Bange Fragen kommen auf: Wird das was?

VS kann feiern, so wie hier 2013 beim ersten Fest 9 am Münster. Die Neuauflage fand 2016 statt.
VS kann feiern, so wie hier 2013 beim ersten Fest 9 am Münster. Die Neuauflage fand 2016 statt. | Bild: Roland Sigwart


Das Rathaus hat im Herbst 2020 schon einmal die Stadträte mit der Fanfare eingestimmt: „Auch in den aktuell herausfordernden Zeiten und einer schwierigen Haushaltssituation bleibt das 50. Stadtjubiläum einmalig – es bietet der Stadt Villingen-Schwenningen großes Potenzial, seine Bekanntheit als Oberzentrum, als starker Wirtschaftsstandort und als attraktive und lebenswerte Doppelstadt in Baden-Württemberg überregional zu vergrößern und zu festigen. Davon werden auch die Bereiche Tourismus und Kultur profitieren, mit all ihren Akteuren.“

Was das Jubeljahr wert ist

Die ganz großen Töne verkniffen sich die Räte dann aber, als es ums Investieren ging. Magere 250.000 Euro gab das Gremium frei für ein Festjahr, mit dem die Stadt eigentlich oberzentral punkten könnte.

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Nun im Frühsommer 2021 und ein dreiviertel Jahr später ist eigentlich noch wenig klar. Am 24. Juni 2021 erklärt eine Verwaltungssprecherin auf eine SÜDKURIER-Anfrage, doch das Festprogramm vorzulegen, wie folgt: „Zum Stadtjubiläum … ist man aktuell noch mit der Ausarbeitung des Programms beschäftigt. Die Kollegen arbeiten mit Hochdruck am Projekt. Deshalb können wir dazu noch nichts verkünden.“ Am Abend zuvor hatte Matthias Jendryschik. Geschäftsführer der Wirtschafts- und Tourismus GmbH VS und Leiter Stabsstelle Stadtmarketing. Wirtschaft und Tourismus Villingen-Schwenningen erklärt, das Programm solle „im Dezember der Öffentlichkeit vorgestellt werden“. Im Dezember?

Zünftig feiern können die Bürger. Hier Klaus und Hässler Klaus Hässler und Beate Kernleitner auf einem Archivbild.
Zünftig feiern können die Bürger. Hier Klaus und Hässler Klaus Hässler und Beate Kernleitner auf einem Archivbild. | Bild: Julia Horn

Im Gemeinderat rührten sich 40 Stadträte dazu nicht. Dass ein einmaliges Ereignis so spät vorbereitet wird, ist in der Doppelstadt hausgemacht. Die Entscheidung im November 2020 war bereits der zweite Anlauf, um mit den Vorbereitungen für das Stadtjubiläum zu beginnen. Denn im Frühjahr 2019, als Corona niemand etwas gehört hatte, schoben die Stadträte die Vorlage nach kurzer Diskussion gleich wieder vom Tisch. Die damals genannten Zahlen waren dem Gremium zu teuer. 1,4 Millionen Euro sollte das Festjahr nach dem seinerzeitigen Plan kosten. Für einen Projektmanager waren für drei Jahre Arbeit Personalkosten von 325.000 Euro vorgesehen. Als Sachkostenbudget waren eine Million Euro veranschlagt. Der Mehrheit des Gemeinderats war dies zu üppig. Man beschloss, dass gefeiert werden soll, aber nicht in solchen Dimensionen, und vertagte das Thema.

Interne Rathaus-Kritik

Nun, ein halbes Jahr vor Beginn des Jubeljahres, wird offenbar, dass es in der Stadtverwaltung auch kritische Stimmen zum Ereignis gibt. Matthias Jendryschik outete vor dem Gemeinderat Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier als Bedenkenträger. Dobmeier, so Jendryschik, könne dem Ereignis 50 Jahre VS deshalb wenig abgewinnen, weil es „wie Goldene Hochzeit und altbacken“ klinge, erklärte Jendryschik zu den Einschätzungen des Kulturamtsleiters.

Tatsächlich gibt es hinter den Kulissen Murren. Das Programm, soweit bekannt, soll wie jedes Jahr auch mit einem allerdings besonderen Neujahrskonzert des Sinfonieorchesters im Franziskaner Kulturzentrum in Villingen beginnen. Und dann? Jendryschik sagte am Mittwoch, es gäbe viele Vereine, die Jubiläen feierten. Allerdings gibt es etliche Beispiele, wonach es genau dafür kein Geld geben soll. Etliche Clubs haben nach Informationen dieser Redaktion ihre Planungen für ihr Jubeljahr in 2022 wieder zusammengestrichen – notgedrungen.

Tusch für 2022: Wie prägend wird das Jubeljahr für Villingen-Schwenningen. Unser Bild zeigt eine Szene aus dem Jahr 2016.
Tusch für 2022: Wie prägend wird das Jubeljahr für Villingen-Schwenningen. Unser Bild zeigt eine Szene aus dem Jahr 2016. | Bild: Sprich, Roland

Zuletzt bekannt waren diese Programm-Säulen für 2022: Das Stadtfest „9 am Münster“ wird 2022 nicht stattfinden, geplant sind aber ein Open-Air-Festival, Ausstellungen zur Schwenninger Stadtgeschichte und Besiedlung des Schwarzwalds, die Literaturtage Baden-Württemberg, eine Massenchoraufführung sowie Schultheatertage. Hinzukommt die Kulturnacht, die über den allgemeinen Haushalt abgerechnet werde, aber auch dem Jubiläumsjahr zugerechnet wird. Faktisch stehen damit mehr als die jetzt bewilligten 250 000 Euro zur Verfügung.

Von einem goldenen Rahmen um das Jahr will niemand etwas wissen. Kein Silvesterball, kein großes Stadtfest zwischen Villingen und Schwenningen, keine Party-Wochenenden für VS-Jugendliche. Aktionen für gemeinsames Skaten, Radeln? Nichts Genaues weiß man nicht.

Das Ehrenamt muss wieder ran

Dass das Jubiläumsjahr-Programm damit überwiegend von den Ehrenamtlern in den Vereinen umgesetzt wird, lässt nicht nur die Frage nach dem Salär für diese Leistungen in den Vereinen aufkommen. Die Frage ist auch, ob es gelingt, mit dem Aneinanderreihen bekannter Veranstaltungen wie Neujahrskonzert, lange Tafel, Hocks am Walkebuck, ein wenig Fest-Geschichte zu schreiben. Und: Kann sich das Oberzentrum auf diese Weise oberzentral in der Region platzieren?

Termine wie Bülent Ceylan im Februar in der Eishalle stehen noch. Kann der Abend stattfinden? Eishallen-Geschäftsführer Klaus Hässler, ein bewährter Macher von Großereignissen in VS, berichtet aktuell von Unklarheiten, ob Events „überhaupt durchführbar sind: „Es gibt trotz derzeit niedriger Coronazahlen keine Planungssicherheit“, weiß er. Eine große Eissport-Tagung habe er eben erst aufs nächste Jahr verschieben müssen, ein angestrebtes Jahresprogramm sei nicht möglich.

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Was für ein Jahr wird also 2022 in Villingen-Schwenningen? Wird es sich als stolzer, die Bürgergesellschaft verbindendes Gesamtereignis stilbildend auswirken können? Kann 2022 herausragen in der jüngeren Stadtgeschichte? Oder wird es ein Jahr mit Kulturnacht und einer schönen Fasnet – also so wie bekannt? Man darf gespannt sein, was die Verwaltung auf den letzten Drücker im Dezember präsentieren wird, noch rechtzeitig vor dem Jahreswechsel.

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Diese Perspektiven gab es fürs Jubeljahr 2022 in VS

Ende Oktober 2020 präsentierte die Verwaltung vier Konzepte, die zwischen 28 .000 und 585 .000 Euro kosten. Im November 2020 beschloss der Gemeinderat mit großer Mehrheit, das Jubiläum zu feiern und dafür 250.000 Euro bereitzustellen. Das Motto soll lauten: „Wir gehören zusammen – Wir sind VS“. Vier Abstimmungsvarianten hatte die Verwaltung im Herbst 2020 vorgelegt, die heute noch einmal zeigen, was möglich gewesen wäre:

  • Die Variante Bronze: Sie war mit 28.000 Euro veranschlagt. Dafür kann es gerade das Villinger Stadtfest „9 am Münster“ (8000 Euro) geben und die Baden-Württembergischen Literaturtage (20.000 Euro). Zum Programm gehören aber auch die Schwenninger Kulturnacht, ein Open-Air-Konzert und Ausstellungen, die allesamt alle über den städtischen Haushalt finanziert werde.
  • Die Variante Silber: Hier wurde es mit 200.000 Euro deutlich teurer. Enthalten sind darin alle Angebote von Bronze und dazu könnte die Lange Tafel, die schon 2017 ein großer Erfolg war, wieder stattfinden: 100.000 Euro kostet das Massenpicknick zur Verbindung der Stadtteile. Auf der Liste stehen auch ein Massenchor für 3000 Euro, Schultheatertage für 10.000 Euro, ein Kinderfest für 5000 Euro und als Sahnehäubchen ein neuer Uhrenindustriepfad in Schwenningen, der 54.000 Euro kosten würde.
  • Die Variante Gold: Hier waren 355.000 Euro berechnet und dafür gibt es alles, was schon bei Silber ist und dazu noch viel mehr: Bürgerprojekte für 10.000 Euro, ein Blasmusikfestival für 15.000 Euro, ein Lichterfest mit Filmnacht im Schwenninger Neckarpark und in der Ringanlage bei der Villinger Stadtmauer für insgesamt 20.000 Euro und ein Kunstprojekt des Kunstvereins VS für 50.000 Euro. Weil in der Gold-Variante in einer viel größeren Dimension gefeiert wird und dies auch überregional beachtet werden soll, gehört hier auch ein Kommunikationsplan dazu: den gibt es für 50.000 Euro.
  • Die Platin-Variante: 150.000 Euro könnten hier für ein Veranstaltungsprogramm mit Vereinen und anderen Akteuren ausgegeben werden und 80.000 Euro für ein Bürgertheater. Zusammen mit allen Angeboten aus dem Gold-Programm kostet dies dann 585.000 Euro.