Frau Merkel, die Temperaturen steigen und Sie als Vorsitzende des Kneippvereins Villingen-Königsfeld können uns bestimmt sagen, wie unsere Leser mit kalten Güssen besonders gesund bleiben können?

Die kalten Güsse kann ja jeder zuhause anwenden, richtig kneippen geht aber schon anders. Gemeint ist dann in erster Linie das Wassertreten. In Villingen fehlt uns leider ausgerechnet die dafür erforderliche, öffentliche Wassertretanlage. Es gab eine im Kneippbad, diese ging aber im Rahmen der Sieben-Millionen-Euro-Sanierung leider verloren. Es gibt jetzt im Villinger Freibad noch ein Becken für Armbäder, die sogenannte Tasse Kaffee der Kneippianer.

Birgitt Merkel ist Vorsitzende des Kneippvereins Villingen-Königsfeld. Wie modern die Theorien von Kneipp sind, was der Verein in ...
Birgitt Merkel ist Vorsitzende des Kneippvereins Villingen-Königsfeld. Wie modern die Theorien von Kneipp sind, was der Verein in Villingen plant und wie Kneipp-Güsse wirklich angewendet werden, das legt sie im Interview dar. Unser Bild entstand an der idyllischen Kneippanlage zwischen Tannheim, Pfaffenweiler und Villingen. | Bild: Fröhlich, Jens

Die Tasse Kaffee?

Ja – das sind die Armbäder, die eine sehr belebende Wirkung haben – ähnlich eben wie eine gute Tasse Kaffee.

Zum Mitmachen für Zuhause, wie geht das genau und wie machen wir nichts falsch?

Das Wasser sollte nicht unter acht Grad kalt sein. Ideal ist es, wenn die Unterarme bedeckt sind von Wasser und noch die Hälfte der Oberarme auch noch im wasser sind. Maximal 90 Sekunden sollte diese Eintauchphase dauern – aber: Kribbelt es unangenehm auf der Haut, ist es auch vor Ablauf der 90 Sekunden schon genug. Einmal eintauchen genüg, morgens regt das Wasser an, man kommt damit gut auf Touren, das Spannende ist: Abends beruhigt der identische Vorgang Herz udn Kreislauf, der ganze Mensch kommt zur Ruhe.

Wichtig ist Folgendes: Wer mehrere Eintauchphasen vollziehen will, der sollte die Kneippregeln kennen. Zwischen allen Anwendungen und auch bei den Armbädern ist eine 90-minütige Pause vorgeschrieben. Ideal ist es, wenn man sich für rund 20 Minuten hinlegen kann. Das ist zugegebenermaßen tagsüber schwierig und nicht immer für alle praktikabel. Wem das Ausstrecken nicht möglich ist, der sollte nicht sofort auf Hochtouren weiter arbeiten, wichtig ist einfach, dem Körper eine Pufferzeit zu gönnen.

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Für wen sind solche Armbäder denn geeignet?

Das ist eine Anwendung für jung und alt, Senioren empfehle ich, das Ganze im Sitzen zu praktizieren, dann gibt es mehr Sicherheit. Bei allen Wasseranwendungen läuft Folgendes ab: In der Haut sind Rezeptoren, sensible Stellen, die Rückmeldungen geben an das Gehirn, das wiederum dafür sorgt, dass die Immunabwehr gesteigert und Herz und Kreislauf, genauer der gesamte Organismus, sinnvoll reguliert werden. Es wird also wieder eine Balance hergestellt.

Das alles mit 90 Sekunden die Arme im kalten Wasser?

Wenn Sie das regelmäßig einmal täglich machen, dann ja. Das Geheimnis ist die Regelmäßigkeit.

Zu den Fußbädern – was unterscheidet sie von den Armbädern?

Grundsätzlich: Kneipp nutzt alle Aggregatzustände des Wassers auch heißes Wasser kommt zur Anwendung – etwa in Form heißer Nackenwickel oder Wechselfußbädern. Auch Wasserdampf wird eingesetzt, etwa bei Dampfbädern wenn Sie erkältet sind und den Dampf aus einer heißen Schüssel Wasser einatmen.

Bei den Fußbädern gibt es einmal das Wechselbad. Zwei Gefäße, eines mit Wasser mit etwa 18 Grad Celsius, in der zweiten Schüssel ist Wasser mit Körpertemperatur oder wärmer, so wie es noch angenehm ist. Wichtig: Im kalten Wasser die Füße und Beine bis zur Wade für fünf Sekunden – nicht länger. Dann direkt in das warme Wasser für 30 Sekunden. Fünf bis sechsmal wechseln ist empfehlenswert oder einfach so, wie Sie sich damit wohl fühlen.

Und – bitte: Sie müssen vor Beginn warm sein, nicht mit kalten Füßen beginnen. Außerdem: Nicht mit kalten Füßen hinterher in Strumpf und Schuh, dann verpufft die Wirkung. Also nach dem Fußbad, auf der Wiese barfuß gehen. Ich empfehle sehr gymnastische Übungen zum Wiedererwärmen des gesamten Körpers.

Sie wollen jetzt in Villingen eine Wassertretstelle an der Brigach nahe der Paradiesgasse anlegen lassen. Wie wirkt Brigachwasser im Sommer und im Winter?

Also die Freiluftsaison beginnt bei uns immer nach den Eisheiligen und dauert bis September oder Oktober, entscheidend ist die Lufttemperatur draußen. Sie soll nicht unter zehn Grad Celsius sein. Ist es kälter wird der Reiz zu groß, das ist nicht im Sinne Kneipps. Kneipp war kein Extremist, er geht den behutsamen Weg, der Körper soll Zeit haben zu reagieren. Also im Winter bitte nur zuhause mit Wannen für die Arme und Unterschenkel arbeiten. Damit ist das auch mit der Brigach im Winter geklärt.

Im Sommer funktioniert Brigachwasser optimal: Es ist bewegt, die Füße werden dadurch auch gereinigt, unter Umständen durchaus auch von Pilzsporen oder anderen Keimen. Unsere neue Tretstelle hier soll sich über fünf Meter erstrecken mit etwa einem Meter Entfernung zum Ufer. Ein Handlauf gibt Sicherheit und am Boden muss eine ebene Fläche da sein, um Stürze zu vermeiden. In Pfaffenweiler ist es jetzt schon möglich, auf diese Weise dem Körper etwas Gutes zu tun. Hier gibt es eine von der Gemeinde sehr gut gepflegte Wassertretstelle. Sie befindet sich vom großen Grillplatz aus gesehen etwa fünf Minuten zu Fuß entfernt in Richtung Villingen. Hier gibt es herrliches Wasser aus dem Wald, es muss hier nicht gepumpt werden, das läuft hier wunderbar natürlich durch – idealer geht es nicht. Es ist kristallklar, der Gemeindearbeiter schaut immer danach. Manchmal hat es hier sogar Frösche im Wasser. Also Schwarzwald pur!

Ist das gut, wenn dieser Ort so abgelegen ist?

Hm – ja und nein. Leider ist es so, dass viele Hundehalte ihre Tiere da reinlassen. Ich hatte selbst lange einen Hund, das Fell der Tiere ist nicht immer sauber. Deshalb ist das schon kritisch für manche unserer Gäste hier. Meine Kneippianer fühlen sich hier schon manchmal gestört durch die Tiere. Ärgerlich: Eine Hinweistafel wurde mit einem Messer so bearbeitet, dass der Satz mit dem Hunde-Verbot kaum noch zu lesen ist. Die Abgeschiedenheit der Anlage hat aber auch Vorteile. Oft ist hier absolute Stille, das tut auch mir zusätzlich in der Seele gut.

Viele Menschen kommen hier ja nicht so einfach hin?

Ja, das ist schon ein Nachteil. deshalb wollen wir ja in die Stadt nach Villingen. Auch die Wassertretstelle in Tannheim ist sehr abgelegen hinter dem Freibad am Waldrand.

Wie weit ist denn das Projekt Brigach-Kneippen?

Der OB hat ja jetzt im Gemeinderat angekündigt, dass das geprüft werde. Zusätzlich muss meiner Kenntnis nach das Wasserwirtschaftsamt zustimmen. Und dann fehlt noch die Finanzierung. Mit maximal 7000 Euro ist das gut umsetzbar.

Wie viel Nachfrage bringt denn Ihr Verein an solche Plätze?

Das lässt sich so fast nicht beantworten. Wir haben ja keine Anlage in der Stadt zum Messen der Frequenz. Unsere 110 Mitglieder sind hier schon sehr stark interessiert am Zustandekommen des Brigachprojekts. Einwendungen dagegen wie zuletzt mit Hochwasser halte ich für fehl am Platze. Das gibt es nur in der Zeit, in der die Anlage eben nicht genutzt werden soll, im Winter und im Frühjahr.

Was planen Sie denn mit der neuen Anlage in Villingen genau – Anleitungen vor Ort?

Ich kann mir das einfach rundum gut vorstellen. Für die Mitgliederwerbung wäre das auch ideal, wenn wir mitten in Villingen etwa alle 14 Tage zu einer festen Uhrzeit so etwas anbieten.

Fragen: Norbert Trippl