Tobias Lange

Wenig neue Erkenntnisse gab es bei der Fortsetzung der Gerichtsverhandlung gegen einen 24 Jahre alten Aktivisten des offenen antifaschistischen Treffens Villingen-Schwenningen für Amtsrichter Christian Bäumler. Aber am Ende stand ein Urteil: Trotz einer eher dünnen Beweislage wurde der Angeklagte vor dem Amtsgericht wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, fahrlässiger Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Im September vergangenen Jahres soll der Angeklagte nach einer Kundgebung der regionalen Pegida eine Pegida-Anhängerin gestoßen und beleidigt und zwei Polizeibeamte beim Versuch sich gegen eine Festnahme zu wehren verletzt haben. Einer der Polizisten verletzte sich am Finger, als er den vorbeigehenden Angeklagten festhalten wollte, der zweite stürzte beim Versuch der Festnahme zu Boden.

Bereits beim ersten Verhandlungstag im April stellte sich heraus, dass es nicht einfach ist, die Faktenlage zu klären. Die Teilnehmerin der Pegida-Kundgebung räumte in ihrer Zeugenaussage ein, sich nicht genau an den Vorfall erinnern zu können.

Erinnerungslücken

Ähnlich verhielt es sich bei der Aussage des zu Boden gefallenen Polizisten, der als Zeuge zur Fortsetzung der Verhandlung geladen war. "Das ist so lange her. Ich kann das nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen", sagte der Beamte. Er sei zudem nicht von Anfang an bei der Auseinandersetzung dabei gewesen, sondern über Funk hinzu gerufen worden. Der Beamte bestätigte aber, dass sich der Angeklagte gegen die Festnahme gewehrt habe. "Er hat sich etwas gesperrt, aber nicht um sich geschlagen." Er selbst sei zwar gestürzt und habe Schmerzen gehabt, "das war aber am nächsten Tag weg."

Am Ende sah die Verteidigung den Vorwurf einer Körperverletzung gegenüber der Zeugin als nicht bestätigt. Die Beleidigung sei "als wenig erheblich einzustufen." Auch eine fahrlässige Körperverletzung des Polizisten, der sich am Finger verletzt hatte, wurde ausgeschlossen. "Fahrlässigkeit braucht Vorhersagbarkeit. Die ist nicht gegeben." Der Angeklagte habe nicht damit rechnen können, dass der Polizist beim Festhalteversuch so unglücklich an der Tasche hängen bleibt. Unstrittig sei hingegen der Widerstand gegen die Festnahme. Die Verteidigung beantragte daher eine Geldstrafe in Höhe von maximal 30 Tagessätzen von jeweils 50 Euro.

Die Staatanwaltschaft sah sich hingegen größtenteils bestätigt. Es habe die Beleidigung gegeben und auch den Stoß, der die Zeugin hätte zu Fall bringen und verletzten können. Zudem habe sich der Angeklagte den Beamten Widersetzt und zwei von ihnen verletzt. Sie forderte daher eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen von je 40 Euro.

Gewisses Verständnis vom Richter

Das Urteil des Richters fiel dann niedriger aus. Am Ende wurde der Angeklagte zu 55 Tagessätzen von je 40 Euro, also zu 2200 Euro, verurteilt. Er könne das Verhalten des Antifa-Aktivisten ein Stück weit nachvollziehen, sagte der Richter. Er habe selbst schon bei Kundgebungen gegen Rassismus teilgenommen und sich von Pegida-Anhängern gestört gefühlt. "Es geht aber schlicht und ergreifend um das Einhalten von Regeln." Ihn störe es, dass solche Vorfälle dem rechten Spektrum Argumente liefern. "Sie zwingen die Justiz damit auch noch, solche Menschen zu schützen." Er hoffe, so mahnte Richter Bäumler am Ende, dass das Urteil als Belehrung dienen kann, damit weitere Straftaten von Seiten des Angeklagten zukünftig ausbleiben.