In Deutschland erleiden jährlich 270 000 Menschen einen Schlaganfall, Tendenz stark steigend. Er ist hierzulande nach Herz- und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache. Wer überlebt, wird häufig zum Pflegefall. Umso verwunderlicher ist es, dass erst seit zwei Jahren in Villingen-Schwenningen eine Selbsthilfegruppe für Betroffene und deren Angehörige existiert. Zu verdanken ist das Jürgen Findeisen (70), der das Netzwerk mit viel Elan aufgebaut hat.

Findeisen, wohnhaft in Niedereschach, hat in den vergangenen Jahren selbst zwei Schlaganfälle erlitten. Und dabei wie viele andere die Erfahrung gemacht: „Der Patient wird nach der Rehabilitation entlassen und muss dann schauen, wie er klar kommt.“ Angesichts des zumeist tiefgreifenden Einschnitts, den ein Schlaganfall in das Leben der Betroffenen verursacht, wollte er sich damit nicht abfinden. Nachdem er mit über 67 Jahren in den Ruhestand gegangen war, hat Findeisen am 24. Juli 2017 mit neun anderen Interessierten eine Selbsthilfegruppe gegründet: Die Initiative Schlaganfall für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg.
„Gemeinsam Mut fassen“
Nicht von ungefähr heißt das Motto des Netzwerks „Gemeinsam Mut fassen“. Mut, das brauchen Schlaganfall-Patienten, um mit den psychischen und körperlichen Folgen eines solchen Schlags fertig zu werden. Dass Findeisen mit seiner Initiative einen Nerv getroffen hat, zeigt die weitere Entwicklung. „Derzeit kommen zu unseren Veranstaltungen regelmäßig 60 bis 70 Interessierte“, berichtet er. Bei besonderen Veranstaltungen waren es auch schon weit über hundert.
Information und Aufklärung stehen im Mittelpunkt der offenen Gruppe. Es kommen Schlaganfall-Patienten, es kommen deren Ehepartner oder Angehörige, aber auch sonstige Interessierte zu den monatlichen, kostenlosen Vorträgen durch oft hochkarätiger Fachleute. Diese bieten Aufklärung und Beratung rund um das Thema der Volkskrankheit Schlaganfall. Themen sind Risikofaktoren, Symptome und Akutbehandlung, es geht um Therapieverfahren und der Vorbeugung von Schlaganfällen, aber auch um das Danach: um Nachsorge, um Depressionen, um Anträge für Hilfs- und Heilmittel, um das Thema Schwerbehinderung, um Unterstützungsmöglichkeiten, um Medikamente und manches mehr.
Selbsthilfegruppe soll bekannter werden
Jeden dritten Montag im Monat finden die Vorträge um 14.30 Uhr im Druckzentrum Südwest im Industriegebiet Herdenen statt. Dort gibt es ausreichend Parkplätze und einen barrierefreien Zugang. „Die Entwicklung sehe ich nach zwei Jahren äußerst positiv“, freut sich Initiator Jürgen Findeisen, inzwischen Sprecher des Schlaganfall-Netzwerks. Doch er will sich auf dem Erreichten keineswegs ausruhen. Vor allem engagiert er sich dafür, die Selbsthilfegruppe noch bekannter zu machen. Aus den Reha-Kliniken auch in der Region würden noch immer viele Schlaganfall-Patienten entlassen, die von der Existenz der Selbsthilfegruppe nichts erfahren. „Das finde ich traurig“, sagt er. Denn viele Betroffene, die mit Bewegungs- oder Sprachstörungen nach Hause kommen, fühlen sich allein gelassen, weil sie nicht wissen, dass es viele Leidensgenossen gibt, mit denen man sich austauschen und damit Schwierigkeiten überwinden kann.
Inzwischen haben Findeisen und seine Mitstreiter erfolgreich eine eigene Internetseite aufgebaut, auf der sich die Termine und Aktivitäten der Selbsthilfegruppe widerspiegeln und die nützliche Ratgeberfunktionen beinhaltet. Mit Unterstützung der Reha-Klinik „Parkresidenz am Germanswald“ im Villinger Kurgebiet ist es der Gruppe außerdem gelungen, die erste Sportgruppe für Schlaganfallpatienten in VS zu organisieren. Mittlerweile treffen sich jeden Donnerstag um 14 Uhr rund ein Dutzend Patienten unter Leitung von Sabine Rottler im Sportraum der Parkresidenz zum Reha-Sport.
Jürgen Findeisen fühlt sich durch solche Fortschritte und positive Rückmeldungen der Veranstaltungsbesucher motiviert, die Arbeit fortzusetzen. Auf einen Termin freut er sich schon jetzt: Am 21. Oktober konnte die Selbsthilfegruppe den Chefarzt der Neurologie am heimischen Schwarzwald-Baar-Klinikum, Prof. Dr. Hubert Kimmig, für einen Vortrag zum Thema Schlaganfall gewinnen (14.30, Druckzentrum).
Die Initiative Schlaganfall
- Die Selbsthilfegruppe ist kein Verein, sondern eine offene Gruppe für Betroffene, Angehörige und Interessierte. Jeden dritten Montag im Monat gibt es Expertenvorträge rund um das Thema Schlaganfall. Wer sich über das Angebot weitergehend informieren will, kann dies auf der Internetseite der Gruppe tun: www.die-initiative-schlaganfall.de
- Weitere Infomationen gibt auch der Sprecher der Initiative, Jürgen Findeisen (Telefon 07728-91225; E-Mail: info@die-initiative-schlaganfall.de)