Jochen Hauser (45) ist ein Landwirt, der sich um die Zukunft seines Betriebs viele Gedanken macht. Seine Überlegungen kreisen um das Thema „Nachhaltigkeit“. Vor zwei Jahren Jahren hat er auf seinem Feld hinter seinem Haus in VS-Zollhaus eine Photovoltaikanlage errichtet. „Ich arbeite heute schon klimaneutral“, sagt er. Doch das soll nicht das Ende der Entwicklung sein. Sein Solarfeld wird er demnächst kräftig erweitern. Und Hauser hat noch weitere Ideen. Unter anderem schwebt ihm vor, auch das ehemalige Gasthaus „Zollhäusle“ seines verstorbenen Großonkels Hartmut Hauser wiederzubeleben.

Jochen Hauser‘s Phtovoltaik-Anlage in VS-Zollhaus, direkt hinter der Bahnlinie.
Jochen Hauser‘s Phtovoltaik-Anlage in VS-Zollhaus, direkt hinter der Bahnlinie.

Nachhaltigkeit hat für Jochen Hauser nicht zwingend mit biologischem Anbau zu tun. Er versucht, bei der Zukunftssicherung seines Betriebs Ökonomie, Ökologie und gesellschaftliche Entwicklungen zusammenzudenken. Die Verbraucher, sagt er, sehen Bioanbau und konventionelle Landwirtschaft oft als Gegensatz. „Doch dieses Schwarzweißdenken bringt uns nicht weiter“, findet der studierte Agrarwirt. Von Ideologie lässt er sich nicht leiten. Ein landwirtschaftlicher Betrieb müsse seine Möglichkeiten zu einem guten Teil am Markt ausrichten. Aus diesem Grund verzichtet er derzeit auch auf biologischen Feldanbau.

Landwirt Jochen Hauser
Landwirt Jochen Hauser | Bild: Stadler, Eberhard

„Der Markt ist momentan gesättigt“, urteilt Jochen Hauser. Vor allem bei Getreide, das er auf seinen Feldern überwiegend anbaut. Der Getreideanbau hat für ihn vor allem wirtschaftliche Vorteile. „Das sind arbeitswirtschaftlich meine besten Flächen. Und für Getreide ist auch der Markt da“. Daher baut er auf seinen Äckern vor allem Weizen, Raps, Braugerste, Hafer, Kleegras und Silomais an. Sein zweites Standbein ist die klassische Milchviehwirtschaft. 120 Kühe stehen in seinem modernen Freiluftstall und liefern „Schwarzwaldmilch“.

Landwirt Jochen Hauser
Landwirt Jochen Hauser | Bild: Stadler, Eberhard

Nachhaltigkeit, das bedeutet für Hauser, nicht nur die Bodenqualität seiner Felder systematisch zu verbessern, sondern auch, gesellschaftliche Entwicklungen abzuschätzen und neue Marktchancen zu erkennen. Und es bedeutet für ihn auch, neue technische Entwicklungen im Auge zu haben, innovativ zu bleiben.

Ein Meilenstein auf diesem Weg war vor zwei Jahren die Installation einer Freilandland-Photovoltaikanlage auf einem seiner Felder. Die Solarmodule stehen auf einem Hektar neben der Bahnlinie und haben zusammen eine Leistung von 750 Kilowatt Peak Strom. Die Anlage „hievt meinen Betrieb in die Klimaneutralität“, hat Jochen Hauser ausgerechnet. Das findet er nachhaltig. Das Solarfeld will er nun mehr als verdoppeln. Erst vor wenigen Tagen hat der Gemeinderat der Erweiterung zugestimmt und das Genehmigungsverfahren eingeleitet.

Landwirt Jochen Hauser
Landwirt Jochen Hauser | Bild: Stadler, Eberhard

Auf weiteren 3,5 Hektar unmittelbar hinter seinem Haus in VS-Zollhaus soll nun eine deutliche größere Anlage entstehen, die maximal rund 2,8 Megawatt Strom erzeugen kann. Allein damit ließen sich im Vergleich zur Stromgewinnung aus Braunkohle jährlich 3175 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid einsparen, berichtet der Landwirt. Läuft das Genehmigungsverfahren planmäßig, rechnet er im nächsten Jahr mit der Installation der Module.

Hauser findet die Kombination von Land- und Energiewirtschaft zukunftsweisend. Vor allem, wenn die Betriebe die Erträge selber einfahren können und ihre Flächen nicht, wie dies zunehmend der Fall ist, an fremde Investoren verpachten. Für den Landwirt in Zollhaus käme das nicht in Betracht, er will sich Entwicklungspotenziale auf seinen Feldern nicht durch langfristige Verpachtungen einschränken. „Ich verliere immer wieder von mir angepachtete Flächen, weil sie bebaut werden. Deshalb will ich die Wertschöpfung auf meinen eigenen Land steigern“, erläutert er. Für seinen Betrieb sei die Einspeisung des Stroms zwar kein Riesenreibach, aber doch eine stabilisierende wirtschaftliche Stütze. Noch sei Photovoltaik-Installation eine „knappe Kalkulation“, räumt er ein. Doch das könnte sich ändern: „Ich sehe das als Zukunftschance für uns Landwirte.“

Landwirt Jochen Hauser
Landwirt Jochen Hauser | Bild: Stadler, Eberhard

Hausers Gedanken kreisen aber schon weiter. Zum einen überlegt er, wie er in der Photovoltaikanlage eine „Doppelnutzung“ realisieren kann, um sie landwirtschaftlich zu nutzen. Am besten mit moderner Feldroboter-Technik, die sich allerdings noch im Prototypenstadium befinden. Außerdem wäre es für ihn lukrativ, einen Teil seines erzeugten Stroms selbst zu vermarkten. Aus diesen Gedanken hat er die Vision eines Projekts in entwickelt, in dessen Mittelpunkt die Wiederbelebung des seit Jahren brachliegenden ehemaligen Gasthauses „Zollhäusle“ steht, das einst von seinem verstorbenen Verwandten und Ex-Stadtrat der Grünen, Hartmut Hauser, betrieben wurde.

Jochen Hausers Nachhaltigkeits-Vision: Auf einer Teilfläche seiner Photovoltaikanlage könnte er Sonderkulturen in biologischem Landbau anbauen, beispielsweise Kartoffeln, Kürbisse und andere Hackfrüchte. Diese Produktion sei für ihn wirtschaftlich aber nur dann interessant, wenn er sie selbst vermarkten könnte. Damit kommt das „Zollhäusle“ ins Spiel. Im einstigen Nebensaal des einst beliebten Gasthauses könnte sich Hauser einen Selbstbedienungs-Bauernladen vorstellen, um die eigenen Bio-Produkte zu verkaufen. Dieser Bauernladen wiederum könnte kombiniert werden mit der Wiederbelebung der Gaststätte sowie einer Elektro-Tankstelle, an der er selbst erzeugten Strom verkauft. Die Gäste aus Villingen und Schwenningen könnten also in der Mittagspause in der herrlichen Lage am „Zollhäusle“ speisen, frisches Biogemüse einkaufen und nebenbei ihr Elektro-Auto aufladen.

Landwirt Jochen Hauser
Landwirt Jochen Hauser | Bild: Stadler, Eberhard

Hauser ist klar: Das klingt einfach, ist aber schwierig zu machen. Wenn die Vision Wirklichkeit werden soll, muss sehr viel zusammenpassen. Vor allem muss er einen passenden Pächter für die angedachte Gastronomie finden, der auch ein Auge auf den Bauernladen hat. „Ich bräuchte jemand, der hier auf eigene Verantwortung einsteigt.“ Beides selber zu betreiben, dafür fehlt Hauser definitiv die Zeit. Sein Konzept beinhaltet somit noch viel „Zukunftsmusik“. Doch sein Ziel hat er vor Augen. Mit der Renovierung des „Zollhäusles“ will er bald anfangen. Es könnte bis zum Herbst 2023 in neuem Glanz erstrahlen.