Wer kennt es nicht, das Café Paradies in der Paradiesgasse, direkt auf dem Weg vom Bahnhof in die Villinger Innenstadt? 30 Jahre haben dort viele Stammgäste, Touristen und Laufkundschaft einen leckeren Kaffee genossen.
Damit ist jetzt leider nach dem 6. Juli Schluss, das Café schließt dann vorerst seine Pforten.

Tatjana Spott hatte das beliebte Café im Juni 2021 von seinem Vorbesitzer und Gründer, Elmar Marquardt, gekauft. Da war die Corona-Epidemie gerade voll im Gange und so manche Gastronomie wurde geschlossen.
„Ich war mir der Herausforderungen voll bewusst und hatte damit auch kein Problem, denn ich hatte ein ganz klares Konzept vor meinen Augen, was dann eigentlich bis heute auch perfekt funktioniert hat“, sagt die 45-Jährige.
Vom Stammgast zur Betreiberin
„Ich war hier schon lange Stammgast und wollte das Café eigentlich schon viel früher kaufen und selbst betreiben.“
Als Tochter einer Wirtsfamilie aus Villingen wusste sie auch ganz genau, worauf es ankommt und wie man so ein Café betreiben kann, um damit auch erfolgreich sein zu können.

Die vielen Stammgäste haben ihr immer die Treue gehalten und das Ambiente, den Service und das Angebot geliebt. So hat Spott nach der Übernahme auch das Angebot an alkoholischen Getränken und kleinen Snacks ausgebaut.
Die Qualität stand immer ganz oben
Viel Wert legt sie auf gute Qualität. So kommt der Prosecco direkt aus Italien und bei den Kaffee-Spezialitäten bietet sie mit Eigenröstungen weit mehr als andere, unter anderem einen „Chiccolesso“, einen „Espresso Hot Shot“ oder heiße „Bio-Schokolade“.
Als Mutter eines vierjährigen Sohns und mit einer Halbtagesstelle als Bürokauffrau war aber auch klar, dass sie nicht selbst den ganzen Tag hinter dem Tresen stehen kann. Ihr Mann Lars ist zwar selbstständig und konnte ebenfalls unterstützen, aber eben auch nur sehr eingeschränkt.
So war ihr Konzept von Anfang an, das Café mit mehreren Teilzeit-Mitarbeitern zu betreiben. „Ideal für Mini-Jobber, die selbst auch nur Teilzeit arbeiten wollen und mit denen ich mich dann über die Woche tage- oder stundenweise abwechseln kann“, erklärt sie das Konzept. Work-Life-Balance und finanzielle Sicherheit konnte sie so für sich perfekt in Einklang bringen.
Was aber inzwischen in vielen Branchen zu beobachten ist: Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich verändert. Überall werden vermehrt Fachkräfte gesucht, so auch in der Gastronomie.
Das wirkt sich auch auf den Bereich der Mini- und Midi-Jobber aus, die zum einen weniger werden und zum anderen immer flexibler.
Das aber zum Nachteil der Arbeitgeber, denn sie wechseln immer schneller und öfter ihre Arbeitsstelle. Oder noch schlimmer: Sie kommen einfach nicht mehr zur Arbeit.
Und genau das war es, was es für Tatjana Spott immer schwieriger machte, den Café-Betrieb planbar zu organisieren. „Ich habe ja keinen Pool mit vielen Mitarbeitern, wo ich solche Totalausfälle kurzfristig abfedern kann. Bei mir bedeutet das, dass ich das Café an solchen Tagen unverhofft schließen muss“, bedauert Spott die Situation.
Die Kosten stiegen immer mehr
Und diese Fälle haben immer mehr zugenommen und wurden damit immer mehr zur Belastung für sie. Eine Situation die sie eigentlich auch kaum beeinflussen oder ändern konnte, zu klein ist dafür das Café, um einfach mehr Mitarbeiter anstellen zu können.
Hinzu kommt noch der stetig erhöhte Mindestlohn sowie die stark gestiegenen Einkaufspreise für Getränke und Lebensmittel. Alles Kosten, die es immer schwerer machen, sie auch ihre Kundschaft weiter geben zu können.
Aufgeben schon länger unumgänglich
So war ihr dann eigentlich schon seit vergangenem Jahr klar, dass sie das Café aufgeben muss. Seitdem steht es zur Verpachtung oder komplett zum Verkauf. Ihre Stammgäste hatten sie motiviert, noch etwas durchzuhalten, bis sich eine Nachfolgelösung findet.
Trotz vieler Interessenten hat sich aber bis heute nichts Konkretes gefunden. „Es gibt viele Ratschläge, Ideen und durchaus seriöse Interessenten, nur niemanden, der das am Ende auch übernehmen will, ja oft bekomme ich noch nicht einmal eine simple Rückmeldung“, wundert sich Spott.
Eigener Stammtisch zu Gast
Tatjana Spotts eigener Stammtisch ist bis heute regelmäßig bei ihr zu Gast und ihr ist auch deshalb irgendwie zum Heulen zumute, dass sie nun schließen wird.
Am liebsten wäre es der engagierten Gastronomin, wenn dort die jahrzehntelange Café-Tradition weiter geführt werden könnte. Dann könnte auch sie selbst mit ihren Stammtischfreunden an gewohnter Stelle ihr eigene Tradition weiter leben.