Das Thema ist politisch gerade brandaktuell: Das Heizen mit Fernwärme spielt in den Überlegungen der Bundesregierung eine große Rolle, um Deutschland auf dem Weg zu mehr Klimafreundlichkeit voranzubringen. Auch die Stadtwerke Villingen-Schwenningen (SVS) setzen auf diese Option.
Beispiel Innenring Villingen: Um die Altstadt herum liegt bereits eine Fernwärmeleitung der Stadtwerk. Die Wärme erzeugt ein Blockheizkraftwerk am Theater am Ring. Derzeit umwirbt der örtliche Energieversorger die Anwohner der Waldstraße, der Goethe- und der Vöhrenbacher Straße. In diesen Bereichen soll eine neue Hauptleitung für die Fernwärme verlegt werden.

Die Hausgemeinschaften am Benediktinerring 6 in Villingen, das sind drei Familien, haben sich bereits entschlossen, ihr Gebäude anschließen zu lassen. „Ganz einfach, weil wir mitbekommen haben, dass die Fernwärmeleitung direkt an unserem Haus vorbeiführt“, berichtet Hausbewohner Klaus Büch. „Die Chance muss man nutzen.“

Für das Gebäude am Benediktinerring, eine Stadtvilla Baujahr 1898 mit drei Meter hohen Räumen, sei der Fernwärmeanschluss die schnellste, die praktischste und vermutlich auch die kostengünstigste Alternative, sagt Büch. Die drei Eigentumswohnungen werden bislang mit einer Gastherme beheizt. „Gas und Öl“, davon ist er aber überzeugt, „haben keine Zukunft mehr“. Heizen mit einer Wärmepumpe sei in diesem Altbau ebenfalls kaum möglich.
Beispiel Dreifamilienhaus: Das kostet die Fernwärme
Daher hat die Hausgemeinschaft das Thema Fernwärme dankbar aufgegriffen. Doch was kostet das? Klaus Büch hat die Kosten für das Dreifamilienhaus am Benediktinerring wie folgt zusammengerechnet: Der Hausanschluss für die Fernwärmeleitung schlägt mit rund 14.000 Euro zu Buche. Oben drauf kommt die Technik und Installation der Übergabestation im Haus mit ungefähr 9500 Euro.
Außerdem werden im Gebäude weitere Anpassungen erforderlich: Die bisherige Gas-Therme muss abgebaut und der Druck im Heizkreislauf optimiert werden, damit jeder der rund 40 Heizkörper auf drei Wohnebenen die gleiche Heizleistung abgeben kann. Büch rechnet hier mit weiteren 10.000 Euro Handwerkerkosten. In Summe dürften am Ende rund 34.000 Euro Umrüstkosten für das gesamte Haus anfallen.

Allerdings kann die Hausgemeinschaft mit einem Zuschuss von 30 Prozent der Gesamtkosten rechnen. Ein Energieberater hat den Förderantrag an das Wirtschaftsministerium bereits auf den Weg gebracht. Bleiben am Ende rund 24.000 Euro Nettokosten, die die Hausgemeinschaft durch drei Parteien teilen kann. Macht pro Familie rund 8000 Euro.
Was die laufenden Betriebskosten angeht, ist sich Klaus Büch bewusst, dass die Fernwärme mit 18 Cent pro Kilowattstunde zunächst deutlich teurer sein wird als sein bisheriger Gastarif. Er geht aber davon aus, dass sich dies mit der geplanten CO²-Bepreisung in wenigen Jahren umkehren wird.
Der Hausgemeinschaft ist ebenfalls bewusst, dass sie mit dem Anschluss ans Fernwärmenetz fest an die Stadtwerke gebunden ist – und damit abhängig von deren Preisgestaltung. Gleichwohl vertraut Klaus Büch darauf, dass der Gesetzgeber entsprechende Regulierungen treffen wird, um Wettbewerb zu schaffen oder den Missbrauch von Monopolstellungen zu verhindern.

„Zum Klimaschutz gehören Konsequenzen“
Büch sieht noch einen weiteren, einen sehr persönlichen Grund, jetzt zu handeln. „Ich bin für die Energiewende“, sagt er. Der zähe politische Streit um die Energiegesetze regt ihn auf. Er findet, es müsse schnell gehandelt werden, um den Klimawandel aufzuhalten.
Insofern stört es ihn, wenn sich jetzt viele Menschen abwenden, weil es ihnen am Geldbeutel wehtut. „Zum Klimaschutz gehören Konsequenzen“, findet Büch. Auch dann, wenn Deutschland nur einen kleinen Teil dazu beitragen kann. „Aber irgendwo müssen wir anfangen“, ist er überzeugt.
Stadtwerke gehen in die Offensive
Auch die Stadtwerke VS wollen mit dem Thema Fernwärme in die Offensive gehen. Der Energieversorger ist mit Hochdruck dabei, seine Strukturen in Richtung Fernwärme umzubauen. Für Herbst planen die SVS mehrere Informationsveranstaltungen für die Bürger. Derzeit, so berichtet Volker Wallbaum, bei den Stadtwerken verantwortlicher Bereichsleiter für Unternehmensentwicklung und Energielösungen, gebe es bei vielen Hausbesitzern „eine große Verunsicherung“.

Den Stadtwerken dürfte es sehr entgegenkommen, dass die Bundesregierung jetzt umschwenkt und die geplanten Vorschriften für den Einbau neuer Heizungen zugunsten des Ausbaus der Fernwärmenetze lockern wird.
Für den lokalen Energieversorger tut sich damit ein neuer riesiger Markt auf, der den Abschied vom Erdgas kompensieren kann. Bis zu 18.000 Haushalte in der Doppelstadt, so ergab eine Potenzialanalyse der SVS, könnten in den nächsten 20 Jahren an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Das wäre fast die Hälfte der rund 43.000 Haushalte in der Stadt.

Gewaltige Investitionen nötig
Allerdings setzt dies voraus, dass der örtliche Energieversorger das Wärmenetz in den nächsten zwei Jahrzehnten mit gewaltigen Investitionen ausbaut. Wallbaum spricht von einem „dreistelligen Millionenbetrag“, schätzungsweise 300 bis 400 Millionen Euro. „Das geht nur mit Zustimmung unserer Gesellschafter sowie der Kunden“, verdeutlicht er. Soll heißen: Nur wenn sich viele Haushalte anschließen lassen wollen, werden die Stadtwerke auch investieren.

Allerdings äußert sich Wallbaum überzeugt, das das Interesse vorhanden ist. Der Vorteil für Hausbesitzer: Wer sich anschließen lässt, benötigt keine eigene Heizanlage mehr und sei, sagt Wallbaum, „alle Sorgen los“. Und: Je mehr Haushalte ans Fernwärmenetz gehen, „umso billiger wird es.“
Der Ausbau der Fernwärme
Bislang gibt es in VS noch kein Fernwärme-Netz, sondern nur ein paar Fernwärme-Inseln. Das soll sich nun bald ändern. Die Inseln sollen zum Netz erweitert werden: Zunächst am Villinger Innenring, im Oberen Brühl, im Gewerbegebiet zwischen Klinikum und der Schwenninger Steig, rund ums Schwenninger Beethovenhaus. Die Stadtwerke prüfen sogar, auf ihrem eigenen Gelände ein Blockheizkraftwerk zu bauen.

Und wie groß ist das Fernwärme-Interesse der Bürger bisher? „Wir haben im Bereich der Waldstraße und Goethestraße rund hundert Haushalte angeschrieben“, berichtet Oliver Bauer, der Pressesprecher der Stadtwerke. „Rund 60 bis 70 Prozent der Leute haben großes Interesse an der Fernwärme bekundet“, lautet seine Rückmeldung.