Es ist ein wenig so, wie bei einem Blick in die Glaskugel. Fest steht aber, dass sich der Wald verändern wird. Nur das Wie ist noch schwer absehbar. Erste Veränderungen sind bereits spür- und sichtbar. Waldexperten wagen erste Prognosen für die Zukunft.

Aktuelle Situation

„Es ist zu trocken in diesem Jahr“, sagt Tobias Kühn, Forstamtsleiter in Villingen-Schwenningen. Hier habe es in diesem Jahr nie richtig lange geregnet, lediglich der oberste Bereich des Bodens sei feucht geworden. „Wir sehen das an einiges Bächen, die jetzt schon trocken liegen.

„Das ist normalerweise erst im August der Fall“, so Tobias Kühn weiter. Mehr Wasser hätten zum Beispiel die Regionen Bodensee oder Oberschwaben abbekommen. Dort sei die Situation etwas besser.

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Der Wald sei durch die Trockenheit anfälliger zu verdorren. Borkenkäfer habe dann leichteres Spiel bei Fichten und Tannen. „Weil die Bäume weniger Harz als Abwehrmaßnahme bilden können“, erklärt der Amtsleiter. Milde Winter sorgen zudem dafür, dass mehr dieser Schädlinge die kalte Jahreszeit überleben.

Bereits jetzt laufen Versuche, den Wald der Zukunft zu erforschen und Lösungen gegen den Klimawandel zu finden.

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Veränderungen im Baumbestand

Wie könnte also der Wald im Jahr 2100 aussehen? Das weiß auch Forstamtsleiter Tobias Kühn noch nicht sicher. Aber er hat ein paar Vermutungen.

Die Fichte

Aktuell sind Fichten hier mit einem Anteil von rund 56 Prozent die dominierende Baumart im VS-Wald. „Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2100 deutlich schrumpfen“, da ist sich Kühn bereits ziemlich sicher. Zurückgehen wird auch die Umtriebszeit, also die Zeit vom Anwachsen bis zur Holzernte, von 130 Jahren auf 60 bis 80 Jahre, so seine Einschätzung.

Die Weißtanne

Die heimische Baumart gilt als resistenter gegen Trockenheit, als zum Beispiel die Fichte. Kühn schätzt, dass sich ihr Anteil am Baumbestand bis 2100 von aktuell 20 Prozent auf bis zu 25 Prozent erhöhen wird.

Unser Archivbild zeigt eine kleine Weißtanne, die gut angewachsen ist. Die Weißtanne kann mit Trockenheit besser umgehen als zum ...
Unser Archivbild zeigt eine kleine Weißtanne, die gut angewachsen ist. Die Weißtanne kann mit Trockenheit besser umgehen als zum Beispiel Fichten. | Bild: Wursthorn, Jens

Die Buche

Dieser Laubbaumart räumt Kühn keine große Zukunft im VS-Wald ein: „Buchen hier sind bereits reihenweise dürr geworden.“ Außerdem gebe es immer wieder Probleme mit Weißfäule, was auch eine Gefahr für Menschen darstelle, wenn Stämme oder Äste abbrechen würden.

Eine junge Buche untern blauem Himmel.
Eine junge Buche untern blauem Himmel. | Bild: Fröhlich, Jens

Die Eiche

Dieser Baumart räumt der Forstamtsleiter gute Chancen ein. Eichen würden mit Trockenheit und einem wärmeren Klima eigentlich gut zurecht kommen. Die Baumart hat aber auch einige Nachteile. So würden junge Eichen ihre Blätter im Winter nicht abwerfen. „Sie sind dann durch Nassschnee gefährdet, können unter der Last brechen“, erklärt Kühn.

Blätter einer jungen Eiche im VS-Wald.
Blätter einer jungen Eiche im VS-Wald. | Bild: Fröhlich, Jens

Weil es immer wärmer wird, gibt es häufiger Nassschnee im Stadtwald, der in Höhenlagen zwischen 670 bis 980 Metern über dem Meer gedeiht. „Früher war das weniger ein Problem.“ Eichen müssen zudem relativ dicht gepflanzt werden oder in enger Nachbarschaft zu anderen Bäumen, wie etwa Linden oder Hainbuchen.

Grund dafür ist, dass sie sonst auch unten an Stämmen Äste bilden, was die Holzqualität beeinträchtigt. „Der Anbau ist daher teurer und birgt mehr Risiken“, fasst Kühn es zusammen.

Die Douglasie

Diese Baumart macht aktuell nur rund ein Prozent des Bestandes aus. Das könnte sich bis Ende des Jahrhunderts aber auf 15 bis 20 Prozent erhöhen, so die Einschätzung von Kühn, denn auch Douglasien kommen mit Trockenheit gut zurecht.

Unser Archivbild zeigt eine große, alte Douglasie in einem Wald. Die Baumart soll besser mit Trockenheit zurecht kommen als Fichten.
Unser Archivbild zeigt eine große, alte Douglasie in einem Wald. Die Baumart soll besser mit Trockenheit zurecht kommen als Fichten. | Bild: dpa Deutsche Presse-Agentur

In ganz jungen Jahren haben es junge Pflanzen allerdings nicht leicht, anzuwachsen. Im vergangenen Jahr gab es daher einen Pflanzversuch mit sogenanntem Hydrogel und Wassertabletten. „Später besteht die Gefahr der Frosttrocknis“, ergänzt Kühn.

Ausgelöst wird die Schädigung durch ungünstige Abfolgen von Wärme- und Kälteperioden gegen Ende des Winters und im Frühjahr. Für eine natürliche Verjüngung ist der Bestand an Douglasien hier außerdem noch zu gering. Der Mensch muss noch nachhelfen.

Experimentierstadium

Zu den genannten Baumarten könnten sich in Zukunft noch weitere gesellen, die bislang kaum oder gar nicht hier heimisch sind. Das Forstamt experimentiert mit verschiedenen Pflanzen, zum Beispiel mit dem Baumhasel, der in Anatolien vorkommt. „Diese Art war bis 1650 auch bei uns verbreitet“, weiß Kühn. 200 Exemplare dürfen daher nun wieder hier gedeihen. Außerdem gebe es Pflanzungen mit Atlas-Zedern in höheren Lagen und mit Libanon-Zedern in tieferen Gefielden.

Tobias Kühn zeigt im Jahr 2020 auf eine frisch gepflanzte Zeder.
Tobias Kühn zeigt im Jahr 2020 auf eine frisch gepflanzte Zeder. | Bild: Hauser, Gerhard

Testpflanzungen mit Kirsch- und Nussbäumen gibt es im Bereich der gerodeten B523-Zubringerschneise. Welche Bäume sich bewähren, dass könne man aber erst in vielen Jahren sehen. Zahlreiche heute unbekannte Faktoren würden eine Rolle spielen. Niemand könne zum Beispiel vorhersagen, ob eine neue Baumart, die jetzt gut wächst, in 30 Jahren nicht von einem Baumpilz befallen wird, nennt Tobias Kühn ein Beispiel.

Blätter eines Hasel-Strauches im VS-Wald
Blätter eines Hasel-Strauches im VS-Wald | Bild: Fröhlich, Jens
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