(Der Text ist am Donnerstag erstmals erschienen. Er wurde nun um die Angaben des Dormero-Hotels in Villingen ergänzt)

„Das ist die schlimmste Krise seit dem zweiten Weltkrieg“, sagt Daniel Ohl. Er ist der Geschäftsführer der Abteilung Kommunikation beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg (Dehoga) und weiß, wie es der Branche geht. „Im März ist der Branchenumsatz um 47 Prozent zurückgegangen. Für den April liegen uns noch keine Zahlen vor“, sagt Ohl. Dass es da besser aussieht, scheint aber sehr unwahrscheinlich zu sein. Klar ist für den Dehoga-Mann: „Die Wiedereröffnung ist positiv. Ohne staatliche Hilfen wird es aber nicht gehen.“

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Ähnlich sieht das Silke Lutz: „In den ersten drei Wochen, in denen wir nur Geschäftsreisende empfangen durften, hatten wir so gut wie keine Gäste in unseren 31 Zimmern. Die Zahl hat sich dann bei durchschnittlich 15 bis 20 Übernachtungen pro Woche eingependelt“, sagt die Chefin des Hotels am Klosterring in Villingen.

Silke Lutz, Chefin des Hotels im Klosterring in Villingen.
Silke Lutz, Chefin des Hotels im Klosterring in Villingen. | Bild: Jochen Hahne Kurt Weiss

Für die Teil-Wiedereröffnung sei das Hotel vorbereitet. An der Rezeption gab es ohnehin schon eine Glasscheibe, auf die Hygieneregeln werde mit Aushängen hingewiesen, Desinfektionsmittel stehe bereit und Mundschutze für die Mitarbeiter gebe es auch.

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Trotz der Freude über die Teil-Wiedereröffnung sagt sie: „Wir haben zwar einige Reservierungen für Mitte Juni. Die Menschen sind aber noch sehr vorsichtig. Jetzt sind eigentlich die besten Monate für uns. Wir bauen uns normalerweise das Polster für den Winter auf.“

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Mit der Bank habe sie bereits verhandelt. Noch sei das Hotel liquide, die Lage müsse sich aber dennoch verbessern, sonst sehe es auch für das Hotel am Klosterring nicht gut aus. Zur Corona bedingten Schieflage komme hinzu, dass Lutz derzeit auch einen Renovierungskredit zu stemmen habe. Die Auftragslage müsse sich bald ändern, denn, das ist für Lutz klar: „Mit der derzeitigen Situation kann man nicht leben.“

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Das findet auch Yvonne Schlenker. Gemeinsam mit ihrem Mann Dieter betreibt sie Schlenkers Hotel und Restaurant Ochsen in der Bürkstraße in Schwenningen. „Wir haben den KFW-Kredit beantragt“, sagt sie im SÜDKURIER-Gespräch.

Finanziell sehe es nämlich nicht rosig aus. „Ab Juli wird es spannend“, sagt Schlenker etwas süffisant. Konkret heißt das, dass es, sollte sich an der Zahl der Übernachtungen nicht viel ändern, die Lage im August ungemütlich wird.

Der „Ochsen“ in der Schwenninger Bürkstraße.
Der „Ochsen“ in der Schwenninger Bürkstraße. | Bild: Hotel Ochsen

Seit Hotels in Baden-Württemberg nur Geschäftsreisende aufnehmen dürfen, seien nur zwölf Prozent der Betten in den 37 Zimmern belegt gewesen. Für das kommende Wochenende habe der „Ochsen“ bislang ein Drei-Bett-Zimmer reserviert: „Es kommt eine Mama mit ihren Söhnen. Einer von den beiden beginnt in Schwenningen ein Studium. Sie suchen für ihn eine Wohnung“, sagt Schlenker.

Generell habe der „Ochsen“ aber eher weniger Touristen. Die meisten Übernachtungsgäste seien Geschäftsreisende. Schlenker: „Weil die Konjunktur schwächer ist, merken wir schon seit vergangenem Herbst, dass die Übernachtungszahlungen rückläufig sind.“

Für den Freitag ist das Hotel entsprechend der Hygienemaßnahmen vorbereitet. Das Restaurant bleibt dagegen weiter geschlossen. Die Kosten seien einfach höher als der Ertrag. „Noch leben wir. Wir können aber nicht absehen, wie es weitergeht“, sagt Schlenker abschließend.

Bild 3: Hotels dürfen ab Freitag wieder Privatreisende empfangen. Die Beherbergungsbetriebe in Villingen und Schwenningen kämpfen dennoch ums Überleben
Bild: Hans-Juergen Goetz

Auf Null waren die Reservierungen im Romantik-Hotel Rindenmühle am Kneippbad in Villingen zurückgegangen. „Wir hatten die ersten vier Wochen nach dem Shutdown geschlossen, seit drei Wochen ist unser Hotel wieder offen. Nach Zimmern gefragt hat aber niemand“, sagt Hotel-Inhaber Martin Weißer. Die Auslastung der 23 Zimmer und Appartements sei bei einem Prozent gewesen.

Im Restaurant wird genügend Abstand gehalten.
Im Restaurant wird genügend Abstand gehalten. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Obwohl die „Rindenmühle“ gut gewirtschaftet habe, musste Weißer einen sechsstelligen Kredit aufnehmen. Die 20 Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt. „Ich will die Kollegen da wieder rausholen. Ich weiß aber nicht, ob das Hotel dann leer ist und die Mitarbeiter nichts zu arbeiten haben“, sagt Weißer.

Desinfektionsmittel steht in der „Rindenmühle“ bereit.
Desinfektionsmittel steht in der „Rindenmühle“ bereit. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Für den Juni gäbe es nur ganz wenige Reservierungen. „Die Menschen sind noch verängstigt und unsicher“, ergänzt der Hotel-Chef. Dabei sei sein Betrieb vorbereitet. In allen Zimmern, auch im Restaurant, gebe es Lüftungsanlagen, die zu 100 Prozent Frischluft erzeugten. Außerdem stünde jede Menge Fläche zur Verfügung, auch im Restaurant, um die Mindestabstände gut einhalten zu können: „Wir könnten auch drei Meter einhalten, das ist kein Problem“, sagt Weißer.

Die Rezeption in der „Rindenmühle“ ist mit einer Plexiglasscheibe ausgestattet.
Die Rezeption in der „Rindenmühle“ ist mit einer Plexiglasscheibe ausgestattet. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Die unsichere Lage belaste ihn auch psychisch: „Wir haben in den letzten Wochendas Hotel tagsüber renoviert. Da blieb wenig Zeit, um über anderes nachzudenken. Abends aber wird einem die Situation erst richtig bewusst. Und wenn ich morgens durch das leere Hotel laufe, ist das einfach nur surreal.“

Weißer hofft, dass die Gäste wieder Vertrauen fassen und in die Hotels gehen. Aber auch wenn sich die Situation verbessert, müsste es weitere finanzielle Hilfe für die Branche geben.

Ronan Doran, Inhaber des Central Hotels in Schwenningen.
Ronan Doran, Inhaber des Central Hotels in Schwenningen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Sich nach der Corona bedingten Schließung sammeln, mussten die Inhaber des Central Hotels in der Alten Herdstraße in Schwenningen, wie Ronan Doran, der die Unterkunft mit seiner Frau Jutta betreibt, sagt: „Wir hatten das Hotel Mittel März geschlossen. Das war noch vor der offiziellen Anordnung des Landes.“ Ab dem 1. April seien seine 20 Mitarbeiter in Kurzarbeit gewesen.

Conor Doran, Sohn der Central-Hotel-Besitzer, zeigt, wie Gäste künftig auch beim Frühstück bedient werden. Das Buffet ist erst einmal passé.
Conor Doran, Sohn der Central-Hotel-Besitzer, zeigt, wie Gäste künftig auch beim Frühstück bedient werden. Das Buffet ist erst einmal passé. | Bild: Hans-Juergen Goetz

„Seit dem 20. April haben wir montags bis freitags wieder offen. Aber es kamen nur wenige Geschäftsreisende“, sagt der gebürtige Ire. Die Zeit ohne Gäste sei genutzt worden, um das Hotel zu sanieren und zu renovieren und um alle Mitarbeiter mit den neuen Hygieneregeln vertraut zu machen: „Ab Freitag können wir mit unserem Konzept starten.“

Das Central Hotel in Schwenninigen.
Das Central Hotel in Schwenninigen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Das Konzept sieht wie folgt aus: Es gibt kein Frühstücksbuffet mehr, überall tragen Mitarbeiter Handschuhe und einen Mundschutz, es stehen Spender mit Desinfektionsmittel bereit, die automatisch, also ohne manuellen Hebel, funktionieren, im Check-In-Bereich wurde Plexiglas angebracht. Außerdem werden Türklinken, Lichtschalter und alle Handläufe regelmäßig desinfiziert. Der Sauna-Bereich bleibt geschlossen, der Restaurant-Bereich wurde mit schon vorhandenen Flächen vergrößert.

An der Rezeption des Central Hotels soll das Plexiglas künftig vor Ansteckungen mit Corona schützen.
An der Rezeption des Central Hotels soll das Plexiglas künftig vor Ansteckungen mit Corona schützen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Es stünden alle 65 Zimmer zur Verfügung. Doran: „Wir müssen uns um eine Überbelegung aber keine Gedanken machen. Die Auftragslage ist total zusammengebrochen.“

80 Prozent der Central-Hotel-Gäste seien Geschäftsreisende. Man müsse, so Doran, künftig versuchen, mehr Privatreisende nach Schwenningen zu locken. Dafür müsse aber einiges getan werden: „Wir bekommen von unseren Gästen meistens gute Rückmeldungen. Nur die Schwenninger Innenstadt finden viele nicht schön:“ Der Ire plädiert daher dafür, dass die Verwaltung einen City-Manager einstellt, der die Stadt nach und nach attraktiver macht – ähnlich wie das in Konstanz der Fall sei. Auch seine Hotel-Kollegen sähen das so. Doran blickt trotz aller Widrigkeiten positiv in die Zukunft. Erste Reservierungen gebe es schon.

Bild 11: Hotels dürfen ab Freitag wieder Privatreisende empfangen. Die Beherbergungsbetriebe in Villingen und Schwenningen kämpfen dennoch ums Überleben
Bild: Hans-Juergen Goetz

Keine Zimmer waren in den vergangenen acht Wochen im Holiday Inn in der Klinikstraße zwischen Villingen und Schwenningen gebucht gewesen. Der Grund: „Wir hatten komplett zu“, sagt General Manager Marco Frank auf SÜDKURIER-Anfrage.

Marco Frank ist General Manager im Holiday Inn zwischen Villingen und Schwenningen. In der Hand hält er die Info-Mappe, die Gäste bei ...
Marco Frank ist General Manager im Holiday Inn zwischen Villingen und Schwenningen. In der Hand hält er die Info-Mappe, die Gäste bei ihrer Ankunft erhalten. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Touristen durften nicht aufgenommen werden und die Zahl der Geschäftsreisenden sei so gering gewesen, dass es sich schlicht nicht gelohnt hätte. Ab Freitag hat das Holiday Inn zwar wieder auf, aber: „Die Menschen sind weiterhin vorsichtig. An Reisen ist noch lange nicht zu denken“, sagt Frank.

Gäste sollen im Holiday Inn alleine den Aufzug nutzen.
Gäste sollen im Holiday Inn alleine den Aufzug nutzen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Auch in seinem Hotel sind alle Mitarbeiter in Kurzarbeit. Zwar sei die Situation aufgrund des Markennamens vielleicht etwas besser, als bei anderen Hotels. Frank sagt aber: „Das Holiday Inn ist ein Franchise-Unternehmen. Letztlich ist die Situation bei uns wie bei jedem anderen mittelständischen Unternehmen.“

Bedient wird im Holiday Inn nur noch mit Handschuhen und Mundschutz.
Bedient wird im Holiday Inn nur noch mit Handschuhen und Mundschutz. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Ab Freitag erhält jeder Gast einen Willkommensbrief. In dem seien alle Hygieneregeln niedergeschrieben. Außerdem werde es Vorrichtungen wie Spuckschutze geben, auf die Gäste auch in allen anderen Hotels treffen werden.

Diesen Hinweis lesen Gäste des Holiday Inn.
Diesen Hinweis lesen Gäste des Holiday Inn. | Bild: Hans-Juergen Goetz

167 Zimmer hat das Holiday Inn zwischen Villingen und Schwenningen. Maximal hätten dort 370 Menschen Platz. Dass sich die Situation schnell ändert, daran glaubt Frank aber nicht: „Die Krise kommt nach der Krise.“

Das Hotel Bären befindet sich in der Villinger Innenstadt direkt neben der SÜDKURIER-Redaktion.
Das Hotel Bären befindet sich in der Villinger Innenstadt direkt neben der SÜDKURIER-Redaktion. | Bild: Hahne, Jochen

Zirka 100 Stornierungen im Mai hatte Hanspeter Kessler. Der Inhaber des Hotel Bären in der Villinger Bärengasse, das in normalen Zeiten 15 Zimmer und 25 Betten anbieten kann, spricht von durchwachsenen Monaten im März und April: „Im Mai hatten wir zum Glück einigen Ingenieure und Techniker da.“

Bild 17: Hotels dürfen ab Freitag wieder Privatreisende empfangen. Die Beherbergungsbetriebe in Villingen und Schwenningen kämpfen dennoch ums Überleben
Bild: Matthias Jundt

Die Privatreisenden, die beispielsweise auf dem Neckarradweg fahren, wollen während ihrer Touren am Abend gerne zusammensitzen und die Zeit genießen. Das sei nicht möglich.

Wie es im Hotel Bären weitergeht, müsse die Zeit zeigen. Für die kommenden Woche gebe es Reservierungen – zumindest vereinzelt.

An die 200 Reservierungen für den Juni hat das Hotel Dormero in der Villinger Rietstraße: „Die allermeisten davon wurden aber vor Corona gemacht. Wir gehen davon aus, dass die wenigstens auch kommen werden. Stornieren können viele bis am Anreisetag um 18 Uhr“, sagt Sven Lejeune, Marketing-Manager der Hotelkette, die 30 Häuser in 14 Bundesländern betreibt. In der Coronapause habe das Haus in Villingen etwa zehn bis 15 von insgesamt knapp 100 Zimmern im Schnitt in der Woche vermietet.

Die Situation derzeit bezeichnet Lejeune als „dramatisch“ und „Vollkatastrophe“. Die erste Konsequenz, die das Unternehmen gezogen hatte, war, alle Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Nur die Manager waren in den Häusern. „Weil wir frühzeitig reagiert haben, haben wir eine gute Grundlage“, sagt Lejeune weiter. Auch, wenn die Situation so bliebe, wie in den vergangenen Wochen, käme das Unternehmen im Juni und Juli gut über die Runden. Ab dem August werde es dann aber auch bei Dormero knapp.

Bild 18: Hotels dürfen ab Freitag wieder Privatreisende empfangen. Die Beherbergungsbetriebe in Villingen und Schwenningen kämpfen dennoch ums Überleben
Bild: Matthias Jundt

Der Problem sei die Ungewissheit, wie es weitergeht. Lejeune: „Es ist schwer zu entscheiden, wann wir die Mitarbeiter wieder aus der Kurzarbeit holen.“ Es könne sein, dass man die Kollegen wieder voll arbeiten lässt, dann aber keine Gäste kommen und man letztlich zu Entlassungen greifen müsse.

Hoffen auf Vertrauen der Gäste

Geholfen habe dem Hotel, dass die Vermieter der Häuser, auch der in Villingen, sehr verständnisvoll gewesen seien. Das habe geholfen, um über die Runden zu kommen. Lejeune hofft, dass die Gäste nun nach und nach Vertrauen zurückgewinnen und in den Hotels übernachten werden. Es gebe viele Anfragen bezüglich der Sicherheit und Hygiene im Haus. „Der Juni wird entscheiden, wie es weitergehe“, sagt der Marketing-Manager abschließend.